Grosse Neuinvestitionen auf Maschinen belasten die Liquidität enorm. Anstehende Investitionen müssen in jedem Fall auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft werden.
Tobias Strahm
«Schweizer Bauer»: Kürzlich machte die Meldung des jurassischen Bauernverbands die Runde, worin er von einer gravierenden finanziellen Situation der Bauernbetriebe sprach und deshalb Massnahmen vorschlug. Sie als Treuhänder: Wie sehen Sie die aktuelle Liquiditätssituation auf den Betrieben in der Region Zürich?
Hans Ulrich Sturzenegger: Die Situation auf den Betrieben ist sehr unterschiedlich. Der Erfolg des Betriebsleiters ist sehr individuell. Für das Jahr 2024 lässt sich sagen, dass Ackerbaubetriebe aufgrund der inkonstanten und im Verhältnis sehr nassen Wetterlage mehr mit der Liquidität zu kämpfen hatten als Tierhaltungsbetriebe mit relativ konstanter Einkommensverteilung über das gesamte Jahr. Jedoch sind auch im Kanton Zürich durchaus Indizien vorhanden, dass die Liquidität teilweise Betriebe vor Probleme stellt.
Welche Betriebe haben besonders zu kämpfen?
Wie vorher erwähnt waren Ackerbaubetriebe stärker belastet als andere. Dies, da zum Teil Erntearbeiten abgebrochen werden mussten und somit Lohnarbeiterrechnungen doppelt so hoch wie üblich ausfielen. Ebenfalls wird bei Betriebsumstellungen von Milch- auf Mutterkühe oft unterschätzt, dass im ersten Jahr der Mutterkuhhaltung praktisch kein Geld erwirtschaftet wird, bis die ersten Kälber bereit für den Verkauf sind. Dies ist eine massive Umstellung im Vergleich zur Milchviehhaltung mit der monatlichen Milchgeldzahlung. Die Umstellung erfordert von den Betriebsleitenden eine ausführliche Liquiditätsplanung.
Die Zahlen muss man stets in Griff haben.
Erkennen Sie Ursachen, die Betriebe in Liquiditätsengpässe treibt?
Grundsätzlich lässt sich sagen: Betriebsleiter mit guter Ausbildung sind sich gewöhnt, mit Zahlen zu jonglieren. Die Analysefähigkeit der gut ausgebildeten Betriebsleiter ist gegeben. Wenn jemand nur über eine EFZ-Ausbildung verfügt, reicht dies unter Umständen nicht, um einen Betrieb wirtschaftlich erfolgreich führen zu können. Die Zahlen muss man stets in Griff haben. Wenn man meint, man brauche immer den neusten Traktor, drückt dies brutal auf die Liquidität. Sich überbetrieblich zu organisieren, zum Beispiel in Form eines Maschinenrings, ist essenziell, wenn man erfolgreich Kosten minimieren will. Grosse Investitionen in Maschinen können so überbetrieblich gesplittet werden, dies erfordert jedoch auch eine gewisse Flexibilität.
Was für Beobachtungen machen Sie in der Unterscheidung zwischen Nebenerwerbs- und Haupterwerbsbetrieben?
Nebenerwerbsbetriebe sind in der Regel bessergestellt und haben weniger mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen. Jedoch ist zu betonen, dass hier sehr häufig eine Quersubventionierung stattfindet und dass die Nebenerwerbslandwirte die Landwirtschaft teilweise als ihr Hobby anschauen.
Hans Ulrich Sturzenegger von der Agro Treuhand Region Zürich AG.
zvg
In einer neuen Agroscope-Studie, in der die Wirtschaftlichkeit hiesiger Betriebe mit derjenigen von EU-Betrieben verglichen wurde, heisst es: «Um in Zukunft zu bestehen, müssen Schweizer Betriebe bereit sein, ihre eigene Arbeit tiefer zu bewerten.» Was sagen Sie dazu? Müssen Bauernfamilien mit einem tieferen Privatverbrauch den Gürtel enger schnallen?
Tatsache ist: Etwa ein Drittel unserer landwirtschaftlichen Kunden ist finanziell sehr erfolgreich unterwegs. Diese Betriebsleitenden sind meist gut ausgebildet, haben einen unternehmerischen Instinkt, sind Kostenfüchse und haben ein Näschen für Trends. Diese Betriebe sind sehr effizient. Anders sieht es bei den restlichen zwei Dritteln aus, was somit dem Gros entspricht. Da werden tiefe Löhne in Kauf genommen. Dies dürfte nicht sein, entspricht aber leider der Realität. Als Bauer wird man in der Regel nicht reich. Viele Betriebsleiter würden in anderen Jobs mehr verdienen, jedoch darf man nicht vergessen, dass die Selbstständigkeit auch viele Möglichkeiten bietet.
Können Sie das ausführen?
Man kann viel Zeit mit der Familie verbringen. Man ist sein eigener Chef und kann viele Aufwände über das Geschäft laufen lassen, was ein Angestellter nicht kann. Es gilt aber: Bauern müssen Unternehmer sein. Betriebe, welche ihre Buchhaltung zeitnah und effektiv führen und die Buchhaltung als Analysetool einsetzen, um den Überblick über den Geldfluss zu behalten, sind erfolgreicher unterwegs. Ehrlichkeit mit sich selbst ist entscheidend – Probleme nicht beschönigen, sondern frühzeitig Beratung suchen, bevor es zu spät ist. Zum Beispiel bei der Finanzierung eines Traktors über Leasing muss die Auswirkung auf die zukünftige Liquidität bedacht werden, da solche Entscheidungen die finanzielle Flexibilität einschränken können.
