Lukas Berger hält Weisse Alpenschafe und ist seit 100 Tagen Präsident des Schweizerischen Schafzuchtverbands.
Der diplomierte Gemeindeschreiber und Bauverwalter der Gemeinde Aeschi bei Spiez BE hatte letzte Woche Ferien. Wie viele andere Schäfer ist er zu Hause geblieben, um seine Leidenschaft auszuleben – seine Schafe. Damit ist Lukas Berger, seit 100 Tagen Präsident des Schweizerischen Schafzuchtverbands (SSZV), ein typischer Schäfer. Ein Nebenerwerbslandwirt mit etwa zwei Dutzend Mutterschafen, zwei bis drei Zuchtwiddern und einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 4 ha in der Bergzone II.
Die Alp im Blick
Vor etwa einem Jahr konnte er die gepachtete Fläche direkt vor seinem Wohnhaus, unter dem sich auch sein Schafstall befindet, erwerben. Mitte Mai hat er die meisten Schafe zur Sömmerung auf die Alp Obere Hutte am Niesen gebracht. Die etwa 10 ha grosse Alp ist schon länger im Familienbesitz. Sie liegt so nah, dass er seine Schafe vom Wohnzimmerfenster aus sehen, ja mit einem Fernglas sogar zählen kann. Trotzdem geht er ein- bis zweimal wöchentlich zu ihnen. Zu Fuss ist er ab Wimmis etwa 45 Minuten unterwegs. Einige knapp halbjährige Jungtiere lässt er zu Hause oder auf einer Weide in Reichenbach, damit sie nicht zu früh gedeckt oder in dem Gebiet mit hoher Luchsdichte gerissen werden. Er selbst, sein Vater oder beide zusammen schauen alle zwei Tage nach ihnen.
Aufgewachsen mit Weissen Alpenschafen
Sein Vater Christoph Berger ist ehemaliger Grossrat und war jahrelang Präsident des Verbands Bernischer Schafzuchtgenossenschaften (VBS). Inzwischen ist er vorzeitig in Pension gegangen und seinem Sohn eine wertvolle Unterstützung. «Ohne seine Hilfe wäre es mir nicht möglich, den Beruf, das Amt, das mich etwa einen Tag pro Woche beschäftigt, und die Schäferei unter einen Hut zu bringen», meint Berger.
Er züchtet Weisse Alpenschafe (WAS). Mit diesen ist er aufgewachsen. «Für mich persönlich ist das WAS tipptopp, Lämmer sind in 90 bis 100 Tagen schlachtreif, sie sind gut zu halten und für unser Klima gut geeignet», schwärmt er.
Wichtiger Ausgleich
Es ist vor allem samstags, dass er sich um seine Schafe kümmert. «Diesen Tag für meine Schafe zu reservieren, ist mir nicht nur wichtig, sondern sogar heilig», betont er. Zumal die Schäferei für ihn auch ein Ausgleich ist. Das Heuen im Sommer, das Ausmisten im Winter, das Füttern, die Klauenpflege und zahlreiche weitere körperlich fordernde Tätigkeiten zu verrichten, seien als wichtiger Ausgleich zum Büroalltag als Gemeindeschreiber sogar notwendig.
Vor wenigen Wochen erst hat er einen Stallanbau fertiggestellt. Der Anbau diene vor allem dazu, der bestehenden Herde mehr Platz zu bieten. Berger erklärt: «Unsere Schafe sollen sich wohlfühlen und Platz haben.» Auch die Lämmer – denn wenn diese geboren werden, wächst der Bestand schnell mal auf das Doppelte an. Derzeit nutzt er den neuen Anbau aber noch dazu, das soeben frisch geerntete Heu, zu grossen Rundballen gepresst, zu lagern.
Grosse Vielfalt in Schafzuchtbetrieben
Trotz vielseitiger Herausforderungen war es ihm während der ersten 100 Tage als oberster Schäfer möglich, schweizweit viele Veranstaltungen und Versammlungen zu besuchen, um Kontakte zu knüpfen. «Mir ist vor allem aufgefallen, wie unterschiedlich die Strukturen der Schafzuchtbetriebe sind, von Spitzenzuchtbetrieben mit vergleichsweise kleinen Beständen bis hin zu professionellen Schafzüchtern, die von ihren Schafen leben», erzählt Berger.
Bei Lukas Berger spürt man die Leidenschaft für die Schäferei. Manchmal bleibt ihm auch etwas Zeit, um im Keller seines Wohnhauses gemütlich eingerichteten Schäfer-Stübli, dekoriert mit zahlreichen Glöckchen und Preisen, die er an Ausstellungen gewonnen hat, ein Bier zu trinken und die Ruhe zu geniessen.