Mit der voranschreitenden Dekarbonisierung wird der Strombedarf in der Schweiz stetig steigen. Doch von wo soll die Energie dazu kommen? Die Initiative «Jederzeit Strom» will das AKW-Bauverbot in der Schweiz aufheben. Wie denkt Ihr darüber? Soll die Schweiz auf Kernkraft setzen? Oder seid Ihr dagegen? Stimmt ab und diskutiert mit.
Der Stromverbrauch steigt immer mehr an. Die Schweiz muss die Produktion ausbauen. Hier besteht ein Konsens. Doch wie der Strom erzeugt werden soll, scheiden sich die Geister. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird forciert, der Zubau von Fotovoltaik-Anlagen steigt jedes Jahr.
Angst vor Stromausfall
Zudem soll die Wasserkraft ausgebaut werden. Doch der Ausbau von Anlagen wird teils blockiert. Gerichte müssen dereinst entscheiden, ob der Naturschutz oder die Energieproduktion höher zu gewichten ist.
Der Bund warnte im Herbst 2021 vor einer Strommangellage ab 2025. Strom ist vorhanden, aber einem einem reduzierten Mass, und dies während mehrerer Tage, Wochen oder Monate. Die Situation hat sich in den vergangenen Monaten verschärft. Besonders problematisch sind die Wintermonate. Während dieser Zeit muss die Schweiz Strom importieren. Der Ausfall von mehreren AKW in Frankreich, die trockene Witterung und der Krieg in der Ukraine haben dazu geführt, dass die Preise für Strom in die Höhe schiessen. Damit ist nicht zum schlimmsten Szenario kommt, einem Blackout (Stromausfall), rufen Bund und Wirtschaft zum Stromsparen auf.
Jan Zuppinger
Initiative will AKW-Bau ermöglichen
Und so wird wieder eine Energieproduktion zum Thema, die in den vergangenen Jahren totgesagt wurde – die Kernkraft. SVP-Nationalrat Albert Rösti forderte Mitte August vor den Delegierten in Baar ZG ein Ende des Verbots von Atomkraftanlagen in der Schweiz. Mittelfristig müssten Speicherwerke und mehr Solaranlagen gebaut werden. Die Atomkraftwerke sollten so lange wie möglich laufen gelassen werden. Langfristig müsse das Verbot von Kernenergie im Energiegesetz gestrichen werden.
Am vergangenen Wochenende haben Initiantinnen und Initianten aus bürgerlichen Kreisen für Wirbel gesorgt. Mit der Initiative «Jederzeit Strom» wollen in der Verfassung unter anderem verankern, dass alle klimaschonenden Arten der Stromerzeugung zulässig sind. Damit wäre auch der Bau von neuen AKW wieder möglich.
BKW
Bund soll sich an Bau beteiligen
Die Schweiz wolle «die umwelt- und klimafreundliche Kombination von Wasserkraft und Kernkraft ohne Not aufgeben», heisst es auf der Internetseite des Initiativkomitees. Dass im Rahmen der Energiewende nun Gaskraftwerke gebaut werden sollen, um bei Stromlücken auszuhelfen, «ist vor dem Hintergrund des Klimawandels absurd».
Vanessa Meury, Präsidentin des Initiativkomitees, sagte gegenüber der «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche», AKWs seien unerlässlich für die Versorgungssicherheit. Sie schonten Klima und Umwelt. Die Initiantinnen und Initianten wollen den Bund bei der Stromversorgung stärker in die Pflicht nehmen. Auch sollte sich der Bund künftig am Bau neuer Kraftwerke beteiligen – auch an Atomkraftwerke.
Claudia Hoch-Rieger
«Unnötige Zwängerei»
Die angekündigte Initiative hat aber mächtig Kritik erfahren. Eine überparteiliche Allianz von Parlamentarierinnen und Parlamentariern spricht von einer «unnötigen Zwängerei». Angesichts des Potenzials der erneuerbaren Energie «braucht es keine neuen, nicht finanzierbaren Atomkraftwerke, die niemand bauen will», hielt die Allianz, zu welcher unter anderem FDP-Ständerat Ruedi Noser (ZH), Mitte-Nationalrat Gerhard Pfister (ZG) sowie GLP-Nationalrat Jürg Grossen (BE) gehören, fest.
Für Aeesuisse, die Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz, handelt e sich um eine «schädliche Nebelpetarde der Atomlobby.» Innert nützlicher Frist könnte gar kein AKW gebaut werden, wenn es sich denn überhaupt finanzieren liesse. Täglich würden aber erneuerbare Kraftwerke ans Stromnetz angeschlossen, die Energie liefern und so einen konkreten Beitrag an die Versorgungssicherheit leisten.
Erich Westendarp
«Unrealistische Forderung»
Für die Schweizerische Energie-Stiftung (SES) ist die Atomenergie ein «zentraler Risikofaktor». Die neue Initiative sei destruktiv und biete keine praktikablen Lösungen für die anstehenden Herausforderungen. Und die Allianz Atomausstieg erachtet die Initiative als Ablenkungsmanöver: «Die unrealistische Forderung nach neuen Atomkraftwerken wird als Pfand dafür verwendet, den gefährlichen Weiterbetrieb der bestehenden Anlagen immer weiter zu strecken.»
Wie denkt Ihr die Initiative? Braucht die Schweiz neue Kernkraftwerke? Oder soll das Potenzial der erneuerbaren Energie ausgenützt werden? Abstimmen und mitdiskutieren
unsere Digitalisierung braucht auch in der Nacht Strom für die verarbeitung, speicherung und kühlung der Datenmenge
Bekomme 6 Rp pro Kw/Std.für Solarstrom, lege Geld drauf!
Dann lieber AKW.
AKW der neuen Generation gibt kein Entsorgungsproblem mehr.
Die Einspeisevergütungen werden wohl oder übel nachziehen müssen.
Wenn Sie Ihre Chance nicht sehen, tut mir das leid, aber ein neues AKW wird die Einspeisevergütung definitiv nicht erhöhen, auch wenn der Atomstrom nicht mehr zu Dumpingpreisen verkauft wird wie bisher, weil die dezentralen Energieproduzenten dann wieder nebensächlich werden.
Wie kann man nur so engstirnig sein?
Ein neues AKW würde, abgesehen von den damit verbundenen Sicherheitsrisiken, die Förderung von dezentralen Energieproduzenten in Frage stellen, unsere Abhängigkeit vom Ausland unnötig erhöhen (Be- und Entsorgung von Brennstäben) und den Strompreis in die Höhe treiben.