Die Diskussion um die Honorierung von Ökosystemleistungen des Waldes ist einen großen Schritt vorangekommen. Sowohl der Bundestag als auch die Umweltministerkonferenz (UMK) stellten sich in der vergangenen Woche grundsätzlich hinter die Forderung nach einem entsprechenden Finanzierungsinstrument.
Der Bundestag verabschiedete einen Antrag der Koalitionsfraktionen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, ein dauerhaft einzurichtendes System zu entwickeln, das aus Mitteln der seit Jahresbeginn erhobenen CO2-Abgabe finanziert und zum Aufbau klimastabiler Wälder eingesetzt werden soll.
Es gehe darum, die Leistungen der Wälder zu honorieren, in Wert zu setzen und dem Wald wieder zugutekommen zu lassen, betonte der forstpolitische Sprecher der CDU/CSU, Alois Gerig. Wenn Unternehmen für den Ausstoß klimaschädlicher Gase bezahlten, sei es eine logische Konsequenz, dass ein Teil dieser Gelder in die Wälder als größte CO2-Senke fließe.
SPD-Berichterstatterin Isabel Mackensen bezeichnete die Wiederbewaldung von Schadflächen und dem Waldumbau zu klimastabilen Mischwäldern als «Jahrhundertaufgabe». Die in der Forstwirtschaft erzielbaren Erlöse könnten die dafür anstehenden Kosten nicht mehr dauerhaft decken.
Die UMK fordert in ihrem Beschluss die Einführung einer dauerhaften, aus Bundesmitteln finanzierten Waldklimaprämie, um langfristig klimastabilere Waldökosysteme zu entwickeln und deren Funktionenvielfalt zu erhalten. Im Vorfeld hatten die «Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) - Die Waldeigentümer» und die Familienbetriebe Land und Forst ihre Forderungen nach einem entsprechenden Finanzierungsmodell bekräftigt.
Balance wahren
Ein staatliches Honorierungssystem soll dem beschlossenen Koalitionsantrag zufolge an die Erfüllung eigener, noch zu entwickelnder Standards gebunden werden, die zu einer Verbesserung von Ökosystemleistungen des Waldes und einer Anpassung der Waldökosysteme an den Klimawandel beitragen.
Die Standards sollen vom Bundeslandwirtschafts- und vom Bundesumweltministerium gemeinsam erarbeitet und mit den Bundesländern abgestimmt werden. Hierbei soll geprüft werden, ob bereits bestehende Zertifizierungssysteme eingebunden werden können. Der Bundestag will sichergestellt wissen, dass die finanziellen Mittel für ein Honorierungssystem in die Entwicklung und den Erhalt von naturnahen und damit klimastabilen Waldökosystemen fließen und somit der gesamten Gesellschaft zugutekommen.
Dabei soll geprüft werden, inwieweit sich die Honorierung der CO2-Senkenleistung als eine von vielen Ökosystemleistungen an dem aktuellen Preis der gehandelten CO2-Zertifikate orientieren lässt. Generell müsse ein Honorierungssystem die Balance wahren zwischen der Entlohnung von Managementleistungen zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung, dem biodiversitätsfördernden Waldumbau und der Honorierung der Klimaschutzleistung des Waldes.
Logische Konsequenz
«Ein gesunder und ans Klima angepasster Wald erfüllt viele wichtige Funktionen: Wasserspeicher, Luftfilter, CO2-Senke, Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Arbeitgeber, Rohstofflieferant und Erholungsraum für uns Menschen», erklärte Gerig. Bislang stelle der Wald diese Ökosystemleistungen umsonst zu Verfügung.
Insbesondere in den vergangenen drei Jahren seien die heimischen Wälder Dürre, Trockenheit, Schädlingsbefall und Stürmen ausgesetzt gewesen. Weite Teile seien geschädigt und könnten die vielfältigen Funktionen nicht mehr vollumfänglich erfüllen. Sie benötigten daher Pflege, die die Waldbauern durch eine nachhaltige Bewirtschaftung, Aufforstungen und den Waldumbau leisteten. Diese Pflege koste viel Geld, das aus dem Holzerlös alleine nicht gewonnen werden könne. Zur Finanzierung biete sich die CO2-Abgabe an, die seit Beginn dieses Jahres erhoben werde.
Für Gerig ist es eine logische Konsequenz, dass ein Teil dieser Mittel in die Wälder fließt: «Ein nachhaltig bewirtschafteter Wald, aus dem Holz entnommen und in langlebigen Holzprodukten verbaut wird, ist die größte CO2-Senke die wir haben.» Die Bundesregierung habe nun die Aufgabe, ein Honorierungssystem zu entwickeln, das sich an den Bedingungen der nachhaltigen Bewirtschaftung orientiere und die vielfältigen Ökosystemleistungen in ihrer Gänze berücksichtige. Die Mittel müssten dabei an strikte Bedingungen der nachhaltigen Waldbewirtschaftung und den Erhalt und Zuwachs von Ökosystemleistungen geknüpft werden.