Finanzierungen über die Familie kann zu heiklen Situationen führen.
Was für eine Rolle spielt die Liquiditätsplanung, um kurzfristige Engpässe zu verhindern? Was für Strategien empfehlen Sie hier?
Man sollte sich stets fragen, ob man einen Prozess im Betrieb nicht noch einfacher oder kostengünstiger gestalten könnte.
Inwiefern können familieninterne Kredite oder finanzielle Unterstützungen helfen, und was ist hier zu beachten?
Finanzierungen über die Familie sind weit verbreitet, übrigens auch in kleineren KMU-Betrieben. Dies kann jedoch zu heiklen Situationen führen und birgt stets Konfliktpotenzial. Wenn diese nicht rechtzeitig amortisiert werden und die abtretende Generation beispielsweise in ein Altersheim gehen muss, muss das Darlehen teilweise umgehend zurückfliessen. Dies kann Betriebe und deren Liquidität massiv belasten. Früher, als die ältere Generation noch zuhause gepflegt wurde, war dies weniger problematisch.
Was für langfristige Massnahmen würden Sie Betrieben empfehlen, um wiederkehrende Liquiditätsengpässe zu vermeiden?
Wenn man merkt, dass man in eine problematische Situation gerät, sollte möglichst rasch eine externe Betriebsberatung ins Haus geholt werden.
Im Dienstleistung Sektor zu arbeiten können aber nicht alle Betriebe, einfach von deren Voraussetzungen her, auch wenn der Betriebsleiter es wollte.
Bei dem klassischen Ackerbauern ist der Ertrag doch nicht durch abgebrochenen Erntearbeiten eingebrochen. Spielt doch keine Rolle, ob z.B. der Lohnunternehmer mit dem Drescher 1, 2 oder 3 mal an die Parzelle fährt. Es gab nur die Hälfte an Ertrag pro Hektar mit schlechterer Qualität. Das ergibt dann noch weniger als die Hälfte vom Geldertrag, wenn nicht gar Null.
Der Lohnunternehmer nimmt es aber, auch zu recht, von der Hektar nicht von der geernteten Tonne. Auch sind die ganzen Vorleistungen schon gezahlt. Das Geld ist draussen, nur kommt halt nicht mal die Hälfte rein.
Das kann ja bei Gemüsebetrieben stimmen mit den Ernteunterbrüchen.
In diesem Artikel wird alles in einen Topf geschmissen, was wir uns ja gewohnt sind von solchen Spezialisten, umgerührt und dann als wage Antworten widergegeben.
Ich habe bis jetzt jeweils nur die betrieblichen Aufwände über den Betrieb laufen lassen, in der Annahme, dass nur dies korrekt ist.
Welche Aufwände wollen Sie zusätzlich über den Betrieb abrechnen?
Für das beste Drittel muss man sich keine Sorgen machen. Die Mitte könnte mit etwas Anstrengung und Übernahme der Merkmale der Erfolgreichen (unternehmerischer Instinkt, Kostenfuchs etc. ....) auch noch viel besser und dadurch auch stabiler werden. Beim untersten Drittel habe ich kaum Hoffnung. Wie viele Lehrlinge in handwerklichen Berufen schaffen es zum Betriebsleiter?? Vielleicht ein Viertel? In der Landwirtschft hingegen fast alle, d.h. viele sind der Herausforderung als selbständiger Unternehmer ev. gar nicht gewachsen....
Meist ist das aber genau nicht der Fall. Es wurde das Konto vollgemacht, und vergessen den Betrieb weiter zu entwickeln. 30 Jahre Investitionsstau, es reichen aber auch viel weniger und die nächste Generation wird es danken. Ein Gewerbe übernehmen, und dann zuerst einmal kräftig investieren. Dann heisst es, der Vater konnte es noch machen, Du aber nicht mehr.
Nur ein Bauvorhaben genügt, und alles muss wieder auf den Stand der jetzt geltenden Anforderungen gebracht werden. Der Vater hatte noch von der Bestandes Schutz profitiert.
Dann fehlt meist genau die Million, die dann auf Vaters Konto ist, oder es fehlen dann eigentlich mehr.
Wenn die nächste Generation das nötige Geld vorher ausserlandwirtschaftlich verdient hat, alles gut. Das sollte dann aber wieder erwirtschaftet werden, sonst geht die Rechnung wieder nicht auf.
Eine Generation baut auf, eine lebt, 1 darf dann Investitionen für die letzte und die eigene machen.
deine Million hast du auch von Direktzahlungen..die in BZ 4 da reichlich fliessen.
da muss man kein guter Unternehmer sein.
Ich frage mich schon lange wo dieses Geld herkommt für neue Ställen Traktoren Wohnmobile Gelendfahrzeuge etz.
Warum ist für alles Geld da, warum ist man bei allem bereit anständige Preise zu bezahlen, nur bei Lebensmitteln nicht.
DAS sollte die Frage sein, die man sich stellen sollte.