Er sei im Kreise seiner Familie friedlich eingeschlafen, teilte die Fielmann-Gruppe am Freitag mit.
Drei Landwirtschaftsbetriebe
Noch bis 2019 war Fielmann Konzernchef, zuletzt gemeinsam mit seinem Sohn Marc. In seinen letzten Berufsjahren erfüllte sich Günther Fielmann einen Herzenswunsch und übertrug die Führung nach und nach an den Junior. Er wollte keinen familienfremden Manager an der Spitze und sein Lebenswerk in der Familie halten.
Nach dem Wechsel zog er sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück, widmete sich vor allem der Bio-Landwirtschaft und züchtete auf seinen drei Betrieben in Schleswig-Holstein Pferde, Limousin-Rinder und Schafe. Auf seinem Hof Lütjensee züchtete er gefährdete Haustierrassen wie das Angler Sattelschwein oder das Kärntner Brillenschaf.
2000 ha
Der Unternehmer sah sich immer als ein naturverbundener Mensch vom Land – auch wenn er gern Ferrari fuhr. «Das Leben auf dem Land hat mich geprägt», sagte er in einem Buch zu seinem 75. Geburtstag. «Schon als Kind träumte ich von einem eigenen Bauernhof.»
Mit wachsendem Erfolg als Unternehmer erfüllt er sich bereits Mitte der 1980er-Jahre seinen Herzenswunsch. Mehr als 2300 Bio-Artikel gibt es im Hofladen von Hof Lütjensee unter der Marke Lütjensee zu kaufen. Fielmann gehörten das rund 1600 Hektar grosse Gut Schierensee, das 470 Hektar grosse Gut Marutendorf, ein Demeterbetrieb in Achterwehr, der 180 Hektar grosse Hof Möglin in Krummwisch und der Hof Lütjensee in Schleswig-Holstein. Fielmann lebte auf dem Hof Schierensee.
Auch das Schloss Plön hat er gekauft und renoviert; dort werden Augenoptiker für die gesamte Branche ausgebildet.
Imperium aus dem Nichts geschaffen
Sein Imperium mit mehr als 1000 Niederlassungen und rund 23’000 Beschäftigten schuf der gebürtige Schleswig-Holsteiner aus dem Nichts. Nach einer unauffälligen Nachkriegsjugend, Optiker-Lehre und einem Berufsstart als Angestellter eröffnete Fielmann 1972 im Alter von 33 Jahren im niedersächsischen Cuxhaven sein erstes Geschäft.
Das war so etwas wie der Urknall in der verschlafenen Optiker-Branche, die Innovationen desinteressiert gegenüberstand. Fielmann begnügte sich mit einer geringeren Marge, schaltete den Zwischenhandel aus, gab den Kunden Garantien – der junge Unternehmer setzte auf strikte Kundenorientierung. «Der Kunde bist Du», gab Fielmann als Motto aus.
Durchbruch 1981
Der endgültige Durchbruch kam 1981, als Fielmann den Krankenkassen die Kassenbrille abhandelte und durch eine Vielzahl von modernen Modellen ersetzte. «Bis dahin musste jeder Brillenträger den Nachweis seines geringen Einkommens auf der Nase tragen», erinnerte sich Fielmann. Kassenbrillen wurden erstattet, wer mehr wollte, musste zahlen – die traditionellen Optiker erreichten so Margen von bis zu 30 Prozent.
In Kiel eröffnete Fielmann 1982 sein erstes Super-Center, ein Optik-Fachgeschäft neuer Dimension mit 7000 Brillen. In den achtziger Jahren erreichte die Fielmann-Kette eine Grösse, in der nicht mehr jede grosse Neueröffnung den Bestand des Unternehmens bedrohte.
Börsengang 1994
Es folgte der Börsengang 1994 und die Expansion ins Ausland, die allerdings verhalten blieb und sich vor allem auf die Schweiz und Österreich fokussierte. Zeitweise hatte Fielmann grössere Pläne in Europa, doch daraus wurde nie viel.
Erst mit dem Eintritt von Sohn Marc in den Vorstand kam ab 2015 mehr Schwung in die Expansion, vor allem südlich der Alpen in Norditalien und Slowenien. Das Unternehmen ist schuldenfrei, hoch liquide und zu mehr als 70 Prozent in Familienbesitz. Längst ist Fielmann nicht nur Händler und Handwerker, sondern auch Produzent von Brillen mit einem Produktionszentrum im brandenburgischen Rathenow.
Grosser Spender
«Es gibt auch eine Welt neben der Augenoptik», sagte er einmal der «Welt am Sonntag». Fielmann spendete viel – für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Ökologie und Naturschutz. Er hat seine Beschäftigten über Aktien am Unternehmen beteiligt und pflanzte seit 1986 für jeden von ihnen jedes Jahr einen Baum – bis heute mehr als 1,7 Millionen Bäume und Sträucher. Für seine Verdienste ernannte ihn das Land Schleswig-Holstein zum Ehrenbürger, eine seltene Auszeichnung.
Erst mit 50 Vater
Der Aufbau seines Unternehmens bedeutete viel Arbeit, viel Zeit für Privatleben blieb nicht. Der Unternehmensgründer hat spät mit 48 Jahren geheiratet und Kinder bekommen. Seine Frau Heike Fielmann, mit der er fast 13 Jahre verheiratet war, lernte er in der Fielmann-Zentrale kennen, wo sich die damals 19-jährige Studentin als Brillenmodel etwas dazuverdiente.
So betrug der Altersabstand zu seinem Sohn Marc 50 Jahre, zu Tochter Sophie-Luise noch mehr. Später bereute Fielmann öffentlich, erst spät Vater geworden zu sein. Die Übergabe an die nächste Generation ist jedoch rechtzeitig geglückt.


