Unter dem Motto «Bürogummi wird Bauer» hat Sebastian Hagenbuch eine Zweitausbildung als Landwirt in Angriff genommen. Er berichtet in seinem Blog regelmässig über seine Ausbildung.
Die Kombination „in der Landwirtschaft tätig“ und „Lehrling sein“ beinhaltet ein nicht zu unterschätzendes Jammerpotenzial. Die Arbeit ist hart, das Wetter mies, der Chef streng, das Einkommen tief, der Körper müde. Da man – ob Landwirt oder nicht – sehr viel Zeit im Leben mit sich selbst und seiner Sicht der Dinge beschäftigt ist, möchte ich nun einmal einen Perspektivenwechsel wagen. Darf ich vorstellen: Peter Hodel, Meisterlandwirt, Vechigen.
Da meldete sich anfangs Oktober ein Aargauer, der eine neue Lehrstelle für seine Zweitausbildung zum Landwirt sucht. Zweitausbildung, da sollte doch schon einiges im Gepäck sein und zumindest die Erziehungsaufgabe wegfallen. Arbeit ist vorhanden, insbesondere, da der andere Lehrling den ganzen Winter über in der Schule ist. So ähnlich dürfte mein Chef sich seine Gedanken gemacht haben. Man hat sich persönlich einigermassen verstanden beim Schnuppern, die Lehre war beschlossene Sache.
Dass Lehrlinge ausbilden kein Zuckerschlecken ist, weiss Hodel wohl schon lange. Mehr als 20 „Stifte“ verbrachten ein Lehrjahr auf dem Betrieb. Ganz bei Null muss man selten anfangen, und doch bringen die Lehrlinge unterschiedliche Fertigkeiten mit. Älter sein heisst nicht unbedingt bessere Voraussetzungen. Ich bin kein Praktiker, muss Grundsätzliches und Banalitäten (z.B. wie führe ich eine Kuh?) neu lernen und so manchen Fehler erst noch machen, bis ich etwas wirklich glaube oder begriffen habe. Das nagt an den Nerven und ist nicht unbedingt eine wahnsinnige Arbeitserleichterung, auch wenn man als Lehrling abends das Gefühl hat, man habe hart gearbeitet.
Was ich nicht mitbringe, versuche ich durch Motivation und Einsatz kompensieren. Das fällt einem Chef nicht immer gleich leicht zu glauben, wenn nach einem Monat melken noch Dinge zu bemängeln gibt. Zudem vermag auch Motivation nicht über eines hinwegzutäuschen: Den Risikofaktor Lehrling.
Ein Lehrling ist für einen Landwirt ein ungleich höheres Risiko als für eine öffentliche Verwaltung, wo meine erste Ausbildung stattfand. Was konnte ich im KV schon für grossen Schaden anrichten? Um sämtliche wichtigen Daten zu löschen oder im Internet einen Virus einzufangen hätte es schon beinahe mutwillige Bösartigkeit gebraucht. Anders beim Bauern: Beim Arbeiten mit teuren Traktoren, modernen Maschinen, lebendigen Tieren und empfindlichen Pflanzen ist verflucht schnell grosser (auch finanzieller) Schaden angerichtet. Und dennoch ist es wichtig, dass man als Lehrling lernt, Verantwortung für sein Tun zu übernehmen, vorsichtig und aufmerksam zu sein, mitzudenken.
Angenommen, man wird später einmal selbstständiger Landwirt, so wird spätestens dann niemand mehr an der Seite stehen und einem vorzu genau erklären, was man wann wie machen sollte. Das ist, nebst der praktischen Arbeit, eine grosse Herausforderung: Verantwortung übernehmen, mitdenken, aufmerksam sein. Jeden Tag, bei jeder Tätigkeit, die Folgen können sonst gravierend sein. In diesem Sinne danke ich Peter für die Geduld mit mir und hoffe, dass die Motivation ausreicht, die Defizite auszumerzen und schlussendlich doch noch als Arbeitserleichterung auf dem Betrieb zu sein.