Petra Schmid aus Herznach AG ist neu Meisterlandwirtin. Sie tritt auf dem Betrieb die Nachfolge ihres Vaters an. Als eines von acht Kindern. Sie ärgert sich über die Frage, warum nicht einer ihrer Brüder übernimmt.
Über die Festtage und den Jahreswechsel publizieren wir spannende Berichte der vergangenen Monate. Dieser Artikel erschien erstmals am 10. September 2021.
Wer Petra Schmid aus Herznach AG googelt, findet einen Eintrag zur Mittepartei. Das erstaunt die junge Frau. «Ich wusste nicht, dass ich dort aufgeführt bin», sagt. Sie habe einmal für den Grossen Rat des Kantons Aargau kandidiert.
32-Hektaren-Betrieb
Die Chancen für eine Wahl seien niedrig gewesen. Tatsächlich wurde sie nicht gewählt. Das stört sie aber nicht. Momentan ist sie zwar Mitglied bei der Mitte, sie treibt ihre politische Karriere aber momentan nicht aktiv vorwärts. Denn sie will sich ganz der Landwirtschaft widmen.
Seit fast fünf Jahren leitet sie die Geschicke eines 32-Hektaren-IP-Betriebs mit Mutterkühen, Obst- und Ackerbau. Vorerst als Pächterin. Ihr Vater wurde 2018 pensioniert. Sie war damals 23-jährig und fühlte sich wohler mit einer Pacht. Ist diese nach fünf Jahren abgelaufen, wird sie den Hof aber übernehmen.
Zweifel an Landwirtschaft
Dass sie übernehmen würde, war aber nicht von Anfang an klar. Nach der Sekundarschule hatte sie bereits das Interesse am Bauern. Sie dachte aber, dass sie den Aufgaben einer Landwirtin körperlich nicht gewachsen sein würde. Also ging sie, wie ihre Schwester, zunächst als KV-Lernende zum Schweizer Bauernverband. Dort verstärkte sich ihr Interesse für die Landwirtschaft, und nach der Lehrzeit fühlte sie sich körperlich, aber auch psychisch stärker und war bereit für die Landwirtschaftslehre.
Sie trat diesen Weg an und wollte mehr wissen. Nach dem Abschluss hängte sie die Betriebsleiterschule an und hat diese Woche das Diplom zur Meisterlandwirt entgegengenommen. «Mir war klar, dass ich die Antworten auf viele Fragen, die ich in der Lehre hatte, nur während der Weiterbildung bekommen würde.» Also habe sie sich für diesen Weg entschieden. Das würde ihr auch bei der Betriebsübernahme helfen, denn schon während der Lehre hatte sie entschieden, dass sie das möchte.
Blöde Frage
Dafür musste sie aber zunächst schauen, ob das überhaupt geht. Sie hat sieben Geschwister. Einer der ältesten Brüder ist Landwirt. Er hatte aber kein Interesse. Der jüngste schlug eine Lehre zum Landmaschinenmechaniker ein und hätte vielleicht übernommen. Dann haben sie sich aber geeinigt und sind beide zufrieden, dass der Hof an sie übergehen wird.
Weniger zufrieden ist Schmid dagegen, wenn sie immer wieder gefragt wird, ob sie denn keine Brüder habe, wenn sie sagt, dass sie den elterlichen Betrieb führt. «Ich weiss, dass es bei uns immer noch kulturell verankert ist, dass eher Söhne übernehmen. Wäre ich ein Bub gewesen, wäre ich vielleicht durch Berufsberaterinnen und meine Eltern eher in Richtung Landwirtschaft geführt worden und hätte mir diesen Weg früher zugetraut», sagt sie. Gleichzeitig verstehe sie nicht, warum die Vorstellung, dass nur Männer einen Betrieb führen können, noch immer so verbreitet sei.
zvg
Höfe auf Stärke ausrichten
Der Beruf erfordere heutzutage normalerweise nicht mehr so viel Kraft wie früher. Ihr Vater habe noch 100-kg-Saatgutsächke schleppen müssen. «So etwas ist heute unvorstellbar. Und hat seinem Rücken übrigens nicht gut getan.» Heute gäbe es für die schweren Arbeiten Maschinen. Zudem hätten Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter die Möglichkeit, ihre Höfe nach den eigenen Interessen und eben auch Stärken auszurichten. Es sei ausserdem nicht zwingend so, dass alle Frauen körperlich schwächer seien als Männer.
