Der Verein Heumilch konnte auch im vergangenen Jahr die Milchmenge steigern. Doch einer der wichtigsten Abnehmer versetzt dem Verein einen Dämpfer. Coop hat die Eigenmarke im März aus dem Sortiment gekippt. Ist die Heumilch nun gefährdet?
Vor knapp vier Jahren wurde der Verein Heumilch gegründet. Dieser hatte sich zum Ziel gesetzt, silofreie Einschränkungs-Milch aus der Emmentaler- und Sbrinz-Produktion besser zu positionieren. Diese Milch wurde zu einem tieferen Preis als Industriemilch vermarktet und zu Trinkmilch, Joghurt oder Butter verarbeitet. Die bessere Positionierung ist dem Verein gelungen. Heumilch-Produzenten erhalten derzeit einen Milchpreis von 73 Rappen je Kilo.
Heumilch statt silofrei
Die Markengründung hatte zudem das Ziel, den Fachbegriff Käsereimilch oder silofreie Rohmilch durch Heumilch auszutauschen. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich Kunden bei einem Produkt aus Heumilch sehr schnell etwas vorstellen können, was bei der Bezeichnung «silofrei» überhaupt nicht der Fall ist, teilte der Verein bei der Gründung mit.
Und der Verein konnte nach der Lancierung Erfolge verzeichnen. Jahr für Jahr konnte die vermarktete Menge gesteigert werden. Auch ein Grossverteiler interessierte sich für die Heumilch. Coop startete im November 2016 in 61 Filialen den Verkauf von Voll- und Drinkmilch unter dem Heumilch Label.
2018 lancierte Coop Eigenmarke
Im April 2018 wurde gar eine Eigenmarke lanciert, verschiedene Heumilch-Käsespezialitäten, Heumilch-Rahm und Heumilch-Butter fanden in sämtlichen grösseren Coop-Supermärkten in der ganzen Schweiz einen Regalplatz.
Das Sortiment wurde in der Folge weiter ausgebaut. Der Grossverteiler führte rund 20 verschiedene Produkte national unter der Eigenmarke Heumilch. Die Produktpalette reichte von Milch, Butter, Rahm, Jogurt, diversen Halbhartkäsen, Mozzarella, Raclette, Fondue bis hin zu Heumilch-Tilsiter und Emmentaler.
Nachfrage sehr gering
Dies wirkte sich auch auf die vermarktete Milchmenge aus. Diese stieg 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 46 Prozent auf 14.6 Millionen Kilo. Ende 2019 haben 256 Bauern (2018: 259) Heumilch produziert. Die meisten Betriebe befinden sich in der Zentralschweiz. Verarbeitet wird die Milch von 27 Unternehmen (2018: 26).
Doch Mitte März kam zu einem herben Rückschlag für den Verein Heumilch. Coop kippte die Eigenmarke aus dem Sortiment. Offenbar verkauften sich die Produkte doch nicht so gut. «Die Nachfrage nach den Produkten der Eigenmarke Coop Heumilch war sehr gering», bestätigt Coop-Mediensprecherin Fabia Langendorf gegenüber schweizerbauer.ch.
Anforderungen Heumilch-Produzenten
Folgende Punkte müssen bei der Heumilch-Produktion eingehalten sein:
• Keine Herstellung und Verfütterung von Silofutter auf dem ganzen Betrieb
• Keine Produktion, Lagerung oder Verkauf von Rundballen jeder Art in Folie
• Raus-Programm gemäss Anforderungen des Bundes
• GMF gemäss Anforderungen des Bundes
• Keine Verfütterung von Küchen-, Garten- und Obstabfällen Kartoffeln und Harnstoff sowie Nebenprodukten der Lebensmittelindustrie (Ausnahme: Trockenschnitzel der Zuckerindustrie und Eiweissfuttermittel aus der Getreideverarbeitung im trockenen Zustand)
Weiterhin Markenprodukte
Ob die Nachfrage bei sämtlichen Produkten gering war, oder ob es Unterschiede gab, wollte Coop nicht beantworten. «Detaillierte Umsatzzahlen einzelner Produkte kommunizieren wir grundsätzlich nicht öffentlich», so die Sprecherin schmallippig. Auch über die Gründe für den schleppenden Verkauf will sie nicht konkret eingehen.
Doch die Türe für Heumilch-Produkte ist nicht ganz zu. «Wir bieten weiterhin regionale Produkte oder Markenprodukte mit der Auslobung Heumilch an, die vom Verein Heumilch Schweiz zertifiziert wurden», so Langendorf.
«Heumilch nicht gefährdet»
Auch Heumilch-Geschäftsführer André Bernet nennt als Grund für die Auslistung den fehlenden Umsatz. «Heumilch hat die von Coop definierten Umsatzziele leider nicht erreicht», sagt er zu schweizerbauer.ch. Ist nun die Heumilch gefährdet? «Heumilch Schweiz ist deswegen nicht gefährdet. Unsere Mitglieder vermarkten einen Grossteil ihrer Produkte als Markenprodukte. Diese sind vom Entscheid Coop nicht betroffen», stellt er klar.
Auch für Vereinspräsident Walter Münger hat die Heumilch weiterhin Potenzial: «Wir sind nach wie vor überzeugt, dass die Heumilch in der Schweiz als Marke angekommen ist.» Dies würden die zahlreichen Käsereien zeigen, die ihre Produkte unter der Marke «Heumilch» erfolgreich vertreiben.
Neu Nischenstrategie
Wie viel der 14,6 Millionen Kilo Milch im vergangenen Jahr in die Coop-Eigenmarkte geflossen ist, kann Bernet nicht beantworten. «Wir können dazu keine Aussagen machen, da wir die detaillierten Umsatzzahlen unserer Mitglieder, aufgeschlüsselt nach Produkt und Verkaufskanal, nicht kennen», so Bernet.
Vonseiten des Detailhandels ist das Interesse bisher ausgeblieben. «Bis jetzt haben wir noch keinen Detailhändler gefunden, der analog Coop auf eine Eigenmarke «Heumilch» setzen würde», hält Bernet fest. Die Vision von Heumilch Schweiz ging von einem jährlichen Absatz 100 Millionen Kilo aus. Ist dies unter den gegebenen Umständen noch realistisch? «Der Verein hat sich strategisch neu ausgerichtet und verfolgt nun eine Nischenstrategie. Wir verfolgen jährliche Wachstumsziele, verzichten aber auf einen langfristig zu erreichenden Zielwert», erklärt Bernet die Kursänderung. 2018 setzte sich der Verein das Ziel, die Nische zu verlassen. «Wir wollen keine Nische bleiben», sagte Bernet im Mai 2018.
Neue Vorstandsmiglieder und neue Geschäftsstelle
Mittels Zirkulationsverfahren wählten die Delegierten Erich Unternährer, Landwirt aus Romoos LU, zum neuen Präsidenten und Urs Kiener-Schmid, Landwirt aus Hergiswil LU, sowie Christian Schönbächler, Landwirt aus Einsiedeln SZ, als neue Vorstandsmitglieder. Walter Münger, der Gründungspräsident, wird somit in den Ruhestand verabschiedet. Die Geschäftsstelle wird per 1. Mai 2020 von den Zentralschweizer Milchproduzenten an die InterCheese AG übergeben. sal



