In der Serie Junglandwirte besuchte der «Schweizer Bauer» den Betrieb von Rudolf und Andreas Wittwer. Zu Beginn des Jahres haben die Gebrüder den Biohof ihrer Eltern in Reichenbach im Kandertal gemeinsam übernommen.
«Schweizer Bauer»: Wie geht es Ihnen als junge Landwirte hier im schönen Kandertal?
Rudolf und Andreas Wittwer: Wir sind grundsätzlich zufrieden, mit Tieren, in der Natur zu arbeiten. Auch die Selbstständigkeit ist etwas sehr Schönes.
Sehen Sie auch Nachteile in der Selbstständigkeit?
Man ist natürlich viel gebundener. Aber auch das ist für uns nur bedingt ein Nachteil.
Sie haben einen relativ neuen Milchviehstall. Ich nehme an, Sie waren massgebend in den Entscheid, in die Milchproduktion zu investieren, involviert?
Ja. Wir haben noch Land pachten können, wodurch unsere Ställe zu klein wurden. Wir haben dann entschieden, an der Milchproduktion festzuhalten, und haben vor fünf Jahren einen neuen Laufstall gebaut. Dies, obschon wir den Betrieb extensiv bewirtschaften und unsere Kühe alle Hörner tragen. Wir stellen aber fest, dass dies sehr gut funktioniert.
Wir sind hier doch in der Bergzone II, sind Sie auf Futterzukäufe angewiesen?
Nein. Unser Ziel ist es, nicht den Stall zu füllen, um dann auf Zukäufe angewiesen zu sein. Unser Ziel ist, den Viehbestand der eigenen Futterbasis des Betriebes anzupassen.
Damit entsprechen Sie der Stossrichtung der neuen Agrarpolitik (AP).
Die jetzige AP ist eine Chance für die gesamte Berglandwirtschaft. Im Berggebiet hat es viele Stufenbetriebe, wodurch der Unterhalt von Gebäuden und Strassen gross ist. Die Bewirtschaftung der steilen Heuflächen und auch die Pflege von Weide- und Sömmerungsflächen sind arbeitsintensiv. Durch das jetzige System wird all dem mehr Rechnung getragen. So unter anderem auch dank den neuen Steillagenbeiträgen.
Bei Ihnen auf dem Hof arbeitet die ganze Familie im Betrieb mit?
Dadurch, dass wir nur bedingt mechanisieren können, arbeiten im Sommer ich, mein Bruder, meine Frau und meine Eltern auf dem Betrieb mit. Wir gehen aber auch noch einem Nebenerwerb nach.
Haben Sie Ihren Betrieb aufgrund der neuen AP angepasst?
Nicht viel. Wir machen etwas mehr Biodiversitätsförderfläche. Diese macht nun rund einen Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus.
Die Landwirtschaft zwischen Berg und Tal ist derzeit gespalten. Haben Sie auch Verständnis für Talbetriebe, die gegen diese AP protestieren?
Ja klar. Es ist natürlich tragisch, was jetzt mit den intensiven Tierhalterbetrieben passiert. Für uns setzt das System auch fragwürdige Anreize. Dass man auf schönsten Produktionsflächen im Tal Buntbrachen und Ähnliches fördert, verstehen wir nicht. Auch sollte man dem Tierwohl, sprich BTS und Raus, noch mehr Rechnung tragen. Auch die GMF-Beiträge sollte man dem Futterzukauf noch besser anpassen.
Wie hoch ist die Akzeptanz der derzeitigen Agrarpolitik in der Region Kandertal aus Ihrer Sicht?
Die frühere Generation ist noch sehr geprägt von den damaligen landwirtschaftlichen Schulen, die eine rein produktionsorientierte Landwirtschaft propagierten. Dies ist schwierig aus den Köpfen zu bringen. Das Problem ist, dass das hergestellte Gut am Markt nicht für den Wert verkauft werden kann, den es eigentlich verdient. Dieses Umdenken hat aber noch nicht stattgefunden.
Sie haben sich bereits darauf eingestellt?
Bereits unsere Eltern produzierten aufgrund der eigenen Futterbasis. Für uns war es nie logisch, dass man möglichst viele Tiere hat und Futter zuführen muss. Damit sind wir immer sehr gut gefahren, und auch die jetzige AP passt zu unserem Betrieb, und wir können davon profitieren.
Betrieb Wittwer
Zu Beginn des Jahres 2015 haben die Gebrüder Rudolf (31) und Andreas (33) Wittwer den Landwirtschaftsbetrieb ihrer Eltern im Kandertal übernommen. In Reichenbach BE auf einer Höhe von 700m bewirtschaften sie nun den 22-Hektaren-Bio-Milchbetrieb. In der Bergzone II halten sie 16 reine Simmentaler Milchkühe im 5-jährigen Freilaufstall. Auf eigener Futterbasis produzieren die Gebrüder Wittwer Industriemilch für die Aaremilch. Zudem bewirtschaften sie einen Sömmerungsbetrieb mit 20 Normalstössen auf 1100 Meter. rab