Obwohl sie sich ereifert, räumt sie ein, dass sie während der Ausbildung nie negative Erfahrungen gemacht habe und sie hat den Eindruck, dass sich immer mehr Frauen in die Landwirtschaft finden. Während ihrer Lehre sei der Anteil der Frauen in der Berufsschule bei etwa einem Viertel gewesen. Bei den Betriebsleiterinnen ist die Zahl aber noch immer sehr deutlich unter jener der Betriebsleiter. Gemäss Agrarbericht führten im vorletzten Jahr 3289 familieneigene Frauen einen Betrieb, während es bei den Männern 46749 waren.
Kontakt suchen
Für eine Ausgeglichenheit braucht es also noch einiges. Das sagt auch Schmid. Sie arbeitete drei Monate lang in Kanada und hat festgestellt, dass es dort gang und gäbe ist, dass Frauen Betriebe leiten. «Auch über eine Frau auf einem Mähdrescher staunt niemand. Es ist dort ganz normal, dass auch sie grosse Maschinen fahren, während ich hier manchmal schon komisch angeschaut werde.»
Schmid macht sich aber nicht nur Gedanken über die Rolle der Frau. Sie befasst sich intensiv mit der Landwirtschaft im Allgemeinen. Nächstes Jahr stellt sie auf Bio um. Und sie sucht den Kontakt zu den Konsumentinnen und Konsumenten. Sie sucht mit ihrem Hund Trüffel, die sie direkt vermarktet und vor kurzem liess sie ein Rind schlachten und hat die Naturabeef-Mischpakete ab Hof verkauft. Das sei sehr gut angekommen und hätte einen Austausch mit der Kundschaft angestossen.
Bauernstand soll geschlossen auftreten
Sie will deshalb vermehrt in diese Richtung gehen: Einerseits will sie einen Teil ihrer Produkte direkt vermarkten, andererseits sucht sie den Kontakt zur nicht-landwirtschaftlichen Bevölkerung. Über Social Media gibt sie Einblick in ihren Alltag, sie zeigt, dass Bauern nicht einfach Gift spritzen und erklärt die Vor- und Nachteile vom Maisspritzen gegenüber dem Maishacken. Darauf bekomme sie gute Rückmeldungen und wer es sehe, denke vielleicht danach etwas anders über ihren Berufsstand.
Von den Bauern selbst wünscht sie sich, dass sie sich nicht gegeneinander richten. Im Vorfeld der Abstimmung zu den beiden Agrarinitiativen hätten Bauern einander zum Teil angegriffen. Das bringe nichts. «Es braucht sowohl die biologische als auch die konventionelle Landwirtschaft. Dem Bauernstand würde es gut tun, wenn wir geschlossen auftreten könnten», sagt sie. Vielleicht würde sich ihre Präsenz in der Politik doch gut machen. Wer weiss, vielleicht nimmt sie diese Karriere ja eines Tages wieder auf.
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Danke für jeden Hinweis
Nach meiner Erfahrung machen meistens die Medien und die Frauen selbst das grösste Theater. Von meinen Berufskollergen habe ich nur Positive Reaktionen über unsere Familiäre Rollenverteilung bekommen. Übrigens ich brauchte 20 Jahre um den Mut aufzubringen auf Bio umzustellen, also weiter so und viel glück in Haus und Hof.
Ich bin 40ig mache sehr viel direkt verkauf etwa 60000.- im Jahr und bin nicht Bio.
Liebe Petra überlege es dir noch einmal, du musst nichts beweisen.