Jede Sekunden produziert unser Knochenmark Millionen neuer Blutzellen. Je nach Typ transportieren diese Sauerstoff, verschliessen Wunden oder wehren Erreger ab. Damit die Blutproduktion funktioniert und weder Blutarmut noch Leukämien entstehen, braucht es exakte Steuermechanismen. ETH-Forschende haben nun neue Erkenntnisse darüber gewonnen.
Die Zellen unseres Blutes werden im Knochenmark «geboren»: Die roten Blutkörperchen, die Blutplättchen und Leukozyten gehen dabei auf dieselben Stammzellen zurück und reifen heran, um ihre spezifische Funktion zu erfüllen: Sauerstoff in alle Gewebe und Organe des Körpers zu transportieren, Krankheitserreger oder Fremdkörper abzuwehren oder eine Wunde zu verschliessen.
Bisher unerreichte Präzision
Damit die richtige Menge jedes Zelltyps entsteht und die Zellen auch funktionstüchtig sind, steuern spezifische genetische Programme das Zellschicksal. Forschende der ETH Zürich haben eine neue Mikroskopietechnik zur Zellbeobachtung entwickelt, um diesen Reifungsprozess genauer unter die Lupe zu nehmen, wie die Hochschule am Mittwoch mitteilte.
Damit konnten die Forschenden um Timm Schroeder vom ETH-Departement für Biosysteme in Basel lebende Blutstammzellen während des Reifungsprozesses mit bisher unerreichter Präzision beobachten und vermessen. Dabei quantifizierten sie auch zwei sogenannte Transkriptionsfaktoren, die eine Schlüsselrolle für die genetischen Programme spielen, wie sie im Fachjournal «Nature» berichten.
Annahme widerlegt
Ihre Beobachtungen widerlegten dann auch gleich eine Annahme, die sich während Jahrzehnten in der Forschung gehalten hatte. Nämlich dass die beiden besagten Faktoren darüber entscheiden, in welche Richtung sich die junge Blutzelle entwickelt, also ob sie ein Blutplättchen, ein rotes Blutkörperchen oder etwas anderes wird.
«Nun konnten wir zeigen, dass das nicht der Fall ist und dass andere Mechanismen für diese Entscheidung verantwortlich sein müssen», erklärte Schroeder gemäss der Mitteilung. Die Grundlagen zu entschlüsseln, wie Blutstammzellen den Normalzustand unseres Blutes aufrechterhalten, hilft auch, Erkrankungen wie Leukämien oder Anämien besser zu verstehen und den Weg für neue Therapien zu ebnen.


