Ein «sehr grosser Teil» der absturzgefährdeten Felsmassen über dem Bündner Bergdorf Brienz ist in der Nacht auf Freitag heruntergekommen. Der Schuttstrom verfehlte das Dorf nach ersten Erkenntnissen nur knapp, verschüttete jedoch die Strasse nach Lenzerheide komplett.
«Wir gehen derzeit davon aus, dass dies leider noch nicht ganz alles war», sagte der Sprecher der zuständigen Gemeinde Albula, Christian Gartmann, am Freitagmorgen auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Geologen überfliegen im Verlaufe des Vormittags das Gebiet und können anschliessend Daten liefern.
Bis 12 Meter hoch
Gemäss Christian Gartmann haben sich die Felsmassen des Schuttstroms teilweise um bis zu 12 Meter aufgetürmt. Der Abbruch der Felsmassen sei sehr laut gewesen, sagte Gartmann weiter. Auch am Morgen danach hörte man in Tiefencastel den Berg immer wieder rumpeln.
Gegenüber «20 Minuten» sagte der Sprecher, dass ein grosser Teil der Insel höchstwahrscheinlich zwischen elf und zwölf abgerutscht ist, und zwar sehr schnell. «Es ist also kein Bergsturz, sondern ein sehr schneller Schuttstrom gewesen», so Gartmann zum Onlineportal. Weil es dunkel, habe man es gehört. Aber der Abrutsch habe sehr viel Lärm gemacht. «Wir haben es auch auf der Kamera gesehen, dass sehr viel Staub in der Luft ist», so der Sprecher weiter.
Keine Post
Die Ortschaften hinter dem gesperrten Strassenabschnitt zwischen Tiefencastel und Surava sind aktuell nur über das Engadin erreichbar. Briefe und Pakete werde deshalb erst am Samstag zugestellt, teilte die Schweizerische Post am Freitagvormittag mit. Am Montag erfolge eine Neubeurteilung der Situation.
Die aufgegebenen Sendungen in den Filialen im betroffenen Gebiet sollen jedoch weitergesendet werden können, hiess es weiter.
Strassensperre und Umleitungen
Derweil wurde wegen der in der Nacht ausgerufenen Phase Blau die Strasse unterhalb der Sperrzone zwischen Surava und Tiefencastel gesperrt. Feuerwehr und Kantonspolizei richteten eine Strassensperre ein, Schilder informierten bereits ab Bonaduz über die Blockade.
Bus- und Zuglinien auf dem betroffenen Abschnitt wurden ebenfalls unterbrochen. Reisende müssen einen Umweg über Klosters in Kauf nehmen. Pendler die mit dem Auto reisen, müssen das Gebiet grossräumig umfahren. In Tiefencastel gab es deswegen bis um 8 Uhr morgens noch keine Verkehrsbehinderungen.
Am Freitagnachmittag wollen die Behörden informieren. Es gilt zu klären, wie viel der absturzgefährdeten knapp zwei Millionen Kubikmeter Gesteinsmassen heruntergekommen sind und welche Auswirkungen dies für die Bevölkerung von Brienz hat. Derweil wurde der Start der Tour de Suisse, die heute die gesperrte Strasse hätte passieren sollen, verschoben. Der Tross startet nun um 12.30 Uhr in Chur statt in La Punt, wie auf der Webseite des Rennens ersichtlich war.


