Die Milchanlieferung in Deutschland lag im Jahr 2020 mit rund 32,6 Mio. t Rohmilch annähernd auf dem Vorjahresniveau. Der Deutsche Bauernverband fordert höhere Preise. Die Industrie gibt sich verhalten optimistisch.
Die Milchmenge war in der zweiten Jahreshälfte in Deutschland fast durchgehend geringer als im Jahr 2019, nachdem in den ersten Monaten zum Teil auch deutliche Zuwächse zu verzeichnen waren. Die Entwicklung der Milchproduktion in Europa spiegelte sich hier nicht wider.
«Marktgesetze lassen sich nicht aussetzen»
In der EU-28 wurde ein Anstieg um 1,2% auf einen neuen Rekord von 160,6 Mio. t verzeichnet. Nur Kroatien und Österreich produzierten etwas weniger. Auch international wurde mehr Milch erzeugt, so haben die USA erstmals die Marke von 100 Mio. t übertroffen. Dies berichtete der Vorsitzende des deutschen Milchindustrie-Verbandes, Peter Stahl, beim 11. Berliner Milchforum.
Der mittlere Milcherzeugerpreis in Deutschland betrug 2020 laut ZMB (Zentrale Milchmarkt Berichterstattung GmbH) für konventionelle Kuhmilch 32,90 Cent/kg (36,5 Rp.) (bei 4,0% Fett, 3,4% Eiweiss) und war damit um 0,8 Cent/kg geringer als ein Jahr zuvor. «Vor dem Hintergrund einer Pandemie dieses Ausmasses ist ein Milchpreis auf diesem Niveau ein gutes Ergebnis. Klar ist aber auch, dass in einem normalen Marktumfeld der Erzeugerpreis höher liegen muss. Die Marktgesetze lassen sich jedoch nicht ein- und ausschalten», betonte Stahl.
Vorzeichen 2021 besser
«Wenn man sich ansieht, in welche Produkte die Rohmilch geflossen ist, so gibt es hier ein paar erfreuliche Entwicklungen», berichtete der Vorsitzende. Bei Konsummilch wurde der langjährig rückläufige Trend gestoppt, auch Butter und Magermilchpulver wurden in etwas grösseren Mengen erzeugt als im Vorjahr. Die Käseproduktion in Deutschland ist um 2,5% oder 59’400 t ausgedehnt worden und weist mit 2,45 Mio. t (ohne Schmelzkäse) einen neuen Höchststand auf.
Auch Anfang 2021 setzt sich die gute Nachfrage nach Frischprodukten fort. Im Bereich Milchfett deuten die Notierungen für Blockbutter auf ein höheres Preisniveau hin. «Insgesamt sind die Vorzeichen am deutschen Milchmarkt positiv für ein höheres Preisniveau als 2020», erklärte der Vorsitzender des Milchindustrie-Verbandes.
Bauernverband fordert höhere Preise
Der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Karsten Schmal, wies beim Berliner Milchforum auf die schwierige wirtschaftliche Situation der Betriebe sowie auf die Stimmungslage unter den Milchviehhaltern hin: «Ein ständiges Drehen an den Produktionsanforderungen und das gleichzeitige Drücken der Preise passen nicht länger zusammen.»
Ein Produzentenpreise von 33 Cent reiche beim Grossteil der Betriebe nicht aus, um die Umsetzung von höheren Tierwohl- und Umweltschutzanforderungen zu erfüllen. «Unsere Molkereien sind gefordert, die Erzeugerpreise zeitnah und spürbar anzuheben. Die positive Entwicklung am Markt für Milchprodukte gibt dies her», argumentierte Schmal.
Mehr Tierwohl muss bezahlt werden
Zum aktuellen Stand der Umsetzung der «Milch-Strategie 2030» erklärt Schmal: «Wir haben uns als Milchbranche vor etwas mehr als einem Jahr ambitionierte Ziele gesetzt, deren Umsetzung wir trotz des Corona-Geschehens vorantreiben konnten. Die gemeinsame Kommunikationsplattform der Branche geht noch im Frühjahr 2021 an den Start.» Auch bei den Produktionsstandards sei man aktiv.
So werde etwa an einem Zusatzmodul «Tierwohl» gearbeitet. «Die Grundüberlegung dabei ist: Wenn durch höhere Tierwohl- und Tiergesundheitsstandards höhere Kosten in der Kette anfallen, müssen diese auch finanziell entlohnt werden. Auch dieses Konzept wird im Sommer stehen und kann Anfang des kommenden Jahres an den Start gehen», so Schmal.
Detailhandel muss Karten auf den Tisch legen
In den kommenden Wochen müssten die Unternehmen des Detailhandels die Karten auf den Tisch legen und sagen, wie viel sie tatsächlich für ein Mehr an Tierwohl zu zahlen bereit sind.
Die Initiativen der Branche zeigen aus Sicht des DBV-Vizepräsidenten, «dass Land wirte eine hohe Bereitschaft zur Weiterentwicklung der Tierhaltung zeigen, wenn gleichzeitig eine verlässliche Finanzierung der damit verbundenen Mehrkosten durch Staat oder Marktpartner gewährleistet wird».


