«Die grossen Käsesorten verteidigen ihre Pfründen»Dominik Flammer ist Autor des Standardwerks «Schweizer Käse» und hält die Eröffnungsrede an der 1. Käsefachtagung in Zürich. Er will auf Schweizer Frühstückbuffets keine geschmacklosen Scheiben mehr sehen.
«Schweizer Bauer»: Weshalb veranstalten Sie eine Käsefachtagung?
Dominik Flammer: Anlässlich der Zürcher Gourmesse wollen wir zusammen mit Bio Suisse und vielen Partnern aus der Käsebranche aufzeigen, welche Rolle innovative Käser und Käsehändler für die Zukunft des Schweizer Käses spielen. Denn sie sind es, die dem Schweizer Käse in den vergangenen zwei Jahrzehnten wieder zu einem Platz unter den Käseglocken in der Gastronomie und auch auf den Tischen der Käseliebhaber verholfen haben.
Was erwartet die Besucher an der Käsefachtagung?
Sie erfahren alles über die neusten Käsetrends, werden die neusten Kreationen kosten können und treffen unter anderem auch Käser, die ihren Bauern einen fairen Milchpreis zahlen können. Eine hochkarätige Gruppe von Käse- und Käsemarktkennern wird unter anderem auch darüber diskutieren, welche Rolle die grossen und für den Schweizer Käse wegweisenden Sorten wie Greyerzer, Emmentaler oder Sbrinz dabei spielen werden.
Wozu braucht es eine Käsefachtagung?
Seit dem Zerfall der planwirtschaftlichen Käseunion sind gut zwei Jahrzehnte vergangen. Viel hat sich verändert, Käser und Sortenorganisationen sind seither immer stärker mit dem freien Markt konfrontiert. Da gibt es Vorreiter wie etwa die Käsergemeinschaft «natürli zürioberland», die das erkannt haben. Und es gibt Käsereien, die strukturell trotz erstklassigem Handwerk in einer schweren Krise stecken. Gemeinsam mit Händlern, erfolgreichen Käsern, Affineuren und Gastronomen wollen wir Anregungen schaffen und Lösungsansätze aufzeigen.
Wer soll durch die Käsefachtagung angesprochen werden?
Vor allem jüngere Käser, insbesondere Produzenten der bekannten Sortenkäse, die mit ihrer Zukunft hadern. Und von denen gibt es viele, wie ich auf meinen Reisen durch die Schweiz immer wieder feststelle. Und selbstverständlich auch Bio-Käser, bei denen es noch eine grosse Innovationslücke gibt. Erfolgreiche Käser wie Fredy Bieri von «natürli zürioberland», der Bündner Bio-Käser Floh Bienerth oder der Vorkämpfer für den Schweizer Rohmilchkäse Rolf Beeler etwa werden von ihren Erfahrungen erzählen.
Welcher ist Ihr Lieblingskäse?
Zum Frühstück ein Mühlistein vom Toggenburger Spitzenkäser Willi Schmid, im Sandwich ein gereifter Alp-Greyerzer oder ein L’Etivaz und abends ein Vacherin Mont d’Or oder eine Tomme Fleurette vom Waadtländer Käsekönner Michel Beroud. Oder zum Weisswein ein Stück drei- oder vierjähriger Alp-Sbrinz. Das ist aber nur eine kleine Auswahl, denn zu meinen Lieblingskäsen gehören auch viele der neuen Käsekreationen, etwa aus Ziegenmilch oder solche mit blauem Schimmel.
Wieso setzen Sie sich für Schweizer Käse ein?
Weil die Schweizer Käser und ihre Käse Weltklasse sind. Vor allem weil sie das Handwerk beherrschen und weil sich die meisten nicht von der Rohmilchtradition haben verdrängen lassen. Doch ihnen muss man ein Gesicht geben und eine Geschichte. So wie das die Schweizer Winzer seit Jahren vormachen. Beim Wein sind es die Spitzenwinzer, die den Karren ziehe. Beim Käse ist es auch so, nur bremsen die grossen Sorten diesen Prozess viel zu stark ein, da sie noch immer in einem halbstaatlichen Korsett drin stecken und vor allem ihre Pfründen verteidigen. Und abgesehen davon will ich auf den Hotel-Frühstücksbuffets in der Schweiz künftig einfach keine einheimischen oder importierten, geschmacklosen Scheiben- oder Wachskäse aus pasteurisierter Milch mehr sehen.
Käsefachtagung
Die 1. Schweizer Käsefachtagung findet am Montag, 13. Oktober 2014, von 12.15 bis 17.30 Uhr anlässlich der Gourmesse im Zürcher Kongresshaus statt. Der Anlass wird von Dominik Flammer mit einer Eröffnungsrede über die Schweizer Käsetrends eröffnet. Vorträge über Bio-Käse, die Chancen des Käses im Handel und in der Gastronomie sowie eine Podiumsdiskussion ergänzen das Programm. Mit einer Degustation der neusten Käsekreationen, zusammengestellt vom Aargauer Käseaffineur Rolf Beeler.