BVD ist noch immer nicht getilgt. Das Virus ist tückisch. Kälber, die sich im Mutterleib anstecken, können persistent infizierte Tiere werden. Sie streuen lebenslang BVD-Viren und stellen die Hauptansteckungsquelle dar.
Je nachdem, wann sich ein Tier mit dem BVD-Virus ansteckt, sind die Folgen mehr oder weniger gravierend. Am schlimmsten ist es, wenn ein ungeborenes Kalb im Mutterleib zwischen dem 40. und dem 120. Trächtigkeitstag mit dem Virus in Kontakt kommt. Es hat noch kein eigenes Immunsystem, welches das Virus erkennen und bekämpfen würde. Die Folge: Der Erreger von BVD kann sich quasi unerkannt im ungeborenen Tier einnisten. Damit entsteht eine persistierende (während des ganzen Lebens andauernde) Infektion.
PI-Tiere oft Kümmerer
Solche zwischen dem 40. und dem 120. Trächtigkeitstag im Uterus angesteckte Kälber streuen das Virus ein Leben lang. Man nennt sie auch persitent infizierte oder PI-Tiere. Sie fallen zum Teil durch vermindertes Wachstum auf (Kümmerer). Sie können aber auch klinisch unauffällig bleiben. Eine Infektion während des zweiten bis vierten Trächtigkeitsmonats kann auch einen Frühabort auslösen.
Kommt der Fötus früher mit dem Virus in Kontakt, ist er durch das Immunsystem der Kuh geschützt. Auch Infektionen in der zweiten Trächtigkeitshälfte verlaufen in der Regel für die Föten komplikationslos. Ihr Immunsystem bildet Antikörper aus und eliminiert das Virus.
Bei Kühen nicht schlimm
Akute BVD-Infektionen verlaufen bei Kälbern, Rindern und Kühen zumeist unauffällig oder nur mit leichtem Fieber und Durchfall. Bei trächtigen Tieren können im Falle einer Erstinfektion Fruchtbarkeitsstörungen beobachtet werden. Infektionen zu Beginn der Trächtigkeit können zum Umrindern führen. Nach einer vorübergehenden, meist nicht bemerkten Infektion bilden die Rinder eine lang anhaltende Immunität aus.
Mucosal Disease
Neben einer erhöhten Anfälligkeit für Sekundärinfektionen können persistent infizierte Kälber an der Schleimhautform von BVD, der Mucosal Disease (MD), erkranken. Typisch für MD sind Schleimhautschäden und Geschwulste im Verdauungstrakt mit entsprechenden klinischen Symptomen. Dazu gehören ein schlechter Allgemeinzustand, fehlender Appetit, oftmals blutige, therapieresistente Durchfälle oder Dehydration. Mucosal Disease endet stets tödlich. sum
Keine Immunität mehr
Vor Beginn der nationalen BVD-Ausrottungskampagne im Jahr 2008 waren 60 Prozent aller Rinder – bei den Kühen sogar bis zu 80 Prozent – Antikörper-positiv. Das heisst, dass sie schon einmal mit dem BVD-Virus in Kontakt gekommen waren. In durchschnittlich jedem achten Bestand befanden sich zudem ein oder mehrere PI-Tiere. Im Rahmen des BVD-Ausrottungsprogramms wurden alle Rinder der Schweiz, anschliessend während vier Jahren alle neugeborenen Kälber auf das BVD-Virus untersucht.
Milch und Blut
Anfang 2012 startete die Überwachung der BVD mittels Untersuchung von Tankmilch- und Blutproben auf Antikörper gegen das Virus. Alle milchliefernden Betriebe werden mit einer jährlichen Kontrolluntersuchung von Tankmilchproben überwacht. Im Falle eines positiven Resultats muss der Tierarzt einzelnen Tieren Blut entnehmen. Ein Teil der nicht milchliefernden Betriebe wird durch eine jährliche Kontrolluntersuchung von Blutproben einer Rindergruppe überwacht. sum
Durch gezieltes Ausmerzen von PI-Tieren konnte ihr Vorkommen unter den neugeborenen Kälbern von 1,4 auf unter 0,02 Prozent reduziert werden. Die grosse Mehrheit aller Betriebe ist virusfrei. Doch das heisst auch, dass die lebenden Kühe keine Antikörper gegen das Virus mehr besitzen. Sie sind ihm schutzlos ausgeliefert. Das hat für sie selbst meist keine schlimmen Folgen.
Doch das Risiko, dass sie PI-Tiere gebären, wenn sie in trächtigem Zustand infiziert werden, ist sehr gross. Und die Präsenz eines PI-Tieres in einer Herde führt wiederum meist zu einer fast vollständigen Durchseuchung. Deshalb hat jeder BVD-Fall mittlerweile böse Konsequenzen für die oft unverschuldet betroffenen Betriebe, deren Tiere zum Beispiel während der Sömmerung mit dem heimtückischen Virus in Kontakt kommen.
So bleibt die Rindviehhaltung BVD-frei
- Keine gesperrten Tiere in den Bestand aufnehmen: Kontrollieren Sie vor dem Zukauf eines Tieres dessen BVD-Status auf www.agate.ch. Erkundigen Sie sich beim Verkäufer, ob der Betrieb, aus dem das Tier stammt, in den letzten 12 Monaten BVD-Restriktionen unterlag. Wenn ja, sollten die Tiere nach dem Zukauf für mindestens zwei Wochen abgesondert werden.
- Hygieneregeln einhalten: Alle Personen, die in direktem Kontakt mit den Tieren sind, tragen saubere Kleidung, saubere Stiefel, benützen sauberes Material und waschen sich regelmässig die Hände.
- Trächtige Tiere schützen: Vermeiden Sie den Kontakt von trächtigen Tieren mit Aborten, Totgeburten, missgebildeten und lebensschwachen Kälbern. Melden Sie entsprechende Vorfälle dem Bestandestierarzt. Eine Abklärung auf BVD ist sinnvoll.
- Vorsicht beim Abkalben: Sondern Sie das Muttertier beim Abkalben von den übrigen Tieren ab. Achten Sie auf Sauberkeit beim Abkalbeort. Reinigen Sie nach dem Abkalben den Abkalbeort. Meiden Sie den direkten Kontakt des Muttertiers mit anderen trächtigen Tieren. Entsorgen Sie die Nachgeburt so, dass keine anderen Tiere mit ihr in Berührung kommen.
- Kümmerer, vermehrtes Umrindern und Aborte melden: Melden Sie Probleme im Stall dem Tierarzt. Eine Abklärung auf BVD ist sinnvoll.
- Sömmern nur auf BVD-freien Alpen: Vergewissern Sie sich vor der Sömmerung beim Alpverantwortlichen, dass keine Tiere mit auf die Alp gehen, die BVD-Restriktionen unterliegen. sum


