Die Leserreise-Gruppe nähert sich langsam aber stetig den Rocky Mountains. Zuvor besuchten sie noch ein Unesco-Weltkulturerbe, bei welchem die Schwarzfuss-Indianer während Tausenden von Jahren nach Büffeln jagten. Das Etappenziel war Canmore, welches während den olympischen Spielen von Calgary 1988 die nordischen Disziplinen beheimatete. Mit Bildergalerie
Die Nacht verbrachte die Leserreise-Gruppe des „Schweizer Bauer“ in der Stadt Lethbridge. Diese befindet sich rund 70 Kilometer nördlich der Grenze zur USA und liegt auf 900 m.ü.M. Trotz der Höhenlage waren die Temperaturen sehr angenehm, das Klima ist deutlich wärmer und trockener als im 220 Kilometer nördlich liegenden Calgary. Die Geschichte von Lethbridge begann mit dem Bau eines Forts 1869, um dem Whiskeyhandel der US-Amerikaner mit den Indianern zu stoppen. Zudem wurde wenige Jahre später mit dem Kohleabbau begonnen.
Längste Eisenbahn-Stahlbrücke der Welt
Heute hat die Stadt rund 80’000 Einwohner, hat eine Universität und einen Junioreneishockeyclub, bei welchem der Schweizer NHL-Star Luca Sbisa (heute Anaheim) seine Karriere in Nordamerika begann. Lethbridge ist eine typische nordamerikanische Kleinstadt, mit vielen Einfamilienhäusern und lieblich gepflegten Alleen und Vorgärten. Im zweiten Weltkrieg wurden Einwohner Kanadas mit japanischem „Blut“ in Lethbridge interniert. Die Stadt hat aus diesem Grund einen japanischen Garten angelegt, um an die düstere Zeit zu gedenken. Bekannt ist die Stadt auch durch die weltweit längste Eisenbahnbrücke aus Stahl.
Am fünften Tag der Reise stand die Überfahrt in die Rocky Mountains auf dem Programm. Aufgrund des trockeneren Klimas wird in der Region fleissig bewässert. Dies geschieht kreisförmig und selbstfahrend. Trotz des regnerischen Wetters wurde aber emsig weiter gewässert.
Effiziente Bison-Jagd
Die Fahrt zum ersten Tagesziel, dem Buffalo-Jump, führte durch weite Ebenen, in der Regel ohne Büsche, aber mit viel, sehr viel Gras. Bis vor rund 240 Jahren war dies das Land der Schwarzfussindianer (Blackfoot-Indianer). Deren Haupternährungsgrundlage waren die Bisons, welche sie mit verschiedenen Methoden jagten. Die Blackfoots hatten keine Pferde und jagten die Tiere zu Fuss. So wurden die Bisons unter anderem bei den Wasserstellen bejagt.
Die effizienteste Art war die Jagd über die Felsen. Dabei legten die Blackfoot kleine Steinhäufen an, die sie mit Zweigen und Bisonduft versahen. Ein Indianer als Bisonkalb verkleidet schlich sich vor die Herde und ahmte mit Rufen ein junges Kalb nach. Hinter der Herde mimten andere Indianer Wölfe nach und stellten der Herde nach. Der als Bison verkleidete Indianer begann in Richtung Felsen zu rennen, die Leitkuh setzte sich ebenfalls in Bewegung. Zwischen den Steinhäufen schüttelten andere Indiander mit Tüchern. Die Bisons wichen so nicht mehr gegen rechts oder links aus, sondern die Indiander konnten sie so zu ihrem Ziel, dem Buffalo Jump, leiten.
Bis die Leitkuh sah, dass sie sich einer Klippe näherte, war es zu spät. Die Tiere stürzten über eine rund 30 Meter tiefen Felsvorsprung. Unten am Felsen warteten bereits andere Mitglieder des Stammes, welche die Tiere töteten und schlachteten. Die Blackfoot haben sämtliche Teile des Bisons wiederverwertet und sind gemäss den Angaben des Museums einer der wenigen Kulturen weltweit, die von einem einzigen Tier abhängig waren. Zu sehen gibt es die Ausstellung in einem in den Felsen gebauten Museum (ähnlich einer Kaverne). Seit 1981 ist der Buffalo Jump als Unesco-Weltkulturerbe anerkannt.
Wilde Büffel sind aber heute nur noch in Reservaten sowie in Zuchten zu sehen. Ihre Anzahl wird auf mehrere Hunderttausend geschätzt.
Schutz vor Bären
Nach dem Besuch des Felsen folgte die Fahrt durch die Foothillls. Die sanften Hügel erinnern stark an die Schweizer Voralpen. Nach einer zügigen Fahrt durch diese Foothills folgte der Weg dem Bow-Valley. Der Fluss Bow fliesst weiter talwärts auch durch Calgary. Das Etappenziel Canmore rückte immer näher.
Canmore (1350 m. ü. M.) selbst ist ein aufstrebender (aber im Sommer sehr ruhiger) Touristenort, dessen Geschichte bis 1979 besonders durch den Abbau von Kohle geprägt war. Dank der Eisenbahnlinie war der Transport des Rohstoffes gesichert. 1988 wurden in Canmore die olympischen Wettbewerbe der Biathleten, Langläufer und Nordisch Kombinierer durchgeführt.
In Canmore wird man sich nun auch der wilden und "ungezähmten" Landschaft bewusst. Überall sind bärensichere Abfallkübel montiert. Ausserhalb des Städtchens sagen nur Fuchs und Hase Gute Nacht, und dies während vielen Kilometern. Der Ort selbst bietet ein schönes Bergpanorama, sofern es nicht durch Wolken verdeckt ist. Canmore kann auch als Ausgangspunkt für Mountainbiketouren oder Wanderungen genützt werden. Es ist eine Region, in der nicht der Mensch, sondern die Natur dominant ist.
Reto Blunier, Canmore