Unter dem Motto «Bürogummi wird Bauer» hat Sebastian Hagenbuch sein zweites Lehrjahr in seiner Zweitausbildung als Landwirt in Angriff genommen. Er berichtet in seinem Blog regelmässig über seine Ausbildung.
Das dritte Lehrjahr findet zu einem beachtlichen Teil in der Schulstube statt. An grauen Wintertagen mag das ganz nett sein, doch – die Liebegg und die guten Menschen, die da gehen ein und aus in Ehren – manchmal verleidet sie einem zünftig, diese Schule.
Draussen spriesst das Gras und bestockt der Weizen, die Kulturen schreien nach Pflege und wir haben eine ganze Woche lang Schule. Oder hätten, denn immerhin zwei Tage konnte ich mir frei verschaffen und auf dem Lehrbetrieb mithelfen, den Start in die neue Saison optimal zu erwischen – misten, güllen, kalken, pflügen und striegeln standen auf dem Programm. Diese beiden Tage waren mindestens ebenso lehrreich wie jene in der Schule, und besser schlafen konnte ich am Abend obendrein.
Der Graben zwischen Formular und Wirklichkeit
In der Berufsschule geht es immer häufiger um Formulare und Berechnungen – manchmal hat man das Gefühl, es müsse da irgendwo merkwürdige Menschen geben, denen es grosse Freude bereitet, die Realität in ein mehr oder weniger unübersichtliches Formular zu verpacken.
Mit diversen Berechnungen (Investitionsplanungen, Maschinenkosten, Stallpläne, Düngungsnormen etc.) verbringen wir so unsere Stunden, nicht selten um im Anschluss bei der Diskussion festzuhalten, dass die Ergebnisse leider nicht eins zu eins auf einen Betrieb – geschweige denn den elterlichen oder den Lehrbetrieb – umgemünzt werden können. Aber Hauptsache, die Formulare sind ausgefüllt, die Ergebnisse doppelt unterstrichen und die Schlussfolgerungen enthalten, dass die Resultate nicht überbewertet werden dürfen.
Auch wenn man in der Schule bisweilen spannende Dinge lernt und erlebt, so bekommen diese ihren Wert doch meist erst dann, wenn sie in der echten Welt auf dem Hof umgesetzt werden können – was eigentlich nie 1:1 möglich ist. Die Arbeit mit Lehrmeister Donat Abbt oder am Wochenende zu Hause ist lebendig und spannend.
Hier kann Theorie und Praxis verknüpft und etwas in die Tat umgesetzt werden. Vorzu werden Entscheide gefällt und Kompromisse gemacht. Zudem kann ich mich punkto praktischer Arbeit und Erfahrungen auf dem Betrieb schneller verbessern, weil ich darin im Gegensatz zu Schulbesuchen deutlich weniger Erfahrung mitbringe.
Zum Schluss nach Deutschland
So richtig interessant wird der Schulalltag nochmals zum Schluss: In der nächsten Woche reist unser Jahrgang (32 Lernende) nach Deutschland, um unter anderem die John Deere Werke in Mannheim (ich weiss, Fendt wäre viel besser…) und diverse Landwirtschaftsbetriebe rund um die Schule Kupferzell zu besichtigen.
Viel Potential, um den Horizont zu erweitern, und auch, um einige Räubergeschichten auszutauschen und neue zu erleben – vorsorglich mussten jedenfalls alle Lehrlinge eine Kaution von 100 Franken hinterlegen, damit allfällige Dummheiten (Feuerwehralarm, Gartenmöbel auf Bäumen etc.) beglichen werden können. Ich bin gespannt.