Coop wollte stillschweigend ein neues Rückvergütungssystem einführen.
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Ab Januar 2026 hätte schweizweit ein Rückvergütungsmodell gelten sollen, bei dem Produzenten von Gemüse, Früchten und Beeren bis zu drei Prozent ihres Umsatzes als sogenannten «Bonus» an Coop zurückzahlen müssen.
Produzenten machten Meldung
Zwischen zehn und 20 Landwirte meldeten sich bei der Meldestelle des Vereins. Faire Märkte Schweiz reichte deshalb eine Anzeige bei der Wettbewerbskommission (Weko) ein. Der Fall gilt als Beispiel für die strukturelle Abhängigkeit vieler Landwirte von wenigen Grossverteilern. Zudem zeigt er den anhaltenden Preisdruck im Detailhandel.
Coop habe mit dem neuen Bestellsystem gute Erfahrungen gemacht, erklärte der Grossverteiler gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Die individuellen Verhandlungen mit den Produzenten hätten sich jedoch als «zu komplex» erwiesen.
Öffentlicher Druck
Faire Märkte Schweiz spricht von einem wichtigen Erfolg für die betroffenen Produzentinnen und Produzenten. «Und es ist ein deutliches Signal für die Wirkung von öffentlichem Druck und rechtlichem Engagement», so der Verein weiter.
FMS-Präsident Stefan Flückiger vermutete, Coop habe aus Angst vor einer Weko-Verurteilung und unter öffentlichem Druck nachgegeben. Coop argumentierte zuletzt, dass mit zeitlich früheren Bestellungen ein deutlicher Mehrwert für die Produzenten geboten werde. Sie erhielten die definitiven Bestellungen früher, verfügten somit über mehr Planungssicherheit und gewännen an Effizienz, was auch für die Lieferanten mit Kostenvorteilen verbunden sei.
Hätte Landwirte 12 Millionen gekostet
Coop wollte ursprünglich, dass die Produzenten einen Teil ihres Verkaufsumsatzes an Coop zurückzahlen. In der Region Bern betrug diese Abgabe laut FMS ab Mai ein Prozent. Schweizweit hätte per Januar 2026 eine Abgabe von drei Prozent eingeführt werden sollen. Coop erklärte nun, vergleichbare Anpassungen an den Lieferkonditionen seien derzeit nicht geplant.
Der Fall gilt als Beispiel für die strukturelle Abhängigkeit vieler Landwirte von wenigen Grossverteilern.
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Die Regelungen hätten laut FMS einer rückwirkenden Preissenkung ohne Gegenleistung entsprochen und die Branche jährlich rund zwölf Millionen Franken gekostet. «Eine Ausweitung auf weitere Produktgruppen war absehbar», schreibt FMS weiter.
Strukturelle Abhängigkeit
Aus diesem Grund reichte FMS im Juni bei der Wettbewerbskommission (Weko) Anzeige wegen mutmasslichen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung ein. In der Anzeige legte FMS dar, dass Coop im Sinne eines «Nimm es oder lass es»-Szenarios faktisch nicht verhandlungsfähige Bedingungen diktierte. «Dies trotz struktureller Abhängigkeit vieler Lieferanten und fehlender realistischer Ausweichmöglichkeiten», so FMS weiter.
Der Verein ist mit der Weko jedoch unzufrieden. Denn sie hat entschieden, keine weiteren Ermittlungen vorzunehmen, nachdem Coop ankündigte, auf die Umsetzung zu verzichten. «Ein juristisch fragwürdiger Entscheid, der erneut die unzureichende Durchsetzungskraft der Schweizer Wettbewerbsaufsicht illustriert», schreibt FMS.
Marktmacht ausgenutzt
Der Verein Faire Märkte Schweiz spricht denn auch von einem «Etappensieg». Die strukturellen Machtprobleme seien jedoch ungelöst. Im Brotgetreidemarkt gebe es gravierende Missstände. «Preisdrückerei durch Oligopolstrukturen, kartellähnlich koordinierte Einkaufspolitik durch wenige Abnehmer sowie fehlende Ausweichmöglichkeiten für Produzenten», so die Kritik.
Der Wettbewerb im Schweizer Agrar- und Lebensmittelsektor ist gemäss FMS strukturell verzerrt. Sprich: Wenige Grossverteiler nutzen ihre Marktmacht zuungunsten der Lieferanten aus. FMS spricht gar von Missbrauch.
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