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Cannabis: Das ändert sich für unsere Nachbarn

Die Befürworter freuen sich auf diesen Ostermontag wie auf Weihnachten. Gegner befürchten ein Drogenchaos. Mit dem 1. April wird der Besitz und Konsum von Cannabis für Erwachsene in Deutschland legal. Es stellen sich aber immer noch viele Fragen, wie das konkret aussehen soll.

sda |

Cannabis verschwindet von der Liste der verbotenen Substanzen im Betäubungsmittelgesetz. Wer 18 und älter ist, darf zu Hause bis zu 50 Gramm aufbewahren und draussen maximal 25 Gramm mit sich führen. Es geht explizit um den Eigengebrauch. Weitergabe und Verkauf bleiben verboten. Zu Hause – nicht im Kleingarten – dürfen ausserdem drei Pflanzen angebaut werden. Samen, Pflanzen und geerntetes Cannabis müssen gegen Diebstahl und vor dem Zugriff von Kindern geschützt werden, beispielsweise mit abschliessbaren Schränken und Räumen.

50 Gramm, ist das viel?

Aus einem Gramm Cannabis können nach gängiger Einschätzung ungefähr drei Joints gedreht werden – je nach persönlicher Dosierung auch mehr oder weniger. 50 Gramm wären also 150 Joints. Aus Sicht der Legalisierungsgegner ist das viel zu viel. 50 Gramm pro Monat, die Menge, die die künftigen Anbauvereine an ihre Mitglieder abgeben dürfen, nennt die Bundesärztekammer «eine relevante Menge», «die einem Hoch-Risiko-Konsum entspricht und zu cannabisbezogenen Störungen führt». Das Gesundheitsministerium argumentiert, es müsse auch legales Cannabis in grösserer Menge da sein, wenn man den illegalen Schwarzmarkt ausstechen will.

Was ist mit dem Konsum in der Öffentlichkeit?

Wo es nicht explizit verboten ist, darf gekifft werden. Verboten ist es auf Spielplätzen, in Schulen, Sportstätten, also auch Fussballstadien, Kinder- und Jugendeinrichtungen und jeweils in Sichtweite davon – in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich. Fussgängerzonen sind zwischen 07.00 und 20.00 Uhr ebenfalls kifffreie Zonen. Ausserdem ist der Konsum verboten «in unmittelbarer Gegenwart von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben». Tabu ist es also, sich einen Joint an einer Bushaltestelle voller Schulkinder anzustecken oder im Garten vor den eigenen minderjährigen Kindern, genauso wie vor einem Kino, wo auch Jugendliche warten. In Raucherbeizen entscheiden die Inhaber, wie sie damit umgehen.

Wie sollen die Regeln kontrolliert werden?

Das ist ähnlich wie beim Sicherheitsgurt im Auto oder Handy-Telefonieren am Steuer – man muss schon erwischt oder angezeigt werden. Dass Ordnungsämter und Polizei im grossen Stil Cannabis-Streifen losschicken, ist schon aus Personalgründen unwahrscheinlich.

Welche Strafen drohen bei Verstössen?

Empfindliche Geldstrafen und auch Gefängnis sind möglich. Wer etwa die Gramm-Vorgaben zum Besitz leicht überschreitet, riskiert ein Bussgeld. Dass kann laut Gesetz allerdings mit bis zu 30’000 Euro saftig ausfallen. Werden sogar mehr als 30 Gramm im Rucksack, mehr als 60 Gramm zu Hause oder mehr als drei Pflanzen in der Wohnung gefunden, greift das Strafrecht: Es droht im schlimmsten Fall Gefängnis. Das gilt besonders für die Weitergabe der Droge an Kinder und Jugendliche. Wer kifft, wo kiffen nicht erlaubt ist – also auf oder in der Nähe von Spielplätzen, tagsüber in der Fussgängerzone oder in der Nähe von Kindern und Jugendlichen – begeht zwar nur eine Ordnungswidrigkeit, riskiert aber ebenfalls empfindliche Bussgelder bis zu 30’000 Euro.

Was passiert, wenn Minderjährige konsumieren?

