Das Parlament hat eine Geothermie-Offensive lanciert. Der Bundesrat muss nun ein Programm zur schweizweiten Erkundung des Untergrunds organisieren und finanzieren. Bundesrätin Doris Leuthard warnte vergeblich vor Milliardenkosten.
Wie schon der Ständerat schlug am Mittwoch auch der Nationalrat die Bedenken des Bundesrates in den Wind und stimmte mit grossem Mehr zwei Motionen von Ständerat Felix Gutzwiller (FDP/ZH) zu.
Gutzwiller begründet seinen Vorschlag mit dem hohen Potenzial der tiefen Geothermie zur Strom- und Wärmegewinnung. Diese könne einheimischen Strom zu konkurrenzfähigen Preisen rund um die Uhr, wetterunabhängig und das ganze Jahr über liefern.
Bundesrätin Leuthard warnt vor Bohr-Offensive
Für Leuthard kommt diese «gewagte Forderung» einer «Bohr-Offensive» gleich. Und obwohl die Motion verlange, dass der Bund Bohrungen finanziere, sage niemand, wie dies bezahlt werden solle. Aufgrund von Erfahrungen in St. Gallen und Zürich rechne der Bundesrat mit Kosten von einer Milliarde Franken - «mindestens».
Der Bundesrat muss nun dem Parlament einen Vorschlag unterbreiten, wie er für die Investition in Tiefe-Geothermie-Projekte gute Voraussetzungen schaffen will. Nicht nur der Finanzen wegen, wird er dies contre-coeur tun: Er hätte die Geothermie gerne in seine Energiestrategie 2050 miteinbezogen. Diese skizziert die Energiezukunft der Schweiz nach dem Atomausstieg.
Charme-Offensive
In seiner zweiten Motion verlangt Gutzwiller eine Geothermie-Task-Force und eine Kommunikations-Offensive, um in Gesellschaft und Politik die Akzeptanz der tiefen Geothermie zu erhöhen. Weiter sollen beispielsweise Pilotprojekte eine rückzahlbare Anschubfinanzierung erhalten, und Bewilligungsverfahren sollen vereinheitlicht und beschleunigt werden. Der Bund wird weiter aufgefordert, sich an Forschungs- und Pilotprojekten zu beteiligen.
Der Bundesrat und die Gegner aus Reihen der SVP unterlagen mit 125 zu 45 Stimmen respektive mit 126 zu 48 Stimmen.
Alternative zum Atomstrom
Geothermie wurde in der Schweiz spätestens mit den Erdbeben in Basel bekannt. Bei dem Projekt wurde Wasser in fünf Kilometer tiefes Gestein eingepresst, um dieses durchlässig für einen späteren Austausch von Wärme zu machen. Ziel war Fernwärme und Stromproduktion. Das Verfahren löste aber mehrere Beben aus - eines davon mit einer Stärke von 3,4. Ende 2006 wurde das Vorhaben gestoppt.
Die Begeisterung für diese Art von Energiegewinnung scheint jedoch ungebrochen. Viel Lob erhält das Geothermie-Projekt der Stadt St. Gallen. Dort soll ab 2014 mit Wasser aus der Tiefe bis zur Hälfte der Wohnhäuser beheizt werden. Unter der Stadt wird in 4000 bis 5000 Metern Tiefe heisses Wasser von bis zu 170 Grad erwartet. Seismische Messungen lieferten gute Vorzeichen.
ETH: Das Erdinnere gibt genug Energie
Experten der ETH Zürich sind überzeugt, dass es im Erdinnern unter der Schweiz genug Energie gibt. «Die Frage ist nur, wie wir sie herausholen und welchen Preis wir dafür zu zahlen bereit sind», sagte Jürg Dual von der ETH Zürich.
Auch in Zürich ist schon gebohrt worden und alle grösseren Stromkonzerne setzen unter anderem auf diese Art der Energiegewinnung.


