Napoleon ist gerade mal 80 Zentimeter hoch – und viel grösser wird er auch nicht mehr. Der etwa acht Monate alte Dexter-Stier leidet an einem Gendefekt und wächst deshalb nicht mehr.
Nun ist der junge Stier, ein Dexter-Rind, auf einem Gnadenhof im Süden Deutschlands untergekommen – wo er seinesgleichen fand: Dort leben schon zwei kleinwüchsige Rinder.
Grosse Kuh hat Napoleon «adoptiert»
Angefreundet habe er sich aber ausgerechnet mit der grössten Kuh namens Laura, sagt der Inhaber des Schneider-Hofes oberbayerischen Wörth, Lukas Becker. Laura, im vergangenen Jahr vor dem Schlachthof gerettet, habe ihn «adoptiert».
«Äusserlich ist er topfit und pumperlgsund», sagt Becker über Napoleon. Bei kleinwüchsigen Tieren komme es aber gelegentlich vor, das Organe nicht richtig arbeiten. «Wir werden oft angefragt wegen solcher Kümmerlinge, weil es sich nicht lohnt, die durchzufüttern.»
Gendefekt
Dexter ist eine kleine robuste Mutterkuhrasse. Es handle sich um die kleinste Rinderrasse in Mitteleuropa, sagt der Vorsitzende des Dexter Verbandes Deutschland, Walter Reulecke. Ihren Ursprung haben sie in Irland. Bei normalen männlichen Tieren beträgt die Schulterhöhe im Schnitt etwa 112 Zentimeter. Da die Tiere nicht so schwer sind wie andere Rinder, verursachen sie weniger Trittschäden und sind gut für Naturschutzflächen geeignet. Dexter sind anspruchslos in Futter und Haltung. Sie sind gute Futterverwerter und können ohne Kraftfutter ins Fleisch wachsen. Dexter sind frühreif und sehr langlebig.
Bei einigen Dexter-Rindern kommt eine Fehlbildung namens Chondrodysplasie vor. Ein Gendefekt bewirke, dass das Längenwachstum der Knochen frühzeitig endet, weil der Knorpel früh verknöchert, schreibt der Bayerische Rundfunk. Die kurzbeinigen Tiere gebe es vor allem in England, da dort mit Trägern des Gendefekts weiter gezüchtet werde, sagt Reulecke zum TV-Sender.
Napoleon ist gesund
Der Verband Dexter Deutschland züchte nur Tieren ohne Gendefekt, so dass die kurzbeinigen Tiere seltener vorkommen - auch aus Tierschutzgründen. «Wir wollen vitale gesunde Nutztiere», so Reulecke weiter. Tiere mit kurzen Beinen wie Napoleon seien nicht grundsätzlich krank. Sie könnten normal leben bis zu einem Alter von acht oder zehn Jahren.
Napoleon landete denn auch zufällig auf dem Gnadenhof. Der Tierschutzverein München kaufte den jungen Stier von einem Bauern ab. Mit einer Zwischenstation landete er schliesslich auf dem Gnadenhof. Napoleon ist kerngesund. «Wir hoffen, dass er so alt wird wie es nur geht und dass er noch viele schöne Jahre bei uns haben kann», sagt der Gnadenhofbewirtschafter.