Unter dem Motto «Bürogummi wird Bauer» hat Sebastian Hagenbuch sein zweites Lehrjahr in seiner Zweitausbildung als Landwirt in Angriff genommen. Er berichtet in seinem Blog regelmässig über seine Ausbildung.
Die Vielfalt der Schweizer Landwirtschaft zeigt sich nicht zuletzt an den möglichen Wahlfächern für uns Berufslernende: Wir haben die Qual der Wahl, unser Wissen im Bereich Bio-Landbau, Handwerk und Reparaturen, Waldbewirtschaftung, Ackerbau, Milch- oder Rindfleischproduktion, Kleinwiederkäuerhaltung, Pensionspferdehaltung, Obst- oder Rebbau zu vertiefen. Jeder Bereich baut auf einem landwirtschaftlichen Grundverständnis auf und hat doch ganz spezifische Besonderheiten, die es zu beachten gilt.
Für mich standen zuletzt zwei sehr praxisorientierte Wochen auf dem Programm: Zuerst besuchte ich den Holzerkurs beim Forstamt Oberkulm, wobei besucht zu sehr nach Ferien klingt: Vom ersten Tag an bekam jeder eine ordentliche Motorsäge in die Hand gedrückt und durfte vorzu an imposanten Fichten, Buchen oder Weisstannen hantieren.
Holzen fühlt sich männlich an
Fast die ganze Zeit verbrachte man im Wald, nur zum Essen konnten wir uns in der Liebegg echte Holzfällerportionen (ich weiss jetzt, warum die so heissen) einverleiben. Das steile Gelände, das schwere Werkzeug, die strenge Arbeit und die relativ hohen Temperaturen riefen nach viel gutem Essen und forderten ihren Tribut am Abend, wo ich den Weg ins Bett jeweils ohne grosses Federlesen fand.
Es ist eine schöne Arbeit, das Holzen, archaisch und sinnvoll, spektakulär und laut, wenn ein Baum zu Boden kracht und ihn erschüttert, gleichzeitig aber auch voll stiller Geheimnisse, wenn man in der Pause Wildspuren findet oder die Ruhe alterwürdiger Bäume auf sich wirken lässt. Und es hat auch Auswirkungen auf das eigene Körpergefühl: Nach einem ganzen Tag Bäume fällen im Wald fühlt man sich zugegebenermassen schon recht – nun ja, halt irgendwie männlich.
Das rauhe Klima, die dröhnenden Maschinen, die männlichen Arbeitskollegen, die körperlich intensive Arbeit und wie gesagt das Archaische am ganzen mögen ihren Teil dazu beitragen. Vielleicht ist mir das auch nur verstärkt eingefahren, weil ich sonst weniger diesem Männlichkeits-Klischee entspreche.
Das Umfeld formt uns
Eine Erkenntnis dieser Tage war, dass mich meine Tätigkeit und mein Umfeld mehr prägen, als mir bis anhin bewusst war. Es passiert etwas mit einem, ob man nun im Büro sitzt und Buchungen erfasst, ob man viel Zeit mit Milchkühen verbringt oder eben tagtäglich Bäume fällt. Logisch ist ein Förster ein anderer Mensch als ein Büroangestellter.
Ich bin froh, dass ich mehrere Seiten kennenlernen und von ihnen formen lassen durfte. Überall trifft man wieder Gutes und Spannendes, kann Dinge für sein Leben übernehmen oder hat zumindest gelernt, was man nicht will. Gleichwohl sollte man aber aufpassen, für welches Umfeld man sich entscheidet. Es hat Folgen, so oder so.
Fortsetzung folgt.