«Wir möchten erreichen, dass es sich für unsere Waldbesitzenden wieder lohnt, ihren Wald zu bewirtschaften», so Gerig. Ein gesunder Wald sei damit «einer unserer wichtigsten Partner im Klimaschutz».
Eckpfeiler noch in dieser Legislaturperiode
Auch der Vorsitzende der Umweltministerkonferenz, Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Till Backhaus, hob die Bedeutung des Waldes im Kampf gegen die Erderwärmung hervor. Der SPD-Politiker sprach nach der UMK von einer «Waldklimaprämie», die dazu beitragen solle, langfristig klimastabile Wälder zu entwickeln. «Waldbesitzer, damit sind sowohl private und kommunale Träger sowie die Länder gemeint, sollen Prämien erhalten, wenn sie mehr tun als ihren Wald natürlich zu bewirtschaften», so Backhaus.
Nach den Worten von Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser wäre die Einführung einer bundesweiten Waldklimaprämie ein wichtiges Instrument, um die Klimaschutz- und Ökosystemleistungen der Wälder zu honorieren. «Die Eckpfeiler einer solchen Prämie sollten noch in dieser Legislaturperiode vom Bund erarbeitet und beschlossen werden», so die CDU-Politikerin.
Waldbesitzer aller Besitzarten könnten durch ein derartiges, bundesweit einheitliches System in Lage versetzt werden, ihre Wälder zu schützen, naturnäher zu bewirtschaften und dauerhaft klimastabiler und standortspezifischer zu entwickeln. «Es wird nicht dafür bezahlt, dass Wald da ist, sondern für dessen Leistungen», stellte die hessische Umweltministerin Priska Hinz klar.
Wichtig sei also, «dass keine Flächenprämie angedacht ist, sondern eine Leistungsprämie.» Wie das Honorierungssystem aussehen soll, muss der Grünen-Politikerin zufolge noch geklärt werden.
Kein Flächenprämienmodell
Die AGDW und die Familienbetriebe Land und Forst bekräftigten ihr Forderung nach einer «Klimaprämie» von 112,50 Euro/ha pro Jahr (124,30 Franken/ha pro Jahr), die sich rechnerisch bei einer CO2-Bepreisung von 25 Euro/t (27,60 Franken/t) aus der dauerhaften Fixierung von Kohlenstoff in Boden und Biomasse der Wälder ergebe.
Zur Finanzierung sollten Gelder aus dem Energie- und Klimafonds der Bundesregierung eingesetzt werden. Nach Angaben der Verbände würden fünf Prozent der im Fonds enthaltenen Mittel für den gesamten deutschen Wald ausreichen.
AGDW-Präsident Hans-Georg von der Marwitz betonte, dass es dabei ausdrücklich nicht um ein Flächenprämienmodell wie in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gehe. Stattdessen wolle man die Honorierung tatsächlich erbrachter Leistungen für den Klimaschutz. Die dafür eingeforderten Gelder sieht von der Marwitz nicht als Einkommen, sondern vielmehr als dringend benötigte Unterstützung für den notwendigen Waldumbau hin zu klimastabilen Mischwäldern.
Breiter Rückhalt in der Bevölkerung
Die Waldbesitzer seien in den letzten Jahren mit Sturm, Dürre und Frassschäden durch «katastrophale Zeiten» gegangen, erläuterte von der Marwitz. Insbesondere in der Mitte des Bundesgebiets habe man ganze Bestände und damit die wirtschaftlichen Erträge der kommenden Jahrzehnte verloren.
Die AGDW wolle deshalb Politik und Bevölkerung dafür sensibilisieren, dass die Forstwirte Unterstützung für den Waldumbau benötigten; nicht zuletzt, damit der Wald auch in Zukunft seine gesellschaftlich erwünschten Ökosystemleistungen erbringen könne. Dafür sei eine wirtschaftliche Nutzung unumgänglich, stellte von der Marwitz klar.
Laut dem Vorsitzenden der Familienbetriebe Land und Forst, Max von Elverfeldt, können sich die Forstwirte dabei auf einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung stützen. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov hätten sich gut drei Viertel aller Teilnehmer dafür ausgesprochen, Wälder und Waldbewirtschafter mit Mitteln des Energie- und Klimafonds zu unterstützen.
Elverfeldt machte zudem deutlich, dass sich die Honorierung auch nach Auffassung der Waldbesitzerverbände und Familienbetriebe Land und Forst streng an nachvollziehbaren Kriterien orientieren sollte. Er plädiert deshalb dafür, die bestehenden forstwirtschaftlichen Zertifizierungssysteme um eine «Klimakomponente» zu ergänzen.