Unter dem Motto «Bürogummi wird Bauer» hat Sebastian Hagenbuch eine Zweitausbildung als Landwirt in Angriff genommen. Er berichtet in seinem Blog regelmässig über seine Ausbildung.
So viel vorneweg: Es handelt sich hier nicht um den Hilferuf eines einsamen Herzens, das sich nach Wärme und Zuneigung von einem adretten Meitschi wünscht. Nein, ich suche vielmehr eine Lehrstelle.
Als ich meine kaufmännische Ausbildung vor – kann das wirklich sein? – acht Jahren begann, war mein Weg für die drei Ausbildungsjahre vorgezeichnet. Mit dem Lehrmeister würde ich Einblicke in alle Abteilungen der Gemeindeverwaltung erhalten, und in der Schule gemeinsam mit Bankern oder in der Privatwirtschaft Tätigen einen vorgegebenen Stoffplan durchackern (was keine Anspielung auf die Landwirtschaft sein soll). Anders jetzt: Obwohl die Lehre begonnen hat, bin ich noch auf Lehrstellensuche.
Bei der Landwirtschaftlichen Lehre ist es üblich, jedes Jahr den Lehrbetrieb zu wechseln. Ich habe erst die Lehrstelle für dieses Jahr gefunden, für mein zweites und zugleich letztes Ausbildungsjahr bin ich noch auf der Suche nach einem geeigneten Lehrbetrieb. Das Angebot ist vielfältig, meine Interessen ebenso. Wonach soll ich also suchen?
Die Wahl der Lehrstelle ist wichtig und einschneidend. Im Büro blieb stets eine gewisse Distanz gewahrt, man traf sich zur Arbeit, verabschiedete sich nach dem Feierabend und frönte seinen Hobbys. Anders in der Landwirtschaft: Man isst zusammen, arbeitet zusammen und schläft unter einem Dach. Man bekommt mit, wenn es in der Familie zu Meinungsverschiedenheiten kommt und ist sich menschlich näher. Daher ist es umso wichtiger, dass die Chemie auch auf zwischenmenschlicher Ebene stimmt.
Anhand meiner Erfahrungen aus dem ersten Monat weiss ich, dass es für mich eine untergeordnete Rolle spielt, ob der Ausbildungsbetrieb drei moderne John Deere Traktoren, zehn Hektar Kartoffeln und wunderschöne Redholstein-Kühe hat. Wichtig sind für mich vor allem zwei Dinge: Dass der Betrieb – in erster Linie der Lehrmeister – Freude an der Ausbildung von wissbegierigen Lehrlingen hat. Dass man über Differenzen zwischen dem in der Schule gelernten und auf dem Betrieb angewandten diskutieren kann, Einblick in das Warum und Wieso gewährt wird und man somit vorbereitet wäre, allenfalls eventuell unter Umständen vielleicht irgendwann einmal selbstständig einen Hof bewirtschaften zu können, wo nicht mehr ständig jemand da ist und einem sagt, was du jetzt einfach tun musst. Wenn ich verstehe, weshalb ich eine Tätigkeit auf bestimmte Weise ausführen soll, ist automatisch die Motivation und Freude an der Arbeit grösser, und darauf kommt es schliesslich an. Der andere Punkt, der die Ausbildung reizvoll macht, ist für mich eine gewisse Vielseitigkeit des Betriebs.
Wenn ich nun davon ausgehe, dass ein Grossteil der Landwirte ihren Beruf aus Leidenschaft ausüben (in der Berufswelt stünden vielen von Ihnen andere Türen offen, wo für weniger Arbeit mehr Geld zu verdienen wäre), so sollte man doch meinen, dass es ausreichend gute Lehrstellen hat. Zum Vergleich: Eine meiner Leidenschaften ist das Openeye Festival, ein Open Air, welches ich gemeinsam mit Freunden auf einem Bauernhof im Aargau organisiere. Wenn ich ehrliches Interesse von jemandem an diesem Event spüre, Freue ich mich wie ein kleines Kind und könnte stundenlang über dessen Philosophie diskutieren. Also, liebe Landwirte: Sie suchen noch einen motivierten und einsatzbereiten Lehrling für das kommende Jahr? Sie können sich gerne bei mir melden, ich würde mich freuen.
Zur Person
Sebastian Hagenbuch ist zwar auf einem Bauernhof aufgewachsen, musste aber dennoch 23 Jahre alt werden und mit dem Velo bis nach Istanbul fahren um zu merken, dass ihn Kühe und Traktoren mehr anziehen als die bislang vertraute Arbeit im Büro. Eine vertraute Welt entdeckt er in seiner Zweitausbildung völlig neu – und lässt Sie in seinem Blog daran teilhaben.