Die vorberatende Kommission des Ständerats will die Option für ein Agrarfreihandels-abkommen mit der EU nicht aufgeben. Namentlich die CVP-Ständeräte verweigern ihrem Parteipräsidenten die Gefolgschaft.
Letzte Woche schmetterte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) drei Vorstösse ab, welche gegen den EU-Agrarfreihandel gerichtet waren. Nur gerade die SVP-Vertreter Hannes Germann und Peter Föhn sowie der Grüne Luc Recordon stimmten gegen den Agrarfreihandel.
Die Vertreter der CVP, der FDP und der SP hingegen hielten am Freihandel fest. Neben Konrad Graber (CVP, LU) als Kommissions-präsident sitzen für die CVP neu Pirmin Bischof (SO), Stefan Engler (GR) und Isidor Baumann (UR) in der WAK-S.
Fernziel Freihandel bleibt
Anstatt die festgefahrenen Verhandlungen mit der EU abzubrechen, will die WAK-S den Bundesrat beauftragen, bis Ende September eine Standortbestimmung vorzunehmen. Dazu gehören die Abstimmung mit der Agrarpolitik 2014–2017 und eine Evaluation des Käsefreihandels. Die WAK-S will das Fernziel Agrarfreihandel nicht aufgeben. «Der Bundesrat zeigt mögliche Alternativen zum bisherigen Verhandlungsansatz auf mit dem Ziel einer schrittweisen und kontrollierten Einführung des Agrar- und Lebensmittelfreihandels mit der EU», heisst es im Text.
Nationalrat für Abbruch
Im Juni im Nationalrat unterstützten nicht nur SVP und Grüne, sondern auch eine Mehrheit der CVP die gleichen drei Motionen gegen den EU-Agrarfreihandel, was für eine Annahme reichte. Die Vorstösse stammen von den Nationalräten Rudolf Joder (SVP, BE), Laurent Favre (FDP, NE), und Christophe Darbellay (CVP, VS). Favres FDP und Darbellays CVP verweigern im Ständerat also ihren Parteikollegen die Gefolgschaft. Brisant dabei ist: Darbellay ist CVP-Präsident. Und er hat die Ablehnung des Agrarfreihandels vor den Wahlen zur Chefsache erklärt.
Damit hatte er sich gegen CVP-Bundesrätin Doris Leuthard gestellt. Sie und mit ihr der Gesamtbundesrat mit Ausnahme des SVP-Vertreters Ueli Maurer streben weiterhin den Agrarfreihandel an.
Nach dem WAK-Entscheid für den Agrarfreihandel rechnet Darbellay selber nicht mehr damit, dass der Ständerat seine Motion am 7. März doch noch annimmt: «Die Chancen sind leider klein, weil eine satte Mehrheit der WAK-S anderer Meinung war.»
Er habe die CVP-Vertreter in der WAK-S natürlich darauf angesprochen. weil er und die CVP-Bauernvertreter gar nicht zufrieden gewesen seien mit deren Entscheid. «Die Ständeräte haben argumentiert, dass ihre Kommissionsmotion faktisch einem Sistierungsentscheid gleichkommt», fügt er an. Damit, so die Meinung Darbellays, habe der Ständerat so viele Auflagen gesetzt, dass der Bundesrat während zwei bis drei Jahren die Sache sistieren müsse: «Das ist nicht sehr effizient, aber damit ist das Geschäft gleichwohl gestorben.»
FDP-Favre hofft auf Ständeräte aus Neuenburg, Jura und Waadt
Er sei gegen den vollständigen Agrarfreihandel und bedaure, dass die WAK-S seine Motion nicht unterstützen wolle, findet Motionär Laurent Favre. «Nur wenn Darbellay die CVP überzeugen kann und wenn die Ständeräte aus Neuenburg, Jura und Waadtland für meine Motion stimmen, dann gibt es eine Chance», fügt er an.
In seiner eigenen Partei, der FDP, werde es auch nicht einfach, die Ständeräte dazu zu bewegen, gegen den Agrarfreihandel zu stimmen. Dass die WAK-S die Auswirkungen überprüfen wolle, zeige, dass sie den vollständigen Agrarfreihandel eigentlich trotzdem wolle. Wenn allerdings kein vollständiger, sondern ein produktebezogener Freihandel gemeint wäre, dann mache eine Überprüfung schon Sinn. «Ich selber bleibe aber skeptisch», betont Favre.
Existenzfrage für Bauern
Rudolf Joder, der dritte Motionär, kann dem ständerätlichen Vorschlag nichts abgewinnen: «Entweder man ist für oder gegen den Agrarfreihandel.» Die CVP habe vor den Wahlen eine Pressekonferenz gemacht, an der sie verkündet habe, sie sei neu gegen den Agrarfreihandel. «Und jetzt nach den Wahlen sind die CVP-Ständeräte wieder für den Freihandel», kritisiert er. Es gehe um nicht weniger als um die Existenz der Schweizer Landwirtschaft. Er werde bei den Ständeräten noch intensiv für seine Motion lobbyieren.


