Es heisst, es sei der grösste Rinderwettbewerb Europas und gehöre zu den drei grössten Rindershows der Welt: Die Swiss Expo. Nach einer vierjährigen Pause findet die grosse Viehschau heuer das zweite Mal im Palexpo-Gelände am Flughafen in Genf statt. Dort, wo früher der Autosalon gastierte.
Riesiger Schlepper
Hierzulande hat die Viehzucht einen grossen Stellenwert bei vielen Landwirtinnen und Landwirten. Grund genug also, nach Genf zu fahren und sich diesen Viehzucht-«Zirkus» einmal anzuschauen.
Vom Bahnhof Flughafen Genf sind es nur ein paar Gehminuten bis zur Palexpo-Arena. Beim Betreten der Halle, wo die Swiss Expo steigt, steht links ein riesiger, grüner Schlepper mit gelben Felgen. Ein Requisit, das anscheinend zu jedem grösseren, landwirtschaftlichen Anlass gehört. Etwas weiter hat es einen schwarzen Flügel, daran sitzt eine Musikerin und spielt Chopin. In der Luft liegt der unverkennbare Geruch nach Tieren. Wir durchqueren den Bereich mit den Ausstellern. Vertreten sind die üblichen Verdächtigen der Mischfutter-, der Stalleinrichtungs- und der Massagesesselindustrie.
Chüjermutz statt Weiss
Weiter vorne – getaucht in ein schummriges, leicht violettes Licht – liegt der Sägemehlring. Die Tribünen ringsum sind spärlich besetzt. Am Donnerstag, dem ersten Tag der Ausstellung, ist das Besucheraufkommen mässig. Es sind unter anderem die Simmental-, die Swiss-Fleckvieh- und die Jersey-Kühe dran. Mehr Publikum werden laut Kennern die Schönheitswettbewerbe der Rassen Red-Holstein und Holstein am Freitag und Samstag anziehen. Bei diesen Rassen sind auch mehr Kühe angemeldet.
Im Ring wird eine kleine Gruppe Simmentaler präsentiert. Jene, die sie vorführen, tragen einen Chüjermutz. So auch die Richter. Bei den SF-Kühen geht es etwas weniger traditionell zu. Da tragen die Vorführerinnen das an solchen Anlässen beliebte Weiss. Wir schauen eine Weile zu, lauschen den Bewertungen der Experten, wobei sie bevorzugt die schöne Euteraufhängung und das gute Fundament der Kühe loben.
Die Kühe wollen nicht immer so wie ihre Besitzer.
Reto Blunier
Carhartt-Latzhosen
Hinter der Vorführarena kommen wir in die Stallungen. Rund 500 Tiere sind vor Ort. Nebst den Kühen, den Kälbern und den Rindern hat es viele Menschen. Auffallend viele tragen Carhartt-Latzhosen – die Arbeitskleidung der leidenschaftlichen Viehzüchterinnen. Sie fläzen auf mitgebrachten Sesseln und Bänken, stossen auf ihre Erfolge im Ring an, diskutieren, melken ihre Kühe mit den eigens mitgebrachten Melkmaschinen und sind immer dann mit ihren Kesseln und einer Geschwindigkeit zur Stelle als ginge es um Leben und Tod, wenn eine Kuh ihren Schwanz hebt, um sich zu erleichtern.
Ein paar der Tiere werden soeben für den grossen Auftritt gestylt. Mit der Schärmaschine, dem Föhn und viel Glitzerspray. Beim Kuh-Fotografie-Studio treffen wir auf Simon Bach aus Turbach BE mit seiner Kuh Beate, die soeben zur «Grande Championne» der Simmentaler gekürt wurde. Beate ist also die schönste Simmental-Kuh hier in Genf. Wir erfahren von Simon Bach, wie er seine Kuh für den Wettbewerb vorbereitet hat, was die Auszeichnung für ihn bedeutet und warum er sich wünscht, dass mehr Züchterinnen und Züchter an der Swiss Expo teilnehmen würden.
Gaudi-Musik
In einer der Stallreihen bei den Holstein-Kühen lässt sich eine Gruppe junger Züchter laut von Gaudi-Musik beschallen. Es wird häufig französisch gesprochen, denn die Teilnehmerinnen kommen nicht nur aus der Romandie, sondern auch aus Frankreich. Hinter den Kuhreihen hats eine Reihe mit Viehtransportern. Darin das Futter für die Kühe.
Zurück auf der Tribüne sind die Montbéliard-Kühe an der Reihe. Am Lederhalfter drehen sie ihre Runden im Kreis, werden von den Experten beurteilt, rangiert und erhalten je nachdem eine oder mehre Rosetten. Und natürlich Ruhm und Ehre.
Und; wie haben wir unser erstes Mal erlebt? Spannend und abwechslungsreich. So trifft sich hier an der Swiss Expo ein bunt gemischtes Volk mit einer grossen Begeisterung, Leidenschaft und Zahlungsbereitschaft für Kühe und für die Viehzucht. Wer darum gerne schöne Tiere sieht, ist hier am richtigen Ort. Weiter erleben wir den Anlass überraschend unkompliziert. Vielleicht auch etwas zu unkompliziert, so einige Stimmen aus dem Stall, wo man für vieles angeblich selbst besorgt sein muss. Für alle, die sich gerne auf einen Schwatz mit Berufskolleginnen treffen, lohnt sich der Besuch aber allemal.