Werden unter 18-Jährige mit Cannabis erwischt, muss die Polizei die Eltern informieren. Insbesondere wenn es sich um sehr junge Konsumenten mit sogenanntem riskantem Konsumverhalten handelt, muss auch das Jugendamt eingeschaltet werden. Die Betroffenen sollen dann an Präventionsprogrammen teilnehmen. Jugendliche müssen aber auch mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn die gefundenen Mengen die bei Erwachsenen erlaubten Mengen übersteigen, wenn sie dealen oder die Droge an andere Kinder und Jugendliche weitergeben.

Und wie soll das mit den Cannabis-Clubs laufen?

Sie dürfen erst zum 1. Juli mit dem Anbau von Cannabis beginnen und es gelten strenge Regeln: Die Clubs müssen mindestens 200 Meter von Schulen, Kitas, Spielplätzen und anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen entfernt sein, dürfen nicht in Wohngebäuden untergebracht sein und nicht durch auffällige Schilder oder anders für sich werben. Der Konsum in den Anbauvereinigungen, wie sie im Gesetz heissen, ist ebenfalls tabu. Anbauflächen und Lager müssen gesichert werden. Die Vereine dürfen maximal 500 Mitglieder haben und Cannabis in begrenzten Mengen nur an diese Mitglieder abgeben, nicht verkaufen. Die Droge darf nur in einer neutralen Verpackung mit Beipackzettel abgegeben werden, der Informationen zu Gewicht, Sorte, THC-Gehalt (Tetrahydrocannabinol ist der Stoff mit der Rauschwirkung) und Hinweise zu Risiken des Konsums enthält.

Wie sieht es mit der Schwarzmarkt-Problematik aus?

Ab dem 1. April könnten Erwachsene zwar legal mit grösseren Mengen Cannabis unterwegs sein, dieses könne aber objektiv nicht aus legalen Quellen stammen, hatte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff zuletzt kritisiert. «Vor allem die ersten Monate werden zu einem Booster für den Schwarzmarkt», warnte der CDU-Politiker. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wies das zurück: Wenn jemand etwa am 2. April auf Grundlage einer eigenen angebauten Pflanze konsumiere, spiele es keine Rolle, wann die Pflanze gekauft und aufgebaut wurde oder wie viel Wasser sie hatte. Sondern es gelte: «Hier ist sie, sie ist jetzt legal, und der Konsum ist auch legal.»

Wie sieht es eigentlich im Strassenverkehr aus?

Erst einmal ändert sich nichts: Bei wem der Cannabis-Wirkstoff THC nachgewiesen wird, auch wenn der Konsum Tage zurückliegt, der begeht eine Ordnungswidrigkeit. In der Rechtsprechung hat sich dafür der niedrige Wert von 1 Nanogramm THC je Milliliter Blut etabliert, ab dem Geldstrafen, Punkte und Fahrverbot drohen. Nach dem Vorbild der 0,5-Promille-Marke für Alkohol soll aber auch ein Toleranz-Grenzwert für THC kommen. Eine Expertenkommission schlug 3,5 Nanogramm vor. Erst ist aber der Bundestag am Zug, ein Gesetz dafür zu beschliessen, was noch dauern dürfte.

Wie verbreitet ist der Cannabis-Konsum überhaupt?

Cannabis ist bisher die am häufigsten genutzte illegale Droge in Deutschland. Dazu, wie viel jährlich zu nicht-medizinischen Zwecken konsumiert wird, liegen laut Gesundheitsministerium aber noch keine validen Daten vor. Laut einer Studie für 2021 haben 4,5 Millionen Erwachsene nach eigenen Angaben in den zurückliegenden zwölf Monaten wenigstens einmal Cannabis konsumiert – bei Männern 10,7 Prozent und bei Frauen 6,8 Prozent. In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen war der Konsum demnach am stärksten verbreitet. Dabei bestehen Experten zufolge bis zum Alter von 25 Jahren wegen des noch anhaltenden Reifeprozesses des Gehirns besondere Risiken für psychische, physische und soziale Beeinträchtigungen.

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