Der Bundesrat empfiehlt die Landschaftsinitiative wie angekündigt zur Ablehnung. Das hat er am Mittwoch beschlossen. Hingegen unterstützt er einen indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Gegen die Verbauung unserer Landschaft» der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (Urek-S).
Die Landschaftsinitiative will laut den Initianten dem im Gesetz längst verankerten, aber in der Realität nicht respektierten Grundsatz der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet Nachdruck verleihen.
Auch Landwirtschaft einbezogen
Dem Bauen ausserhalb der Bauzonen sollen klare Grenzen gesetzt werden, indem die Zahl der Gebäude und die von ihnen in Anspruch genommene Fläche plafoniert werden. Über den Vollzug des Verfassungsartikels sollen die Kantone Bericht erstatten.
Die Initianten machen auch die Landwirtschaft zum Thema. Diese benötige gute Böden, um qualitativ hochstehende Produkte zu erzeugen. «Bereits heute ist der Mindestbestand der Fruchtfolgeflächen in vielen Kantonen kaum mehr langfristig zu sichern. Es wird immer schwieriger, genügend Kulturland bereit zu stellen, um die Ernährungsbasis der Schweiz unter Einhaltung der ökologischen Anforderungen an die Landwirtschaft zu gewährleisten», warnen die Initianten. Eine nachhaltige, bodenabhängige Landwirtschaft müsse im Mittelpunkt stehen.
Umsetzungsfragen offen
Der Bundesrat begrüsst die Stossrichtung der Landschaftsinitiative. «Die vorgeschlagene Stärkung des Trennungsgrundsatzes und die angestrebte Plafonierung der Anzahl der Gebäude sowie der von diesen beanspruchten Flächen im Nichtbaugebiet stellen ein geeignetes Vorgehen dar, um den anhaltenden Kulturlandverlust zu bremsen», heisst es in einer Mitteilung.
Gemäss der Landesregierung lässt das Begehren zentrale Umsetzungsfragen offen. «So wird nicht präzisiert, wie das angestrebte Plafonierungsziel konkret erreicht werden soll», heisst es weiter. Zentrale Punkte müssten daher noch im Gesetz geklärt werden, ohne dass dem Initiativtext hierzu klare Vorgaben entnommen werden könnten. Mit einer Annahme der Initiative ist aus der Sicht des Bundesrats im Hinblick auf ein anschliessendes Gesetzgebungsverfahren nicht viel gewonnen.
Bodenunabhängige Landwirtschaft betroffen
Die Landesregierung schreibt weiter, dass auch die Landwirtschaft bei einer Annahme betroffen wäre, vor allem die bodenunabhängige Landwirtschaft. «Bei einer Annahme der Initiative dürfte die Rechtslage beim Bauen ausserhalb der Bauzonen daher während einer längeren Übergangszeit ungeklärt sein», heisst es weiter.
Gemäss der Ansicht des Bundesrates hat die Gesetzesvorlage der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (UREK-S) die wichtigen Anliegen der Landschaftsinitiative aufgegriffen und konkretisiert. Er verzichtet daher auf die Ausarbeitung eines eigenen indirekten Gegenvorschlags.
Eine erste Landschaftsinitiative zur Begrenzung der Ausdehnung der Bauzonen mündete im revidierten Raumplanungsgesetz, dass vom Volk im März 2013 mit 62,9 Prozent Ja-Stimmen angenommen wurde. Lanciert wurde die zweite Initiative Ende März 2019 von Pro Natura, Birdlife Schweiz, der Stiftung Landschaftsschutz, dem Schweizer Heimatschutz und weiteren Organisatoren.
Abbruchprämie als Kerninstrument
Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (Urek-S) möchte die beiden Dossiers nun verknüpfen. Sie schlägt einstimmig vor, das revidierte Raumplanungsgesetz als indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative zu konzipieren, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten.
So hat die Kommission ein Planungsziel und einen neuen Planungsgrundsatz in das Raumplanungsgesetz eingefügt. Damit sollen die Zahl aller Gebäude im Nichtbaugebiet und die Bodenversiegelung, die durch nicht landwirtschaftliche Bauten und Anlagen verursacht wird, stabilisiert werden.
Für die Beseitigung von Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen soll eine Abbruchprämie in Höhe der Abbruchkosten ausgerichtet werden. Die Prämie soll von den Kantonen und mit Beiträgen des Bundes finanziert werden.
Kantone behalten Spielraum
Insgesamt ist der neue Ansatz der Urek-S schlanker als der ursprüngliche Vorschlag des Bundesrats. «Der Entwurf nimmt jene Aspekte auf, bei denen eine weitgehende Einigkeit unter den angehörten Organisationen und Kantonen festgestellt werden konnte», heisst es in der Mitteilung. Umstrittene, nicht mehrheitsfähige Massnahmen seien weggelassen worden.
Fokussiert werden soll laut der Kommission auf zwei Kernanliegen: die Rückgewinnung von Kulturland und die bessere Berücksichtigung kantonaler und regionaler Besonderheiten. «Die Kantone sollen für bestimmte Gebiete gestützt auf eine räumliche Gesamtkonzeption und entsprechende Festlegungen im kantonalen Richtplan massgeschneiderte Lösungen entwickeln und umsetzen können», schreibt die Urek-S. Mehrnutzungen müssten jedoch mit substanziellen Kompensations- und Aufwertungsmassnahmen verbunden werden.