Die Schweizer Milchproduzenten (SMP) treten aus der Branchen- organisation Milch (BOM) aus. Die Richtpreissenkung ist nicht der einzige Grund. Sie kritisieren, dass die Beschlüsse zur Abräumung wirkungslos seien.
An der jüngsten BOM-Vorstandssitzung wurde nicht nur eine Richtpreissenkung um vier Rappen je Kilo beschlossen, sondern es wurden auch Beschlüsse zur Butterabräumung diskutiert. Dabei forderten die einen – darunter namentlich die SMP – dass auch Altlasten abgebaut werden sollten. Doch diese Position setzte sich nicht durch. «Aus den Protokollen geht hervor, dass die Gelder ausschliesslich für den Export jener Butter, die seit dem 1. Mai 2011 an die Lager genommen wurde, verwendet werden dürfen», meint BOM-Geschäftsführer Daniel Gerber.
Nur C-Milch stützen
Eine weitere Auflage sei es, dass nur Butter aus Milch, welche zum C-Preis eingekauft wurde, gestützt werde. Denn der Marktentlastungsfonds ziele klar darauf ab, den C-Preis so zu stützen, dass er sich dem B-Preis-Niveau annähere. Er bestätigt, dass einige diese Mittelverwendung anders interpretiert hätten und der Vorstand diese noch einmal diskutiert hätte. Damit wollte er Klarheit schaffen, und die habe man nun. «Die Beschlüsse wurden von den Produzenten und den Verarbeitern einstimmig bestätigt», versichert Gerber.
Mit dem Einziehen der linearen Abgabe in der Höhe von einem Rappen je Kilo Milch kommen rund 32 Mio. Franken zusammen. An der letzten BOM-Delegiertenversammlung ging man davon aus, dass damit 8000 Tonnen Butter exportiert werden können. Weiter sollten einmal – wenn der Rechtsstreit mit den Klägern beendet ist – zusätzliche Gelder von der verursachergerechten Abgabe auf den Mehrmengen eingetrieben werden. Peter Ryser, Geschäftsführer der BO Butter, geht allerdings von anderen Zahlen aus: «Mit 34 Mio. Franken könnten um die 5000 Tonnen abgeräumt werden.» Im Wissen, dass der Butterberg Anfang Mai 9162 Tonnen hoch war, stellt sich die Frage, wie die Altlasten abgebaut werden können und nicht zu viel Geld eingetrieben wird.
Altlasten bleiben
Daniel Gerber stellt klar: «Ich gehe davon aus, dass die Mittel aus der linearen Abgabe in etwa ausreichen sollten, um die seit dem 1.Mai laufend anfallende überschüssige Butter zu exportieren.» Weiter fügt er an, dass es ein Ding der Unmöglichkeit wäre, zu rekonstruieren, wie die Altlasten entstanden sind und wer demzufolge wie viel Geld kriegen würde.
Damit ist klar: Mit dem BOM-Entscheid gibt es keine Abräumung derjenigen Butter (9162 Tonnen), welche vor dem 1. Mai an Lager war. Im Moment liegen 8120 Tonnen Butter an Lager. Weder Cremo noch Emmi wollten auf Anfrage offenlegen, wie gross der Anteil an Altlasten bei ihren Butterlagern ist. Es bleibt also unklar, welche Mengen exportberechtigt wären. Deshalb sind die SMP sehr skeptisch, ob mit der veränderten «Übungsanlage» das Ziel überhaupt erreicht werden kann, wie Vizedirektor Stefan Hagenbuch erklärt: «Ohne Flexibilität und speziellen Effort besteht die klare Gefahr, dass man Produzenten-Gelder ausgegeben hat und die Butterlager trotzdem hoch bleiben. Die SMP werden sich unverändert für den Lagerabbau einsetzen.»
BLW sprach von Altlasten
Die neusten Erkenntnisse der BOM dürften selbst Bernard Lehmann, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft, überraschen. «Nach den jüngsten Beschlüssen des Bundesrats sollten aber die 10’000 Tonnen Butter bis Ende Jahr weitgehend abgebaut werden können», sagte Lehmann in der Zeitschrift «Alimenta» vom 27. September. Das BLW dürfte also der BOM die Allgemeinverbindlichkeit im Glauben erteilt haben, dass damit eine Altlastensanierung erfolge.
Auch die Interpretation, dass ausgerechnet Butter aus C-Milch gestützt werden soll, wirft Fragen auf. Im BOM-Reglement vom 24. November 2010 heisst es: «Als Richtpreis für das C-Segment gilt der Garantiepreis. Dieser Preis wird auf der Basis des Rohstoffwertes eines Kilo Milch bei einer Verwertung zu Vollmilchpulver, Magermilchpulver und Butter für den Export auf den Weltmarkt festgelegt.» Das bedeutet, dass der Preis von C-Milch so tief sein sollte, dass diese Milch zum Weltmarktpreis ausserhalb der EU exportiert werden kann.
Hinter vorgehaltener Hand ist deshalb bei der Milchindustrie zu hören, dass sie gezwungen sei, viel Milch als C-Milch einzukaufen, damit überhaupt Beiträge zum Butterexport abgeholt werden könnten.