Auf einer Schaf-Alp im Kanton Glarus hat Bruno Zähner Herdenschutz eingerichtet, obschon in der Region noch kein Wolf nachgewiesen wurde. Nun hat er den Verein für ökologische und sichere Alpbewirtschaftung gegründet.
«Schweizer Bauer»: Befürworten Sie die Forderung, dass die Schweiz die Berner Konvention kündigt, damit der Wolf jagdbar wird?
Bruno Zähner: Der Wolf an sich ist für mich ein sekundäres Thema. Die Berner Konvention ist für mich aber ein wichtiger Grund, weshalb ich die Vereinigung für ökologische und sichere Alpbewirtschaftung (Vösa) gegründet habe. Bis die politischen Abläufe passiert sind, sterben auf unseren Alpen zu viele Schafe, bis man endlich handeln kann. Mir geht das zu langsam. Ich möchte einen Verein, der schnell, sofort und effizient unterstützen kann. Ob man die Abschusskriterien lockert oder nicht, ist eine politische Sache, und da engagieren wir uns nicht.
Sie beziehen also keine Stellung?
Richtig. Wir wollen nur die Probleme, die jetzt in den Alpen bestehen, lösen und Situationen, die jetzt bestehen, verbessern, und setzen uns für eine ganzheitliche Alpbewirtschaftung ein. Wir wollen Sicherheit für Tiere vor Umwelteinflüssen wie Wind und Wetter und natürlich vor Grossraubtieren, indem man einen effizienten Herdenschutz und eine Behirtung integriert. Wir wollen uns aber auch dafür einsetzen, dass dem Alp-Personal gute Hütten zur Verfügung stehen zum Schlafen und eine korrekte Entlöhnung für die geleistete Arbeit.
Für Herdenschutz und Behirtung gibt es mit der Agridea bereits einen Ansprechpartner. Braucht es da den neuen Verein wirklich?
Die Agridea hat klare Vorgaben vom Bund, wo Hilfe geleistet werden kann. Wir können als private Organisation auch präventiv handeln und Herdenschutz und Behirtung jetzt schon in Regionen ansiedeln, die noch nicht im Perimeter 1 mit nachgewiesener Wolfspräsenz sind, und wo die Agridea nicht handeln kann. Hinzu kommt, dass ich als Initiant aus der Praxis komme, ich bin selbst sechs Jahre zur Alp gegangen. Mich könnte man irgendwo auf eine Alp stellen, und ich wüsste in etwa, was ich zu tun hätte. Diese Praktiker fehlen mir in anderen Organisationen. Wir wollen aber mit der Agridea und anderen Beratungsstellen, sogar mit Gruppierungen, die sich klar für den Wolf entscheiden, aber zum Teil ähnliche Bestrebungen haben, Synergien nutzen und optimal zusammenarbeiten.
Woher nehmen Sie das Geld, um präventiv zu arbeiten?
Wir wollen private Gelder generieren von Leuten die Interesse und Freude haben an den Bergen, und die dafür sind, dass Herden behirtet und Schafe besser geschützt werden. Private Gönner können jährlich 120 Franken oder 2400 Franken in Form einer Hunde-Patenschaft einzahlen, Firmen 600 Franken. Zurzeit sind zum Beispiel eine Elektro-Industrie-Firma beigetreten, oder eine aus der Bau-Industrie.
Es würden Hunderttausende von Franken benötigt. Finden Sie genügend Firmen, die bereit sind, so viel Geld einzuschiessen?
Wenn die Wölfe zunehmen und Rudel bilden, umso grösser wird der Perimeter 1, und umso aktiver muss auch der Bund werden und endlich die benötigten Gelder zur Verfügung stellen.
Das ist bis heute aber nicht der Fall. Das Budget des Bundesamts für Umwelt (Bafu) beträgt unverändert rund 800000 Franken.
Wir wollen versuchen, Druck auf diese Stellen zu machen. Aber auch wenn der Bund aktiver wird, gibt es immer noch Randgruppen, die zu wenig unterstützt werden und für die sich die Vösa stark machen kann.
Also doch auch politisch aktiv werden?
Ja, in dieser Sache wollen wir Druck machen. Das Geld kann nicht nur von der Vösa kommen, es braucht auch Geld von der obersten Instanz.
Einige Schäfer kritisieren Sie bereits, zu den Wolfs-Befürwortern übergegangen zu sein, und fragen sich sogar, wie Sie die Leitung des neuen Vereins mit ihrem Amt als Präsident der Sektion Schafe beim BGK vereinbaren können?
Für mich sind das zwei Paar Schuhe. Der BGK setzt sich für die Beratung der Schafhalter im Gesundheitsbereich ein. Die Vösa bezieht sich auf die Alpbewirtschaftung. Da gibt es für mich keine Schnittpunkte. Klar ist für mich: Wenn bei mir auf der Alp Schafe gerissen werden, kann ich das nicht akzeptieren und muss handeln. Ich kann aber auch handeln, indem ich meine Herden so gut wie möglich schütze. Bin ich aber gegen den Wolf, dann blockiere ich mich, und ich bin nicht darauf vorbereitet, wenn er kommt. Wenn ich für den Wolf bin, nehme ich es zu locker, und wenn er kommt, habe ich trotzdem ein Problem. Ich will mich daher mit dem Pro und Contra gar nicht auseinandersetzen, sondern nur mit der Tatsache, dass er kommt, ob ich will oder nicht.
Ist es für Sie denkbar, dass in einigen Regionen Alpen nicht schützbar sind und die Wölfe dort abgeschossen werden müssen?
Ja, das ist für mich definitiv auch eine Option. Auch wenn der Herdenschutz nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt wird, es aber trotzdem zu Übergriffen kommt, halte ich Abschüsse für gerechtfertigt.