Die Folgen der Rinderseuche, die im vergangenen Spätsommer auf zwei Urner Alpen ausgebrochen war, sind laut dem Kantonstierarzt der Urkantone weniger schlimm als befürchtet. Vermutlich nicht mehr geklärt werden kann, woher das Bovine Virus-Diarrhoe (BVD) stammt.
Bis heute wurden auf den Alpen Fiseten und Alplen 21 neugeborene Kälber gefunden und notgeschlachtet, die Träger des BVD-Virus waren. Dies geht aus einer Medienmitteilung des Kantonstierarzts der Urkantone vom Freitag hervor. Am 12. September wurden auf Fiseten und am 14. September auf Alplen weitere BVD-Antikörper-positive Tiere gefunden. Daraufhin beschloss der Veterinärdienst der Urkantone, sämtliche Rinder der beiden Alpen auf BVD-Antigen zu untersuchen und die trächtigen Rinder zudem unter Verbringungssperre zu stellen.
Definitive Ursache nicht gefunden
Jedes angesteckte Neugeborene löste weitere Abklärungen zur möglichen Infektionskette aus. Trotz intensiver Suche konnte eine definitive Ursache für den Ausbruch der Tierseuche nicht gefunden werden, heisst es weiter. So geht der Kantonstierarzt davon aus, dass die Infektionskette nicht mehr aufgedeckt werden kann.
Wird eine Kuh angesteckt, zeigt sie Grippesymptome und bildet Antikörper. Für die Menschen ist die Seuche ungefährlich. Wenn eine Kuh während der Erkrankung trächtig war, kann das junge Tier infiziert sein und nach der Geburt Viren ausscheiden. Dies, weil das Kalb in den ersten fünf Monaten gegen BVD keine Antikörper bildet. Um die Ansteckung weiterer Tiere zu verhindern, werden BVD-Kälber getötet.
Noch zehn Abkalbungen
Dank der guten Mitarbeit der betroffenen Tierhalter konnte eine Weiterverbreitung der Seuche verhindert werden, heisst es weiter. Angesteckte Kühe werden von den anderen Rindern getrennt gehalten. Die Abkalbung findet jeweils in einem separaten Stall statt. Der Kantonstierarzt geht davon aus, dass voraussichtlich vor der nächsten Sömmerung sämtliche so genannte Verbringungssperren aufgehoben werden können.
Im Moment stehen von den ehemals 110 verbringungsgesperrten Rindern im Kanton Uri noch zehn Abkalbungen auf sechs verschiedenen Betrieben an. Bereits jetzt sei ersichtlich, dass mit rund 20 Prozent angesteckten Neugeborenen der Erwartungswert massiv tiefer zu liegen komme als ursprünglich befürchtet, schreibt der Kantonstierarzt.
Im Mai sollen Entschädigungen ausbezahlt werden
Trotzdem gelte es, wachsam zu bleiben, heisst es weiter. Denn aufgrund eines ausserkantonalen Falls habe sich ein weiterer BVD-Verdachtsfall auf dem Urnerboden ergeben. Die ersten Untersuchungen aber konnten den Verdacht nicht bestätigen. Der Kanton Uri entschädigt die Viehhalter, die wegen der Tierseuche Mehraufwendungen leisten müssen oder Einbussen erleiden. Diese Entschädigung erfolge, wenn alle verbringungsgesperrten Tiere abgekalbert hätten, heisst es. Dies sie voraussichtlich im Mai der Fall.
Situation ausser Kontrolle
Auf dem politischen Weg sollte das Laboratoriums der Urkantone zur Rechenschaft gezogen werden. Der Urner Landrat und Landwirt Alois Arnold-Fassbind forderte in seiner Motion, dass die Massnahmen des Laboratoriums der Urkanton nach den BVD-Fällen untersucht und personelle Konsequenzen gezogen werden. Der Landrat erklärte die Motion für nicht erheblich.
Das zögerliche Verhalten seitens der Behörden wurde von Arnold scharf kritisiert. Das Laboratorium der Urkantone habe viel zu lange mit der Bekämpfung zugewartet, bis das ganze ausser Kontrolle geraten sei, hielt Landrat Arnold-Fassbind in seiner Motion fest. Die Tiere seien schon fast drei Wochen von den Alpen Zuhause gewesen, bis die Verantwortlichen gehandelt hätten. Insgesamt habe es sechs Wochen gedauert, bis sämtliche Tiere getestet wurden.
«Gravierende Fehlentscheide»
«Aus meiner Sicht hätte dringend, noch während der Alpzeit, jeder Tierhalter der betreffenden 2 Alpen (Fiseten 550 Rinder und Alplen 300 Rinder) schriftlich vor Alpabzug informiert werden müssen», schrieb der Landrat. Es gebe Tierhalter, die bereits Rinder verkauft hätten, weil sie vom BVD-Verdacht, der Anfang August festgestellt worden sei, noch überhaupt nichts gewusst hätten.
Für Arnold war klar: Spätestens bei der Rückkehr der Tiere von der Alp hätten alle auf den BVD-Virus getestet werden müssen. Laut Arnold standen auch 250 Rinder aus den Kantonen Luzern und Glarus unter Verdacht (laut Labor sind es lediglich 180). Insgesamt sah er «gravierende Fehlentscheide» beim Veterinärdienst.
BVD
BVD ist eine viral (= durch ein Virus verursachte) bedingte Durchfallerkrankung. Während der Grossteil der BVD-Infektionen symptomlos, d.h. vom Landwirt unbemerkt abläuft, erkranken einige Tiere schwer an Durchfall, Fieber, Nasen- und Augenausfluss sowie Erosionen (nässende Substanzverluste) am Flotzmaul. Betroffen sind Wiederkäuer, hauptsächlich Rinder, aber auch Schafe oder Ziegen, die mit infizierten Rindern in Kontakt kommen, können erkranken. Unter besonderen Bedingungen erkranken die Tiere an der tödlichen Schleimhautform der BVD, der sogenannten Mukosa Dese Ase (MD). Diese tritt ausschliesslich bei persistent infizierten Tieren auf, bei Tieren also, die das BVD Virus lebenslang in sich tragen und ausscheiden. blu