Agnès Spielhofer Beroud wollte eigentlich die Käserei ihres Vaters weiterführen. Dann merkte sie aber, dass sie ihre eigene gründen musste. In einer ehemaligen Spenglerei in St-Imier BE macht sie nun Weichkäse.
Von der alten Spenglerei ist auf den ersten Blick nicht mehr viel zu sehen. Die Fassade glänzt mit modernen Blechelementen, die Türen haben einen knalligen Rotanstrich und oben auf dem Dach thront das Firmenlogo «O’Lait Fromagerie».
7 Sorten
Auf der Rampe neben dem Eingang zur Käserei stehen drei Kannen bereit. Bis oben gefüllt mit frischer Geissenmilch, direkt angeliefert vom Bergbauer aus der Region. Agnès Spielhofer Beroud, die Eigentümerin von «O’Lait Fromagerie», nimmt die Lieferung entgegen und macht sie sogleich bereit für die Weiterverarbeitung. In der ehemaligen Werkstatt einer alten Spenglerei entstehen heute Käsekreationen.
Spezialisiert hat sich Spielhofer Beroud auf die Produktion von Weichkäse: zwei Sorten aus Geissenmilch, fünf Sorten aus Kuhmilch. Dass Spielhofer Beroud ihren eigenen Käse herstellen möchte, war schon immer beschlossene Sache. Am Anfang ihrer Selbstständigkeit produzierte sie ihre eigenen Produkte in den Räumlichkeiten von Fromages Spielhofer in St-Imier BE.
Max Hugelshofer
Hindernisse als Chance
Der Familienbetrieb wird seit 2020 von Spielhofer Berouds Mann Florian und dessen Bruder geführt. In den letzten Jahren ist der Betrieb kontinuierlich gewachsen, was zu Platzproblemen und logistischen Hindernissen führte. Für Spielhofer Beroud der perfekte Anlass, ihre eigene Käserei aufzubauen. Sie ist in Rougemont im Kanton Waadt aufgewachsen. In der mehrfach ausgezeichneten Käserei «Fleurette» ihres Vaters Michel Beroud lernte sie das Handwerk für die Herstellung von Weichkäse.
«Mit meinem Vater konnte ich immer an neuen Käsekreationen herumtüfteln», erzählt sie. Die Leidenschaft für das Käsen liess sie nicht mehr los. Sie studierte Lebensmitteltechnologie an der Fachhochschule Zollikofen, wo sie ihren zukünftigen Mann Florian Spielhofer kennenlernte. Nach dem Studium arbeitete sie in der Käserei ihres Vaters und zog vier Jahre später zu Florian Spielhofer in die Nähe von St-Imier. Sie pendelte zwar noch einige Zeit zwischen dem Berner Jura und dem Waadtland, merkte aber schnell, dass wegen der Distanz eine Übernahme des Betriebes ihres Vaters nicht möglich war.
Langjähriger Traum
Also entschied sie sich, ihre eigene Käserei zu gründen. Damit erfüllte sie sich einen langersehnten Traum: «Für mich war immer klar, dass ich meinen eigenen Käse herstellen möchte, das gehört zur Familientradition». In ihrer eigenen Käserei in St-Imier kommt Spielhofer Beroud nicht mehr so oft zum Käsen. Ein eigener Betrieb heisst auch Büroarbeit, Kundenbetreuung und Besuche bei Lieferanten. Doch wenn sie selber Hand anlegen kann, dann funkeln die Augen. «Das ist jetzt mein Lieblingsmoment bei der Käseproduktion», schwärmt sie, als sie mit der Käseharfe die puddingähnliche Masse schneidet.
Max Hugelshofer
Bei der Produktion von Weichkäse darf diese Masse nicht zu klein, aber auch nicht zu gross geschnitten werden. Dafür braucht es viel Fingerspitzengefühl. Davon hat sie genug, das beweisen ihre Endprodukte. Denn diese können sich sehen und vor allem schmecken lassen. Ein ganz besonderer Käse ist der A1652. Der Name stammt von einem alten Militärbunker in der Nähe von Rougemont, in dem der Käse vier Monate lang reift.
Eine Idee, die Spielhofer Beroud zusammen mit ihrem Vater Michel hatte. «So haben wir doch noch unser gemeinsames Käseprojekt», sagt sie und lacht. Insgesamt vier Angestellte arbeiten heute bei «O’Lait Fromages», und Platz für mehr Käse wäre am neuen Ort auch vorhanden. «Momentan verarbeiten wir etwa 6500 Kilo Milch pro Woche. Mit der neuen Infrastruktur könnten wir die Produktion ausbauen», meint sie und fügt an: «Die Ideen für neue Käsekreationen gehen mir auf jeden Fall nicht aus».
Der Artikel erschien im Winter 2022 im Berghilfe-Magazin.