Ende November entscheidet in letzter Instanz die Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf über den neuen Auszahlungsansatz beim Schoggigesetz. Dieser Ansatz wird indirekt die Molkereimilch- preise beeinflussen.
Über das «Schoggigesetz» werden Schweizer Rohstoffe vergünstigt, damit die Industrie bei Exportprodukten konkurrenzfähig ist. Ein Schweizer Schokoladehersteller etwa erhält so das Vollmilchpulver zum EU-Preis, wenn die Schokolade in den Export geht. Dabei wird mehr als nur die Differenz beim Rohstoffpreis ausgeglichen, auch Transport- und Verarbeitungskosten gehen in die Rechnung ein. Es sei zu bedenken, dass die Rückerstattung nicht nur die höheren Milchpreise in der Schweiz umfasse, sagt Stefan Hagenbuch, Leiter des Bereichs Internationales und Marktfragen bei den Schweizer Milchproduzenten (SMP): «Rund 15% der Ausfuhrbeiträge sind nicht durch den Bauernhof zu begründen.»
Momentan fehlen 10%
Für die Monate Januar bis November 2012 hat der Bund für die Ausfuhrbeiträge nach dem Schoggigesetz 64,2 Mio Franken budgetiert. Weil dieses Geld nicht ausreicht, um bis Ende November 100% der Preisdifferenz zu decken, hat der Bund die Auszahlungsansätze wiederholt gesenkt, zuletzt per 1. Oktober 2012 auf 55%. Die Branchenorganisation Milch (BOM) konnte über ihren Interventionsfonds die Lücke nicht mehr vollständig stopfen. Die BOM steuert ergänzend 35% der Differenz bei. Die restlichen 10% holen sich die Verarbeiter bei ihren Milchlieferanten. Denn die Abnehmer der Produkte, beispielsweise die Schokoladeindustrie, drohen, andernfalls auf ausländisches Milchpulver umzustellen. So senkte die Hochdorf-Gruppe per 1. August den A-Milch-Preis um 3,7 Rp./kg.
Was macht der Bund?
Ab dem Dezember entsteht eine neue Situation. Auf der Seite des Bundes sind für die zwölf Monate Dezember 2012 bis und mit November 2013 70 Mio Fr. budgetiert. Das wird wohl nicht ganz reichen, um beim Getreide und bei der Milch das ganze Jahr über 100% der Preisdifferenz zu decken. Das Eidgenössische Finanzdepartement mit Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) an der Spitze wird entscheiden, welchen Auszahlungsansatz es per 1. Dezember anwenden wird. Hagenbuch verweist auf die Preisperspektiven: Bei steigenden internationalen Preisen werde die zu deckende Preisdifferenz kleiner, das Budget reiche weiter. Er ist deshalb der Meinung, dass der Bund für Dezember nahe an 100% gehen kann. Gehe er auf 90%, so würde dies — abgesehen von der saisonalen Milchpreiskomponente — etwa konstante Milchpreise bedeuten. Bliebe er dagegen bei 55%, sei ein Preisdruck absehbar, meint Hagenbuch.
Es besteht die Möglichkeit, auf dem politischen Weg das Budget des Bundes aufzustocken. Um für die ganzen zwölf Monate mit hoher Wahrscheinlichkeit 100% der Preisdifferenz abdecken zu können, wären gesamthaft rund weitere 20Mio. Fr. nötig, vernimmt man in der Branche. Entsprechende Überlegungen laufen in der Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien (Fial). Und auch SMP-Direktor Albert Rösti sagt: «Wir werden abklären, ob auf dem politischen Weg eine Aufstockung der Mittel fürs Schoggigesetz möglich ist.» Von linker Seite ist mit Widerstand zu rechnen.
Neue Abgabe über BOM?
Auf der Seite der BOM werden Ende Jahr die Mittel im Schoggigesetz-Interventionsfonds vermutlich aufgebraucht sein. Seit dem 1. September 2011 werden dafür keine Beiträge mehr einkassiert. Der Käserverband Fromarte mit seiner Sperrminorität von drei BOM-Vorstandsmitgliedern steht einem Beschluss entgegen, der von neuem auf der ganzen Milchmenge, auch auf der Käsereimilch, Beiträge für den Interventionsfonds einkassieren möchte.
Aber die BOM hat die Möglichkeit, nur auf der Molkereimilch eine Abgabe zu beschliessen. Damit würden sich im Fall einer neuerlichen Lücke die Preisabschläge zwischen Lieferanten von Verarbeitern mit hohem Anteil an Schoggigesetz-Milch (etwa Hochdorf) und Lieferanten von Verarbeitern mit wenig Schoggigesetz-Milch (etwa Migros-Elsa) etwas angleichen. Eines stellt Rösti klar: «Die SMP werden keinen Interventionsfonds führen, wir können hier nicht in die Bresche springen.»