Dicke Mäntel, Wollmützen, Handschuhe und Schals: So schützen sich Menschen gegen eisige Wintertemperaturen. Die Tierwelt kann auf solche Hilfsmittel nicht zurückgreifen. Sie hat jedoch zahlreiche Strategien entwickelt, um der Kälte die kalte Schulter zu zeigen.
Ein dickes Fell zu haben kann für Menschen manchmal nützlich sein. Für die meisten Wildtiere ist es sogar überlebenswichtig. Das Fell stellt eine isolierende Barriere dar, die den Körper vor dem Auskühlen bewahrt. Nur so halten die Tiere die eisigen Temperaturen aus und können erfolgreich überwintern.
Wie gut diese natürliche Isolationsschicht schützt, zeigen Bilder des Tierparks Goldau im Kanton Schwyz. Aufnahmen einer Infrarotkamera, die die Wärmestrahlung von Körpern misst und optisch darstellt, zeigt «Wärmelecks» der Tiere in leuchtendem Rot und Gelb, während die dichten Körperstellen in dunklem Blau und Violett erscheinen.
Die Bilder zeigen: Die gefilmten Steinböcke, Wisenten, Schneehasen, Wasservögel und Wildschweine verlieren nur an wenigen Stellen ihre Körperwärme. Bloss das Gesicht und die Beine leuchten auf den Aufnahmen.
Kälte: die grösste Gefahr
Wärmeverlust stellt im Winter die grösste Gefahr für die in der Wildnis lebenden Tiere dar. Viel schneller als beispielsweise das Fehlen von Nahrung kann Unterkühlung zum Tod führen.
Das Prinzip ist einfach: Je grösser die Oberfläche eines Körpers ist, umso mehr Wärme gibt er an die Umgebung ab. Besonders an exponierten Körperstellen - wie Beine und Arme, Kopf oder Ohren - verliert der Körper viel Wärme.
Sackt die Körperkerntemperatur eines Tieres ab, können viele Stoffwechselvorgänge in den inneren Organen nicht aufrecht erhalten werden, wie der Tierpark Goldau am Mittwoch mitteilte. Auch geht bei schlechter Isolation viel Energie verloren. Die Tiere bräuchten dadurch mehr Nahrung, die aber im Winter nicht zur Verfügung stehe.
Einkugeln, «warmes» Wasser ...
Ein Fell oder ein speziell isolierendes Winterkleid ist nur eine Möglichkeit zur Wärmedämmung. Winterfelle bestehen in der Regel aus längeren Deckhaaren und dichter Unterwolle. In Kombination schützen sie sehr effizient vor Wind und Kälte.
Die Tierwelt hat jedoch auch andere Überlebensstrategien entwickelt: Schneehasen drosseln bei grosser Kälte die Blutzufuhr zu ihren langen Ohren. Auf diese Weise wird dort weniger Wärme über das Blut an die Luft abgegeben. Wenn die Hasen ruhen, nehmen sie zusätzlich die Form einer Kugel ein - somit besitzen sie eine kleinstmögliche Körperoberfläche.
Wasservögel und Störche nützen die «Wärme» vermeintlich kalter Gewässer aus, in denen sie schwimmen. Denn bei Lufttemperaturen unter null Grad sind die Tümpel, Seen und Flüsse immer noch wärmer als die Umgebung. Und bei den Wisenten - eine europäische Bisonart - stellen sich die Jungtiere zwischen ihre Eltern und profitieren so von deren Wärme.
... Frostschutzmittel und Winterruhe
Auch kleinere Tiere haben sich gut an die harten Bedingungen im Winter angepasst. Die Hoffnung, dass Schädlinge wegen der aktuellen Kältewelle vermehrt sterben würden, wird sich gemäss dem Insektenforscher Jörg Samietz jedoch nicht erfüllen.
«Wir erleben eine normale Kälteperiode - besonders, wenn wir die Jahrmillionen in Betracht ziehen, während denen sich die Schädlinge an solche Temperaturen gut anpassen konnten», teilte der Experte der Forschungsanstalt Agroscope Chagnins-Wädenswil am Donnerstag mit. Entscheidend für die Vermehrung seien vielmehr die Bedingungen nach der Winterruhe.
Die meisten Insekten würden im Winter in einer Entwicklungsruhe mit stark reduziertem Stoffwechsel ausharren, so Samietz. Auch sei deren Blut mit einem natürlichen Frostschutzmittel versetzt. Auf diese Weise machen den meisten heimischen Arten selbst Temperaturen von unter minus zehn Grad nicht viel aus.
Parasiten setzen Bienen zu
Gleiches gelte für die Bienen, erklärte Vincent Dietemann von Agroscope Liebefeld-Posieux am Donnerstag auf Anfrage. Auch diese halten die Kälte gut aus - vorausgesetzt sie haben genügend Nahrung.
Dennoch erwartet Dietemann eine hohe Sterblichkeitsrate der Bienen im 2012 in der Schweiz: Wegen des relativ warmen Frühlings und Herbsts im letzten Jahr habe sich der Parasit Varroa stark vermehren können.
Die Bilder der Infrarot-Kamera finden Sie auf der Homepage des Tierparks Goldau: http://www.tierpark.ch/presse/index.htm


