Unter dem Motto «Bürogummi wird Bauer» hat Sebastian Hagenbuch sein zweites Lehrjahr in seiner Zweitausbildung als Landwirt in Angriff genommen. Er berichtet in seinem Blog regelmässig über seine Ausbildung.
Das tut weh. Ich dachte schon, ich käme ungeschoren durch die Lehre. Nun ist es doch passiert: Zum ersten Mal durfte ich erleben, wie es sich so anfühlt, eine Landmaschine kaputtzumachen, ohne dass dies beabsichtigt wäre.
Es war ein ohnehin unschöner Morgen. Montag, das Wochenende in den Knochen, dazu Regen und lauwarme 11 Grad. Als Folge der nassen Witterung wurde der Menüplan für die Mutterkühe geändert, das Selbstbedienungsrestaurant Weide machte blau (oder grau), statt dessen wurden die Damen samt Jungmannschaft im Offenfrontstall Breite bedient. Geliefert wurde eine vorzügliche Mischung aus Grassilage (Frühjahr 2013), Maissilage, Emd und Stroh, ausgewogen, schmackhaft und gesund, serviert im exklusiven Futtermischwagen.
Erwartungsvoll drängelten die Kühe zur Fressachse und balgten sich um die besten (sprich die zuerst bedienten) Plätze, voller Vorfreude, denn sie konnten sich ja erinnern, dass der Lieferboy im 3. Lehrjahr sie im Winter stets gut bediente, sodass der anfängliche Unmut aufgrund des Stubenarrests schon verflogen schien. Nun war es aber so, dass der Servierboy aufgrund diverser Umstände von der anderen Seite als üblich auf den Futtertisch einbiegen musste – somit schnitt der Mischwagen die Kurve auf jener Seite, wo das Förderband für die Essensausgabe auch auf der Strasse niemals eingeklappt werden kann.
Das ist ein erheblicher Nachteil, wenn der Servierboy den Rückspiegel nicht beachtet und die Gedanken generell nicht mit dem Traktor schrittzuhalten vermögen. So kam es denn, dass viel eher die Kurve den Mischwagen geschnitten hat als umgekehrt. Das Förderband blieb am Pfosten, welcher den Pferdeauslauf begrenzt, hängen, es gab einen sehr unschönen, in der Kabine deutlich spürbaren Holperer, welcher doch endlich den Blick in den Rückspiegel auslöste. Und siehe da, das Förderband stand in einem hässlichen Winkel vom Rest des Wagens ab und machte nicht den Eindruck, als könnte es noch etwas fördern, was für meine Laune ebenso wenig förderlich. Ein für Montag-Morgen-Verhältnisse erstaunlich vielseitiges Rapertoir an wüsten Flüchen aus meinem Mund ergoss sich über den Stall und die mittlere Umgebung, ehe das Ganze dem Chef per Telefon gebeichtet wurde.
Meine Kernkompetenz als Ex-Gemeindeverwaltungslehrling liegt nicht bei den Maschinen. Und dennoch habe ich es geschafft, ein gewissen Verständnis für die mechanischen Aspekte der Landwirtschaft zu bekommen und in mittlerweile über 500 Tagen, an welchen ich praktisch immer für eine Weile auf einem Traktor sass, nie etwas Gröberes als einen Rückspiegel auf dem Gewissen zu haben. Nun wäre also die wichtige Erfahrung, eine Maschine eigenhändig kaputtzumachen, auch von der To-Do-Liste entfernt. Gleichzeitig hatte ich immerhin das Glück, eine weitere Erfahrung zu machen: Eigenhändig (also gut, der Löwenanteil geht auf das Konto des Lehrmeisters) den Schaden wieder zu reparieren. Am Ende kann man also von Glück im Unglück und zwei Erfahrungen, die man lieber in der Lehre als später in der Selbstständigkeit macht, sprechen.