Blaise Hofmann stammt von einem Bauernhof oberhalb von Morges, ist heute Schriftsteller und bewirtschaftet einen Rebberg. Er hat eine Weltreise und ein Studium in Lausanne hinter sich, aber auch einen Sommer auf der Alp. Er scheint – wie viele mit ihm – ehrlich bewegt darüber, dass die Sicht auf die heutige Landwirtschaft und ihre Politik so unterschiedlich sein kann.
Das Buch, das Hofmann über die «Herausforderungen einer nachhaltigen Landwirtschaft in der Schweiz» geschrieben hat, stiess in der französischen Schweiz auf grosses Interesse. Noch bevor die Proteste im Um- und Inland losgingen, schien das Thema des Buches einen Nerv zu treffen.
SRF hat über das Buch berichtet:
Die Protagonisten
Im Buch kommen eine bunte Mischung aus Leuten aus der Landwirtschaft zu Wort: Hofmanns Cousin der mit seinem Bruder ein Milchviehbetrieb mit 80 Kühen führt und 750'000 Liter Gruyère-AOP-Milch produziert oder die Betriebsleiterin Anne Chenevard, die den Betrieb ihres Vaters 2017 übernahm, ausbaute und die Genossenschaft «Die faire Milch» mitbegründete.
Daneben gibt es auch andere Geschichte, beispielsweise Alix Pécoud der Jungbauer, der umstellt auf Bio und sein Getreide in Zukunft selbst mahlen will. Er träumt von einer harmonischen Landwirtschaft, die ihm sowohl in finanzieller als auch in ideeller Hinsicht die Existenz sichert.
Der Leser sitz mit am Tisch, wenn mit dem Nachbarbauer und ehemaligen Schulkollegen übers Glyphosat diskutiert wird und die sich Fronten verhärten. Aber auch Pierre-André Schütz trifft man. Dieser war Bauer bevor er zum Seelsorger wurde und kommt im Kapitel zum Thema Suizid zu Wort.
Niemand wird verurteilt
Mit Martin Pidoux, wiederum lässt es sich als Leser wieder etwas zuversichtlich in die Zukunft schauen. Der studierte Agronom hat lange an der Hochschule für Agrar-, Forst und Lebensmittelwissenschaften (Hafl) unterrichtet, führt nun den elterlichen Hof weiter und ist seit diesem Jahr Direktor von Prométerre. Er sieht vor allem, dass jede neue Abstimmung auch eine Chance sein kann über den Stadt-Land-Graben hinweg wieder ins Gespräch zu kommen.
Hofmanns Buch hat keine Lösung parat, um den Graben zwischen Land und Stadt zu verkleinern. Viel eher beschreibt es sachlich, wie dieser Graben zustande kam und versucht die beiden Seiten zu verstehen. Die historische und politische Aufarbeitung dafür fängt bereits beim ersten Weltkrieg und dem «Plan Wahlen» an. Sie gipfelt 1996 bei der Abstimmung über eine neue Agrarpolitik und endet sozusagen vor den Bauernprotesten. Dabei werden im Buch weder die Landwirtschaft noch die Konsumenten verurteilt.
Über die Osterfeiertage Zeit gefunden, ein hoch aktuelles Buch zu lesen über die aktuelle Gemütslage der Schweizer Bäuerinnen und Bauern und den Zustand der Landwirtschaft. Ungeschönt, unromantisiert - sehr empfehlenswert.#Landwirtschaftpic.twitter.com/BWUOzHCcPC
— Christian Tüscher (@chtuescher) March 31, 2024
Blaise Hofmann
Blaise Hofmann wurde 1978 in Morges im Kanton Waadt in eine Bauernfamilie geboren. Sein Vater ist einst vom Belpberg (BE) dorthin gezogen. Das Studium an der Universität Lausanne, das er für eine zweijährige Weltreise unterbrach. Seinen ersten Sommer als Schafhirte auf der Alp hielt er in Estive (2007) fest, ausgezeichnet mit dem Nicolas-Bouvier-Preis. Heute unterrichtet der Autor von rund zehn weiteren Büchern am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel und führt einen Weinberg am Genfersee.
Das Sachbuch «Die Kuh im Dorf lassen» hat 208 Seiten, ist beim Atlantis-Verlag erschienen und wurde aus dem Französischen von Yves Raeber übersetzt. Es kostet 24.90 Franken und kann hier bestellt werden .