Immer mehr Schweizer Bauern kaufen deutsches Agrarland. Warum dies vielen deutschen Bauern sauer aufstösst, erklärt Stefan Leichenauer, Vorstandsmitglied des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes.
«Schweizer Bauer»: Haben Sie Angst vor den Schweizer Bauern?
Stefan Leichenauer: Ich kann nicht sagen, dass wir Angst vor den Schweizer Bauern haben. Ich persönlich habe auch ein ganz gutes Verhältnis zu ihnen. Das Problem ist aber, dass Schweizer Landwirte, die auf deutschem Boden Land besitzen, von der EU dieselbe Förderprämie kriegen wie ein deutscher Landwirt. Zudem können sie ihre Produkte dann noch zollfrei in die Schweiz importieren und zu höheren Preisen verkaufen. Das stinkt mir an der ganzen Sache.
Wie viel Geld kriegen Sie denn von der EU?
300 Euro pro Hektare.
Durch die Aufhebung des Euro-Mindestkurses ist deutsches Landwirtschaftsland für Schweizer Bauern noch billiger geworden. Schlagen nun viele Schweizer Bauern zu?
Seit der Aufhebung ist es für die Schweizer noch interessanter geworden, Geld in deutsche Äcker anzulegen. In der Schweiz ist es ja kaum noch möglich, Land zu kaufen. So gibt es Schweizer Bauern, die auf deutschem Boden über 100 Hektaren bewirtschaften.
Können die Deutschen ihrerseits auch in der Schweiz Land kaufen?
Nein. Dafür bräuchte der deutsche Bauer einen Betriebssitz in der Schweiz. Wir haben auch tatsächlich versucht, in der Schweiz einen Betrieb zu kaufen. Es war nicht möglich. Uns wurden solch hohe Auflagen gemacht, und wir hätten für Abklärungen allein einen Vorschuss von über 40'000 Franken leisten müssen.
Wie viel deutsches Agrarland ist heute in Schweizer Hand?
Es sind etwa 4000 Hektaren. Dies sind etwa 1000 Hektaren mehr als noch vor zehn Jahren.
Es wird aber kein deutscher Bauer gezwungen, sein Land an einen Schweizer Bauer zu verkaufen?
Das ist richtig. Letztlich sind es deutsche Landwirte oder Erbengemeinschaften, die das Land den Schweizern verkaufen. Aber es ist ja auch ganz normal, dass sie das Land dem geben, der am meisten dafür bezahlt, und momentan ist es der Schweizer, der am meisten zahlt.
Was müsste sich denn in Ihren Augen ändern?
Es wäre nur fair, wenn der Schweizer Landwirt seine Erzeugnisse auch verzollen müsste. Der EU-Politik kreide ich zudem an, dass sie den Schweizern Fördergelder bezahlt. Ich stelle auch fest, dass deutsche Bauern von der Politik immer im Stich gelassen werden, egal, welche Farbe die regierende Partei gerade hat. Wir haben auch nicht eine solch starke Agrarlobby wie die Schweizer. Mir ist es aber wichtig, dass kein Keil zwischen deutsche und Schweizer Bauern getrieben wird. Nochmals: Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu den Schweizern, aber es gibt halt schwarze Schafe, die die aktuelle Gesetzeslage ausnutzen.
Grenzgebiet
Gemäss dem Abkommen im Rahmen der bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der Europäischen Union regelt das Freizügigkeitsabkommen unter anderem, dass Schweizer Landwirte ganz legal auf deutschem Staatsgebiet Landwirtschaftsflächen pachten, erwerben, besitzen und bewirtschaften können. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen, die heute in Schweizer Bauernhänden sind, hat sich in den vergangenen 15 Jahren etwa verdoppelt. Heute bewirtschaften Schweizer Landwirte nach Angaben von Stefan Leichenauer, Vorstandsmitglied des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes, rund 4000 Hektaren Land. rab