Bei einem kürzlichen Mediengespräch in einem Wald oberhalb des Bielersees wird das Ausmass des Phänomens deutlich. Rund herum stehen mehrere ausgewachsene Buchen mit trockener Krone und blattlosen Ästen.
Über mehrere Jahre
Die Blätter der Buchen hätten sich letzten Sommer bereits im August braun verfärbt, berichtet Marion van der Meer, Leiterin der Forstabteilung Mittelland beim Berner Amt für Wald und Naturgefahren. Die Niederschläge in der ersten Hälfte des laufenden Jahres hätten nicht viel zur Entspannung der Lage beigetragen, denn das Buchensterben werden sich über mehrere Jahre hinweg zeigen.
Das Phänomen ist den Kantonen nördlich des Jurabogens bekannt, insbesondere im Jura, in Schaffhausen und Basel. Das Buchensterben ist seit geraumer Zeit schon im Gang. Doch so richtig zugeschlagen hat es 2018. Der Sommer bescherte der Schweiz die längste und schwerste Dürreperiode seit Messbeginn.
Immer schneller
Erst im Frühling 2019, als viele Buchen keine Blätter trugen, wurde das Ausmass erkannt, wie Mélanie Erb, Verantwortliche für den Bereich Wald und Naturgefahren beim jurassischen Umweltamt, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Die jurassische Regierung schlug für den Wald Katastrophenalarm.
Hier wurden im letzten Jahr 95 Prozent der Buchen entfernt. Nun keimen die Sämlinge, die lange im Boden schlummerten.
Monika Gerlach
Vor allem in der Ajoie gingen Buchen ein oder wurden stark in ihrer Vitalität beeinträchtigt, wie Mélanie Erb ausführte. Dieses Absterben in einem bisher nicht gekannten Ausmass dauert an und betrifft jedes Jahr neue Flächen im Kanton. In den Berner Wäldern ist die Lage nicht ganz so kritisch, aber der Gesundheitszustand der Buche gibt auch hier Anlass zu gewisser Sorge.
Resistente Baumarten bevorzugen
Um dem Buchensterben Einhalt zu gebieten, hat auch der Kanton Bern keinen Zauberspruch parat – aber immerhin eine Strategie. Den Berner Waldbesitzern, also Gemeinden und Privatpersonen, schlägt er drei Vorgehensweisen vor, um mit einer guten Durchmischung die Risiken einzudämmen.
- Die erste Methode besteht im «nichts tun». Das heisst, man lässt der natürlichen Dynamik des Waldes freien Lauf, ohne das Holz zu nutzen.
- Die zweite Methode: Grosse Bäume fällen, um Licht in die unteren Stockwerke des Waldes zu bringen, damit dort resilientere Baumarten wie Eichen, Ahorn oder Ulme gedeihen können.
- Der dritte Ansatz besteht darin, junge Bäume zu pflanzen, die resistenter gegen Wassermangel sind: «Wir wollen die Buche keineswegs eliminieren, aber wir möchten auch andere Baumarten fördern, die weniger empfindlich auf Trockenheit reagieren», bemerkt Armin Komposch, Leiter des Waldschutzes im Kanton Bern.
Ein langsamer Prozess
Könnte man nun die Anfälligkeit der Buche auf Trockenheit nicht auch als Chance sehen, mehr Vielfalt in die buchendominierten Wälder zu bringen? Nein, findet Professorin Charlotte Grossiord, Leiterin des Labors für Pflanzenökologie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL).
Denn junge Bäume können nicht die gleichen Funktionen erfüllen wie hundertjährige Buchen. Einen reifen Wald zu ersetzen, sei ein extrem langsamer Prozess, der mehrere Jahrzehnte dauere, betont die Wissenschaftlerin.
Leiden unter Hitzewellen
Ein gesunder Wald mit Bäumen in verschiedenen Lebensstadien – einschliesslich hundertjähriger Exemplare – schütze vor Lawinen, Steinschlag, Erdrutschen und Erosion, binde Kohlendioxid, trage zur Erhaltung der Artenvielfalt bei und filtere Trinkwasser.
Ein Wald mit geschwächten Bäumen sei jedoch nicht mehr in der Lage, diese für den Menschen entscheidenden Funktionen effektiv zu erfüllen. Von der Dürre betroffenes Holz verliere ausserdem auch an Wert als Bau- und Brennmaterial. Und schliesslich litten auch Mischwälder unter Hitzewellen und Dürren, betont Grossiord. Das sei ein weltweit zu beobachtendes Phänomen.