Drei Tage vor den Bundesrats-wahlen bleibt offen, wie die SVP ihren Anspruch auf einen zweiten Sitz durchsetzen kann. Die Parteispitze warnt die FDP vor einer Retour-kutsche, sofern BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf mit Hilfe von FDP-Stimmen gewählt wird.
Nachdem Parteipräsident Toni Brunner am Samstag die FDP vor einem nicht «konkordanten» Verhalten gewarnt hatte, sprach SVP-Nationalrat Peter Spuhler in der «SonntagsZeitung» Klartext: «Wenn Widmer-Schlumpf mit Hilfe der FDP wiedergewählt wird, haben wir eine neue Ausgangslage.»
Spuhler sprach sich dafür aus, «dass wir in diesem Fall die FDP angreifen sollten». Denn mit der Unterstützung von Widmer-Schlumpf stelle sich die FDP klar gegen die Konkordanz.
Walter lässt Hintertür offen
SVP-Bundesratskandidat Hansjörg Walter schloss zwar in Interviews eine aktive Kampfkandidatur gegen die FDP aus. Sollte er am Mittwoch von der Bundesversammlung trotzdem gegen einen FDP-Bundesrat gewählt werden, «müssten wir einen Unterbruch beantragen und das Gespräch mit der FDP suchen».
Dann würden wir «hoffentlich gemeinsam einen Entscheid fällen», sagte Walter. Denn dieses Szenario würde bedeuten: «Das Parlament will eine andere Definition von Konkordanz. Und diesen Willen muss man respektieren. Johann Schneider-Ammann wäre in dieser Situation abgewählt - ob ich annehme oder nicht.»
Walter sagte im «SonntagsBlick», er habe mit der Fraktion ausgehandelt, dass er selber entscheiden werde, «ob und wann ich mich aus dem Bundesratsrennen zurückziehe». SVP-Präsident Toni Brunner schloss am Samstag auch einen Angriff auf die SP als Option nicht aus.
SVP-Basis untermauert Ansprüche mit Manifest
Ihren Anspruch auf die beiden Bundesratssitze hat die SVP am Samstag an ihrer Delegiertenversammlung in Chamblon VD mit einem «Manifest zur Wiederherstellung der Konkordanz» untermauert. Eine Rückkehr zur Vertretung der vier wählerstärksten Parteien würde der Schweizer Regierung zu ihrer alten und «dringend benötigten Stabilität» verhelfen.
Sei die SVP nicht mit zwei Mitgliedern in die Kollegialregierung eingebunden, so könne sie die volle Regierungsverantwortung nicht tragen. Dann solle die Partei an der Delegiertenversammlung vom 28. Januar «über unsere Rolle sprechen», sagte Parteipräsident Brunner. Zur Diskussion stehen soll dabei auch ein möglicher Gang in die Opposition.
Im Manifest heisst es, die SVP ziehe eine Regierungsbeteiligung der Opposition vor. Müsse die SVP aus der Opposition agieren, sei sie gezwungen, vermehrt mit Referenden und Initiativen zu opponieren.
Gute Karten für Widmer-Schlumpf
Gute Karten für eine Wiederwahl hat BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Am Dienstag entscheidet die Fraktion der Grünliberalen (GLP), wem sie ihre 14 Stimmen geben wird. Laut GLP-Präsident Martin Bäumle sind Widmer-Schlumpfs Wiederwahlchancen gestiegen - denn die Ausgangslage habe sich «zu Ungunsten» der SVP verändert.
Bäumle kritisierte am Wochenende die Kandidatur von Nationalratspräsident Hansjörg Walter in Interviews als «Verlegenheitslösung» und als «problematisch». Zwischen dem Amt des höchsten Schweizers und der Bundesratskandidatur gebe es «eine klare Interessenkollision». Beide Funktionen seien nicht vereinbar.


