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«Das Schlimmste seit Plan Wahlen»

Der langjährige Bauer und Vorstand zahlreicher Verbände Emil Müller aus Mühlau AG versteht nicht, wieso der Schweizer Bauernverband mit seiner Initiative eine Produktion fördern will, deren Kosten nicht gedeckt sind.

Raphael Bühlmann |

 

 

Der langjährige Bauer und Vorstand zahlreicher Verbände Emil Müller aus Mühlau AG versteht nicht, wieso der Schweizer Bauernverband mit seiner Initiative eine Produktion fördern will, deren Kosten nicht gedeckt sind.

«Schweizer Bauer»: Emil Müller, Sie haben verschiedenste Artikel im «Schweizer Bauer» kritisiert! Sind Sie mit unserer Zeitung nicht zufrieden?
Emil Müller: Ich möchte auf einige Dinge hinweisen. So werden zum Beispiel immer wieder Direktzahlungen mit Einnahmen anstatt Einkommen verglichen.

Stimmt dies etwa nicht?
Man vergleicht das Falsche. Bei den Einnahmen müssen sämtliche Produktionskosten noch abgezogen werden. Direktzahlungen sind ein Dienstleistungsertrag, der von der Produktion entkoppelt sein muss. Sie sind nicht dazu da, das Defizit der Produktion zu decken. Bei 4 Mrd. Fr. öffentlichen Geldern und 2,6 Mrd. Fr. landwirtschaftlichem Einkommen beträgt der Anteil der öffentlichen Gelder 150 Prozent des Einkommens.

Entgegen verschiedenen Meinungen sind also Direktzahlungen doch höher zu gewichten?
Ja. Das ist die einzige nachhaltige Überlebensstrategie. Produkte, die netto die Selbstkosten nicht mehr decken, noch zu pushen, ist tödlich. Bei den vernünftigen Bauern geht es schon lange nicht mehr darum, mehr zu verdienen, sondern weniger zu verspielen. Deshalb braucht es ein Umdenken.

Was halten Sie von der Initiative für Ernährungssicherheit?
Diese ist völlig falsch. Sie wäre seit dem Plan Wahlen die schlimmste Massnahme, unter der die Bauern zu leiden hätten. Wird die Produktion künstlich hochgehalten und werden die Preise liberalisiert, ruinieren sich die Bauern schlussendlich selber und unterstützen zusätzlich noch diejenigen, die sie ausnehmen. Was also der SBV mit seiner Initiative fordert, ist nichts anderes als eine defizitäre Produktion.

Sie sagen also, Bauern sollen gar nichts mehr produzieren?
Doch. Da, wo die Kosten gedeckt sind, schon. Das wird aber immer schwieriger, wenn man die Produktionskosten wie Löhne auf nationaler Stufe schützt, die Produkte dann aber international freigibt. Zudem sind die Direktzahlungen ja an die SAK und an einen Mindesttierbesatz gebunden. Das stellt immer mehr Bauern vor ein Dilemma.

Was müsste man konkret anders machen?
Weil wir unsere Gesellschaft nicht ändern können, müssen wir uns mit ihr auseinandersetzen. Wenn die Bevölkerung bereit ist, für eine Buntbrache 3800 Fr. zu bezahlen, aber nicht gewillt ist, die effektiven Produktionskosten abzugelten, müssen sich die Bauern zwingend daran orientieren, ob es ihnen passt oder nicht. Die Schweiz ist eine Dienstleistungsgesellschaft, und die Schweizer Landwirtschaft will sich durch die Produktion von Lebensmitteln dem Dienstleistungssektor verwehren. Als Dienstleister kann man die Unkosten dem Dienstleistungsnehmer verrechnen. Als Bauer muss ich heute als Restgeldempfänger nehmen, was übrig bleibt.

Hört man da nicht etwas Trotz heraus?
Das ist kein Trotz, das ist leider Fakt. Von 1962 bis 1995 habe ich mit Produktverkäufen mein Geld verdient. Dann hat eine Zeitenwende stattgefunden, und die öffentlichen Gelder steigerten sich zu besagten 150 Prozent des landwirtschaftlichen Einkommens.

Aber die OECD hat jüngst die Direktzahlungen sowie den Grenzschutz kritisiert. Also sind diese langfristig nicht gesichert?
Die Direktzahlungen werden national bestimmt, die Marktpreise international am untersten Level gemacht. Gesellschaften, die die Aussagen der OECD und des Preisüberwachers anstatt zu korrigieren noch gutheissen, haben jede Realität zur Natur und zu deren nicht verhandelbaren Gesetzen verloren. Für mich ist das Demenz im Endstadium. Denn keine wichtige Aufgabe des 21. Jahrhunderts kann mit mathematischer Logik gelöst werden. Die Natur ist dagegen immun. 

Billig und nachhaltig geht nicht?
Genau, nur scheint das der Konsument irgendwie nicht zu kapieren. Für mich ist dies ein Resultat unseres Denkens und Handelns. Nehmen wir das Beispiel Mostobst: Ein halber Liter Apfelsaft kostet im Restaurant 5 bis 6 Fr. und die Äpfel darin 20 Rappen. In unserem sogenannten «Wirtschaftssystem» werden diese 4.80 bis 5.80 Fr. als Wertschöpfung wahrgenommen, während die 20 Rappen für die Äpfel als Unkosten gelten und im internationalen Markt immer noch zu teuer sind. Im Moment sehe ich leider keine Korrekturmöglichkeit in der gegenwärtigen Gesellschaft. Deshalb sehe ich für die Bauern keine andere Möglichkeit, als dem Boden grösstmögliche Sorgfalt beizumessen, bis die Produkte wieder den Wert haben, den sie vor Ort effektiv kosten.

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