Die Wettbewerbskommission (Weko) hat eine Untersuchung gegen mehrere Gross- und Detailhandelsunternehmen und den Zahlungsabwickler Markant eröffnet. Das Verfahren betrifft allfällige wettbewerbsbeschränkende Massnahmen gegenüber Lieferanten von Gütern des täglichen Bedarfs.
Neben der Markant Handels- und Industriewaren-Vermittlungs AG sind von der Weko-Untersuchung insgesamt 15 Gross- und Detailhändler betroffen, wie der Stellvertretende Weko-Direktor Frank Stüssi am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP bekannt gab.
Darunter befinden sich prominente Schweizer Detailhändler wie Landi, Loeb, Manor, Spar, Valora und Volg. Zu den weiteren Unternehmen zählen etwa die auf Süsswaren und Snacks spezialiserte Cruspi SA, welcher unter anderem die Marken Haribo, Maoam, und Ritter Sport vertreibt oder die Migros-Tochter Saviva.
Druck auf Lieferanten
Als Grund für die Untersuchung nennt die Weko mutmassliche Absprachen zwischen den Detailhändlern und Markant. Lieferanten seien dazu angehalten worden, das Inkasso über Markant abzuwickeln. Die Rede ist dabei insbesondere von der Androhung von «kollektiven Auslistungen von Gütern des täglichen Bedarfs».
Will heissen: Falls die betroffenen Lieferanten nicht bereit sind, ihre Geschäfte über Markant abzuwickeln, fliegen ihre Produkte aus den Regalen. Die von den Lieferanten an Markant bezahlten Gebühren wurden dann laut Weko angeblich teilweise an die Gross- und Detailhändler ausbezahlt.
Hausdurchsuchungen durchgeführt
Im Rahmen der Untersuchung prüfe die Weko nun, ob diese mutmasslichen Vereinbarungen unzulässige Wettbewerbsbeschränkungen darstellten. Sie wurde dazu bei mehreren Unternehmen vorstellig: «In den letzten beiden Tagen fanden Hausdurchsuchungen statt», so Stüssi weiter. Wo genau diese stattfanden, gibt die Weko nicht bekannt.
Bis ein Ergebnis der aktuellen Untersuchungen vorliegt, könnte es indes eine Weile dauern. «In der Regel rund zwei Jahre», sagt Stüssi. Die Verfahrensdauer sei von verschiedenen Faktoren abhängig. Dazu zählen etwa die Komplexität des Falles, die Anzahl Unternehmen und vor allem die Kooperationsbereitschaft der betroffenen Firmen.
Volg überrascht
Auf Anfrage bestätigt eine Sprecherin von Volg, dass in diesem Zusammenhang am 1. September eine Hausdurchsuchung durchgeführt worden sei. Die genauen Hintergründe der Untersuchung seien dem Unternehmen aber noch nicht bekannt. Jedenfalls komme die Untersuchung für Volg «überraschend» und man habe den Behörden die volle Kooperation zugesichert.
Gegen die Übernahme von leistungsfremden Gebühren hat der Markenartikelverband Promarca Anzeige bei der Wettbewerbskommission erstattet. Dabei gehe es um mutmassliche Verstösse gegen das Kartellgesetz wegen des Missbrauchs von Nachfragemacht, sagte Promarca-Geschäftsführerin Anastasia Li-Treyer im Juni zur «SonntagsZeitung».
Drohbriefe von Migros
Die Migros setze Hersteller mit Drohbriefen unter Druck. In Preisverhandlungen verlange die Migros derzeit auf Kosten von Lieferanten eine Preisreduktionen von 10 Prozent. Harte Preisverhandlungen habe es immer gegeben, sagte Li-Treyer. Doch der Umgangston sei nun aber sehr ruppig geworden. Wer nicht spurt, dem droht der Rauswurf. Einige Lieferanten sprechen von «amerikanischen Methoden», welche die genossenschaftlich organisierte Migros anwende, so Promarca.
Auch landwirtschaftliche Lieferanten hatten sich zuletzt gegen die Gebühren durch Markant zur Wehr gesetzt. So wurde eine bäuerliche IG gegründet, die sich gegen die Übertragung der Fakturierungskosten einsetzt.
Die Migros gab sich gelassen. Man werde darlegen können, dass der Vorwurf nicht zutreffe, sagte eine Migros-Sprecherin der Zeitung. Viele Mitglieder der Promarca seien internationale Multies, die für identische Produkte in der Schweiz höhere Preise als im Ausland verlangten, hiess es in diesem Zusammenhang weiter.
Detailhändler senken Preise
Doch die Migros will beim Preis weiter aufs Gas drücken. So wurde unlängst bekannt, dass die Migros bei 1500 Artikeln die Preise senken will. Und hier sind auch die Lieferanten, also auch die Bauern, betroffen. Denn die Hersteller könnten den Preisdruck an die Landwirte weitergeben. 75 Prozent der Einsparungen will die Detailhändlern selber tätigen, insbesondere bei der M-Industrie.
«Aber es kann nicht sein, dass wir diesen Effort allein machen. Deshalb führen wir Verhandlungen mit den grossen Markenherstellern, wie dies übrigens alle Detailhändler seit Jahrzehnten tun», sagte Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen im Juli zur NZZ.