Stefan Oberholzer engagiert sich nicht nur als Bauer für einheimische Christbäume. Er setzt sich auch als Präsident der IG Suisse Christbaum für sie ein.
Noch ist in der ersten Dezemberwoche auf dem Hof von Stefan Oberholzer wenig los. Nur wenige Kundinnen und Kunden lesen sich je nach Vorliebe eine Nordmannstanne, Blaufichte, Weissfichte, Silbertanne, Korktanne usw. als Christbaum aus. Doch Dutzende geschlagene Bäume lassen erahnen, dass sich dies schon bald ändern wird.
"Jeweils ungefähr ab dem 10. Dezember sind wird praktisch ununterbrochen im Einsatz", sagt Stefan Oberholzer. "Erst am 24. Dezember um 18 Uhr ist Schluss. Das macht uns aber nichts aus. Denn in den zwei Wochen vor Weihnachten können wir ernten, was wir über Jahre gehegt und gepflegt haben."
Schweizer Christbaum fördern
Oberholzer bezeichnet seinen Betrieb im Bubental bei Flawil mit den vier Hektaren Christbaumkulturen als kleinen Fisch. Da hat er Recht, wenn man den Blick Richtung Nordeuropa ausweitet. Denn dort ist es nicht unüblich, dass ein einziger Produzent eine Fläche bewirtschaftet, die so gross oder grösser ist als jene aller Schweizer Christbaumproduzenten zusammen (siehe Kasten).
400'000 einheimische Christbäume
In den Schweizer Wohnzimmern stehen jedes Jahr rund eine Million Christbäume. 60 Prozent davon werden nach wie vor importiert. Von den verbleibenden 40 Prozent Schweizer Christbäumen stammen 25 Prozent aus Durchforstungen in den Wäldern. 75 Prozent züchten die rund 600 Produzenten auf ungefähr 560 Hektaren. 230 Produzenten sind in der IG Suisse Christbaum vereinigt. Eine Christbaumkultur von einer Hektare vermag in zehn Jahren bis 145 Tonnen CO2 zu binden und gibt 105 Tonnen Sauerstoff ab. mb
Angesichts dieser Übermacht ist es für Oberholzer unerlässlich, den Schweizer Christbaum unermüdlich zu fördern, zum Beispiel mit der IG Suisse Christbaum. Der Flawiler ist seit etwas mehr als einem halben Jahr deren Präsident. Erste Erfolge kann die IG im Bereich Grossverteiler bereits verbuchen. "Die IG organisiert die Bäume von den Bauern", sagt der Präsident. "Sie können die Christbäume dann an vier regionale Stellen anliefern. Von dort gelangen diese über einen Händler in die Coop Verkaufsstellen." Kommt dazu, dass der Schweizer Christbaum vor zehn Jahren noch fast kein Thema war und heute immerhin schon in 40 Prozent der Schweizer Stuben steht.
Neue Sorten im Gespräch
Oberholzer ist sich bewusst, dass die Anstrengungen weitergehen müssen. "Wir sind deshalb daran, uns Ideen einfallen zu lassen, mit denen wir noch besser auf unsere Produkte aufmerksam machen können", sagt der Landwirt. "Wir müssen professioneller werden und für den Schweizer Christbaum lobbyieren." Zudem ist die IG dem europäischen Verband angeschlossen. "Wir sind zwar Konkurrenten. Doch jedes Jahr treffen wir uns mit Produzenten aus verschiedenen Ländern, um Erfahrungen und Tricks auszutauschen."
Dort kommen auch neue Sorten zur Sprache. Denn nur ungern erinnert sich Oberholzer an die beiden Winter 2011 und 2012 mit der enormen Kälte. Ab minus 15 Grad Celsius über mehrere Tage wirds kritisch. Bei Minustemperaturen im April oder Mai kann der neue Trieb absterben und alle Bemühungen zunichte machen. "Deshalb sind wir immer wieder auf der Suche nach Bäumen, welche die Kälte gut ertragen. In Frage kommen Herkünfte aus dem hohen Norden und Russland."
Gute Qualität
Oberholzers persönlicher Bezug zu den Christbäumen geht in seine Kindheit zurück. "Meine Eltern nutzten die gute Lage unseres Betriebs an einer stark befahrenen Strasse und bauten diesen Betriebszweig langsam auf", sagt er. "So wuchs in mir die Freude an diesen Bäumen." 2006 übernahm er den Hof und pflanzte 2007 seine erste Hektare Christbäume in Flächen, wo man sie auch gut pflegen kann. Später sind laufend neue Flächen dazu gekommen.
"Diese Kulturen sind langfristig ausgerichtet, brauchen Weitsicht, Geduld und oft auch starke Nerven. So vieles kann bei Frost, Gewitter usw. schief gehen. Doch ich bin begeistert von dieser Arbeit und übe sie mit Herzblut aus." Mit der Qualität der Bäume Jahrgang 2013 ist er zufrieden. "Die tiefen Temperaturen und das viele Wasser im ersten halben Jahr haben den Kulturen gut getan. Sie haben erst spät ausgetrieben. Zudem profitierten sie von der Wärme im Sommer."
Christbaum zelebrieren
Der schönste Moment im Jahr ist und bleibt für Stefan Oberholzer die Zeit des Verkaufs mit immer wieder besonderen Momenten. "Wenn Eltern ihren Christbaum aussuchen und die Kinder derweil in den Kulturen Versteckis spielen, so ist das sehr befriedigend, denn das passt zu unserer eigenen Einstellung", sagt er. "Wir wollen den Christbaum zelebrieren." Das bedeutet auch, dass die ganze Familie mit Eltern, Bruder, Schwager, Schwägerin usw. mithelfen. Ist einmal der 24. Dezember gekommen und 18 Uhr, so fallen nach dem Nachtessen alle erschöpft, aber überaus zufrieden in ihre Betten.
Keine Flächenentschädigung mehr
Bis anhin wurden die Schweizer Christbaumproduzenten vom Bund über die Fläche für ihre Leistungen entschädigt. Trotz Bemühungen konnte die IG Suisse Christbaum aber nicht verhindern, dass diese Beiträge in der AP 14-17 gestrichen wurden. Das bedeutet in der Folge, dass auch ökologische Leistungen kaum honoriert werden. Dabei ist der ökologische Aspekt dieser Produktion nicht unerheblich. Bei Raumplanungsfragen könnten Probleme entstehen, da es sich bei Christbäumen nicht mehr um landwirtschaftliche Kulturen handelt. "Wir sind enttäuscht", sagt der Geschäftsführer Philipp Gut. "Bauern werden immer wieder aufgefordert, nach Nischen zu suchen, werden in diesem Fall aber für ihre Initiative bestraft." Er ist sicher, dass in der Umsetzung noch einige Schwierigkeiten auftauchen werden, denn vieles sei noch unklar. mb