Um 2 Mrd. Fr. tiefere Preise versprach der Bundesrat mit dem Cassis de Dijon-Prinzip. Nun ist keine Preiswirkung messbar, räumt das Sekretariat für Wirtschaft (Seco) ein.
«Vollrahm» mit weniger Fett, «Verdünnter Obstwein» und «Fruchtsirup» mit weniger Fruchtsaft – dank dem Cassis-de-Dijon-Prinzip (CdD-Prinzip) dürfen importierte Produkte in der Schweiz nicht nur die entsprechende Bezeichnung tragen. Nein, diese dürfen auch in der Schweiz nach dem tieferen Standard eines EU-Landes produziert werden, sofern das Bundesamt für Gesundheit grünes Licht gibt. Nur bei Berg-, Alp- und Bioprodukten sowie Wein schob der Bundesrat dieser Praxis einen Riegel, um zu verhindern, dass die viel gepriesene Qualitätsstrategie der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft vollends untergraben wird.
Non-Food: Stellenwert unbekannt
Das Seco hat nun einen Evalutionsbericht zum CdD-Prinzip publiziert. Laut dem Bericht hat sich im Non-Food-Bereich eine Tendenz in Richtung Vermeidung von Schweizer Sonderregelungen ergeben. Doch es muss festgestellt werden: «Der Stellenwert des CdD-Prinzips im Non-Food-Bereich bleibt deshalb unbekannt.» Bei den Lebensmitteln erteilte das BAG total 34 Allgemeinverfüfungen, 89 Gesuche wurden abgelehnt. Ein Hindernis für ausländische Produkte ist der Umstand, dass die Schweiz auf der Angabe des Produktionslandes beharrt, die Angabe «EU» genügt nicht. Coop-Verwaltungsratspräsident Hansueli Loosli möchte dies allerdings ändern, wie er öffentlich gesagt hat.
Preislich zu viel versprochen
Das Seco hat auch die Preise beobachtet. Es gebe Hinweise für preissenkende Effekte der Gesetzesrevision. Doch bemerkenswert ist der folgende Satz: «Aus den Resultaten des Preisobservatoriums lassen sich jedoch keine messbare Preiswirkung des «Cassis de Dijon»-Prinzips alleine ableiten — weder im Nonfood-Bereich noch bei den Lebensmitteln.« Einst hatte der Bundesrat für die Konsumenten mit 2 Mrd. Fr. Einsparungen durch tiefere Preise gerechnet.
SBV-Kampf geht weiter
Dieser Befund bestärkt SBV-Direktor und Nationalrat Jacques Bourgeois (FDP, FR) in seiner Forderung, die Lebensmittel vom CdD-Prinzip auszunehmen. Er hat dazu eine Parlamentarische Initiative eingereicht, welcher die Wirtschaftskommissionen beider Räte passiert hat. Die Vorschläge des Bundesrates dazu werden wohl im Dezember in den Nationalrat kommen. Eine absehbare Variante wird sein, dass nach dem (tieferen) Standard eines EU-Landes produzierte Lebensmittel entsprechend deklariert und gekennzeichnet werden müssen, ohne dass sie vom CdD-Prinzip ausgenommen werden.