Unter dem Motto «Bürogummi wird Bauer» hat Sebastian Hagenbuch eine Zweitausbildung als Landwirt in Angriff genommen. Er berichtet in seinem Blog regelmässig über seine Ausbildung.
Die Schweizer Bauern erhalten Direktzahlungen vom Staat. Dies, weil sie Leistungen wie etwa die Landschaftspflege für die Allgemeinheit erbringen. Wie diese Direktzahlungen im Detail festgelegt sind, ist Gegenstand hitziger Diskussionen und löst bei manchen Bauern Stirnrunzeln aus. „Die Agrarpolitik setzt falsche Anreize“, monieren Sie. Steinhaufen und Hecken seien gefragter als schöne Weizenfelder und leistungsfähige Viehbestände, wird kopfschüttelnd kritisiert.
Bereits ich lerne in der Ausbildung, mit „falschen Anreizen“ umzugehen. So ist es bei mir so, dass ich umso mehr verdiene, desto weniger ich arbeite. Ja, sie haben richtig gelesen. Mein Lohn basiert auf Brutto 1‘600 Franken. Davon abgezogen wird – je nach dem, wie viele Tage ich auf dem Hof verbracht habe – mein Naturallohn, also die Entschädigung für Kost und Logis (wobei ich v.a. bei der Kost froh sein darf, dass nach einer Pauschale und nicht nach effektivem Verzehr abgerechnet wird). Wenn ich also zwei Wochen in den Ferien war, wird mir Ende des Monats ein grösserer Batzen (ca. 800 Franken) überwiesen, als wenn ich den ganzen Monat über gearbeitet habe.
Im Lehrvertrag ist festgelegt, dass meine Arbeitswoche 55 Stunden pro Woche beträgt (bei 5,5 Arbeitstagen). Im KV war von 42 Stunden die Rede. Über den Daumen gepeilt beträgt mein Brutto-Stundenlohn nun also 7 Franken. Mir kommt hingegen zugute, dass ich wegen der relativ langen Arbeitszeiten weniger oft die Möglichkeit habe, das Geld auszugeben. Und, wie bereits erwähnt, sollte ich einmal mehr Freitage haben, so steigt auch der Lohn, was für Menschen ohne haushälterisches Geschickt bestimmt von Vorteil ist. Der magere Stundenlohn und die lange Arbeitszeit stören mich aber derzeit überhaupt nicht. Hätte ich Geld scheffeln wollen, so wäre bei der Berufswahl wohl einiges anders gelaufen.
Daher verstehe ich auch die Frage, ob ich die Ausbildung der Direktzahlungen wegen mache, nicht. Nur für Geld brächte ich nicht die Motivation auf, Tag für Tag früh aufzustehen, körperlich teilweise streng zu arbeiten und abends erschöpft ins Bett zu kriechen. Geld lässt sich definitiv leichter verdienen (zur Erinnerung: Ich habe das KV gemacht). Aber lässt es sich auch schöner verdienen? Die Zufriedenheit nach einem fordernden und anstrengenden Arbeitstag, die Faszination an der Arbeit mit den Gesetzen der Natur (wobei auch zwei, drei Gesetze der Menschen eingehalten werden sollten…), die Freude an den Tieren und Pflanzen, die kann ich nirgends sonst so intensiv erleben. Darum freue ich mich auch auf den Frühling: Die Jahreszeit, wo alles Leben förmlich explodiert und man als Landwirt aktiv teilnimmt am farbenfrohen Erwachen der Natur. Die Jahreszeit auch, in der die langen Unterhosen endlich wieder für ein halbes Jahr in der Versenkung verschwinden. Höchste Zeit!