David Conradin imkert, seit er 14 ist - und lernt doch noch jeden Tag Neues über seine über 60 Bienenvölker im Münstertal. Ein Schnelldurchgang, vom Bienen-Herbst bis zum Bio-Honig.
“Was weisst du über Bienen?” Er kann ganz schön schief gucken, der
Imker David Conradin. Der Besucher zuckt zusammen. Hab ich mich gut genug
vorbereitet? Weiss er schon von meiner Bienenstich-Allergie? “Ich eben auch”,
sagt er, als man zugibt, dass es nicht allzu viel sei, “ich lerne jeden Tag
dazu.”
Es müssen viele Tausend Tage sein, an denen sich David Conradin
schon mit Bienen beschäftigt hat. Der Münstertaler imkert, seit er 14 ist und
ihm sein Vater in Santa Maria im Münstertal die Imkerei gezeigt hat.
Vier Millionen Einwohner
Conradins Bio-Betrieb ist ein eigenes, kleines Land mit mehr als vier
Millionen summenden Einwohnern. Über 60 Bienenvölker bewirtschaftet er,
zeitweise sind es gegen hundert, und wenn man davon ausgeht, dass so ein Volk
etwa 50 000 Bienen umfasst, kommt man auf diese stattliche Zahl. “Per Du bin
ich nicht mit allen”, witzelt Conradin.
Die Schweiz mag ein Binnen- aber kein Bienenland sein: Seit Mitte
der 90er-Jahre hat der Bienenbestand und die Anzahl Imker in der Schweiz um
rund ein Drittel abgenommen. Das Parlament schlug deswegen schon mehrmals
Alarm, es gab diverse Interpellationen. In den Städten kommt derweil das Imkern
wieder auf. “Es kann nie genug Bienen geben”, sagt Conradin, der solche
Bewegungen begrüsst. Die Gefahr einer Überzucht, von der jüngst Wissenschaftler
im ebenfalls imker-trendigen Berlin warnten, wonach die übermässige Zucht von
Honigbienen andere Arten wie Wildbienen und Hummeln gefährde, hält Conradin für
inexistent. “Die trinken sich doch nichts weg.”
Tour durchs Bienenjahr
In seiner Imkerei erwartet den Besucher eine perfekte Tour durch
das Bienenjahr. Plötzlich ist es, obwohl draussen noch Hochsommer, drinnen
Herbst. “Hier fängt mein Bienenjahr an”, sagt Conradin und zeigt die Flaschen,
in welche er das Zuckerwasser füllt, um seine Bienen zu füttern. Die Tiere
ziehen sich zusammen, schützen sich gegenseitig gegen die Kälte. Fett und
Eiweiss wird auf Vorrat gespeichert, die Drohnen werden aus dem Volk getrieben.
Der Winter kommt. Das Zuckerwasser, der Ersatz für den vormals geernteten
Honig, geht gut weg.
Im Frühling erwachen die Bienen aus der Winterstarre. Sobald die
Temperaturen über zehn Grad steigen, fliegen sie wieder los, und sobald Pollen
verfügbar sind, beginnt der Brutbetrieb, Conradin erweitert die Kästen für
seine Völker kontinuierlich - um bis zu zehn Waben.
Jetzt machen die Bienen auf dicke Hose. Es geht gegen Sommer zu,
die Pollentaschen, die sogenannten “Hosen”, sind gut gefüllt. Conradin kann
sich ans Ernten machen. Das ist der Moment, in denen manche Imker auch zur
Schutzkleidung greifen. Nicht so Conradin: “Ich weiss nicht mal mehr, wo meine
Handschuhe genau sind, geschweige denn der Schleier.” Eine Wabe hat über
hundert Zellen, die meisten sind voll von frischem Honig. Nur muss der Imker
die Bienen von der Wabe trennen. “Man klopft, man tätschelt, man streift.”
Und man wird auch mal gestochen “Jaja, das passiert, aber selten”,
meint Conradin. Zum Beispiel damals, als das Fernsehen ihn besuchte und er just
an dem Tag gestochen wurde, sich dann aber die ganze Zeit nichts hatte anmerken
dürfen, weil auch der tapfere Kameramann mitten im Schwarm stand.
Nach dem Schleudern ist der Honig freigelegt, etwa 15 Kilogramm
sind es am Ende einer Saison. Conradin imkert zu etwa 50 Prozent, nebenher
fährt er im Lieferdienst für die Bäckerei Bott in Müstair - die natürlich auch
seinen Bio-Honig verkauft.
Bio verbietet Ersatzstoffe
Die spürbarste Änderung für einen Bio-Imker seien nicht die
plastikfreien Waben und Kästen, sondern mehr das “Futter”: Conradin gibt seinen
Bienen nur Bio-Zucker. Über 2 Franken kostet das Kilo, andere Ersatzstoffe
verbietet die Bio-Richtlinie. Die Bienen “trinken” viel, 13 Kilo etwa pro Volk,
fast 1000 Kilo benötigt es also pro Bienenjahr.
Er ist Imker durch und durch und es ist ein ausgesprochen herziges
Detail, dass sein Vater noch immer dabei mitmacht. Wie ein Alt-Bauer, der vom
Hof ins Stöckli zieht, hat Conradin senior neben der grossen Baracke noch ein
kleines Bienenhaus mit etwa 20 Völkern. “Er ist 86 und beimkert sie immer noch
selber”, sagt der Sohn stolz. Die Conradins mögen jeden Tag noch dazu lernen -
aber sie wissen bestimmt einiges über Bienen.