Unter dem Motto «Bürogummi wird Bauer» hat Sebastian Hagenbuch eine Zweitausbildung als Landwirt in Angriff genommen. Er berichtet in seinem Blog regelmässig über seine Ausbildung.
Nach einem fordernden Frühling, voller Spargeln, Wetterkapriolen, Spontanentscheidungen und Improvisationen ist es nun so weit: Ich habe Ferien. Damit die Entzugserscheinungen nicht allzu heftig ausfallen, habe ich schlauerweise vorgesorgt. Ich verbringe zwei Wochen auf dem Bauernhof von Onkel und Tante Hans und Marlis Hagenbuch in Oberlunkhofen, wo ich wohl erneut so was wie einen Frühling erleben darf. Mit neun OK-Mitgliedern und unzähligen Helfern darf ich in jener Zeit ein Openair der besonderen Art auf die Beine stellen.
Seit mittlerweile 19 Jahren organisieren engagierte Menschen aus der Region auf diesem Hof jährlich das Openeye Festival. Die Infrastruktur des Bauernhofs erfüllt alle Anforderungen an ein Festivalgelände: Der Öpfelchäller wird zum Jazzkeller, der Miststock zur Bar, der Maschinenunterstand zur Hauptbühne, die alte Milchkammer zum Abwasch- und Depotstand, die Weide zum Zeltplatz und das Kalberiglu zur Knutschkiste umfunktioniert. 14 Bands, 6 DJ’s, eine Theatergruppe und nicht zuletzt die rund 2‘000 Besucherinnen und Besucher machen das Festival dann letztendlich zur wunderbaren Oase, die es für mich ist.
Zu Beginn meiner Ausbildung hatte ich so meine Bedenken, als mir bewusst wurde, dass meine Ferien primär für Arbeiten anderer Art reserviert waren. Mittlerweile kann ich aber sagen, dass ich mir keinen inspirierendere Auszeit vorstellen kann, als gemeinsam mit Freunden und Bekannten laufend Ideen in die Tat umzusetzen und teilzuhaben an der Entstehung dieses Festes. Auch die Lehrzeit auf dem Betrieb von Familie Hodel kommt mir beim Aufbau zugute, ob beim Stapler fahren, beim Arbeiten mit Fadenmäher und Motorsäge oder einfach alleine aufgrund der Tatsache, dass ich mich bestens daran gewöhnt habe, mit wenig Schlaf und viel Action auszukommen – eine wichtige Voraussetzung für die bevorstehende Zeit.
Natürlich kommt aber auch die Erholung nicht zu kurz. Abends sitzt man zusammen, begutachtet das Tageswerk bei einer Zigarette und einem Bier, schmiedet Pläne und schwelgt in alten Geschichten, welche das Festival schon zur Genüge hervorgebracht hat. Weil alle 250 Helfer, die am Openeye Festival als Helfer aktiv sind, ehrenamtlich im Einsatz stehen, steht nebst der Arbeit natürlich auch das gesellige im Zentrum. Ein Spagat, der nicht ganz leicht zu bewältigen ist, eine Balanceakt zwischen Schlepperei und Rauchpause, Hämmern und Reden, Zusammensitzen und Vollgas geben. Das Eine wäre ohne das Andere kaum halb so schön, die Intensität von beidem wird gesteigert, und für mich resultiert am Schluss eine wunderbar erfüllende Zeit. Zum Glück kann ich nachher zurück auf den Hof, um den Post-Openeye-Blues etwas abzufedern.