Für ein Austauschsemester ist die Agronomie-Studentin Katrin Müller gemeinsam mit Freund Simon Küng nach Schottland gereist. Dort arbeitet sie an den Wochenenden auf einer grossen Milchfarm. Sie erzählt auf schweizerbauer.ch von ihren Erlebnissen. -> Mit Video
Nach der Schule am Freitagmittag sind mein Freund Simon und ich mit dem Ford Fokus direkt auf die Linns Farm gereist. Die gute Landluft haben wir in der Stadt die ganze Woche vergeblich gesucht.
Hilfe, zu wenig Gras
Die letzten Wochen war es in Dumfries trüb und nass. Das Wasser läuft in den Feldern nur noch schlecht ab. Sonnige und lange Tage sind vorbei. Das Gras wächst deshalb nur noch langsam. Zu wenig schnell für 700 Kühen den Hunger zu stillen. Ab jetzt wird jede Weideparzelle nur noch einmal vor dem Winter abgeweidet.
Das Gras soll mit optimaler Länge in eingewintert werden und nächsten Frühling mit voller Kraft wachsen. Mitte November wird die letzte Weide abgeweidet sein. Ab dann sind alle Kühe im Laufstall.
Silage verfüttern
Damit die Kühe nicht bereits schon jetzt von der Milchmenge einbüssen, werden nun pro Tag 10 Siloballen verfüttert. 12 Siloballen sind es bei schlechtem Wetter. Eine geringere Milchleistung hätte hohe Ertragseinbussen zur Folge.
Jeden Tag werden die verschiedenen Herden einzeln in den Laufstall getrieben. 3 bis 4 Stunden pro Tag soll jede Kuh im Laufstall Silage fressen. Besonders wichtig ist diese Auffütterung auch für jene Kühe, die etwas zu mager sind. Diese Tiere müssen bis zum nächsten Abkalben einen optimalen Body-Condition-Score (BCS) aufweisen. Das Vorgabe: Alle Tiere sollen gestärkt in ihre neue Laktation starten.
Betriebsspiegel
Die Linns Farm gehört Michael Kyle und wurde bis Mitte 2019 von ihm geführt. Seit August ist Mike Malone für den Betrieb verantwortlich. Die Linns Farm liegt in Dumfries. 700 Kühe der Rasse Kiwicross und Jersey grasen auf 380ha. Die Kühe sind das ganze Jahr draussen auf der Vollweide. Nur bei nassen Zeiten im Winter werden sie in einem offenen Laufstall gehalten. Der Leistungsdurchschnitt pro Kuh liegt bei 5000 Kilo pro Jahr. Die Milchproduktion pro Jahr liegt bei rund 3.5 Millionen Kilo Milch.
Herz auf Liebelingskuh
Alle nichttragenden Kühe haben den Betrieb vergangen Woche verlassen. Zum Glück ist meine Lieblingskuh trächtig und musste nicht gehen. Sie hat ein ganz schwarzes Fell. Es ist deshalb nicht einfach, sie unter den vielen schwarzen Kühen zu erkennen. Deshalb male ich ihr mit Farbe jedes Mal ein Herz auf den Rücken, damit ich sie auch von weitem sehe.
Nebst den vielen nicht trächtigen Kühen wurden auch die drei Quads verkauft. Sie wurden zwei Jahre auf der Linns Farm eingesetzt. «Die Quads werden alle zwei Jahre ausgetauscht. Die alten Quads werden verkauft und neue Maschinen kommen auf den Betrieb», erklärt Manager und Inhaber der Linns Farm, Michael Kyle.
Verkaufsgrund: Zu hohe Reparaturkosten
Die Quads waren für alle Arbeiten sehr praktisch. Überall wo man früher zu Fuss unterwegs war, konnten wir diese einsetzen. Viel Zeit blieb uns so erspart. Schwere Arbeitsutensilien konnten einfach aufgeladen werden. Besonders praktisch war der Quad zum Kühe eintreiben. Mit einem Jeep oder Pick-up wäre man auch im Allrad-Modus nicht überall hingekommen.
In den vergangenen Monaten haben die Quads der Linns Farm viel gekostet. Immer wieder war in den letzten Wochen eine Maschine nicht einsatzbereit. Dazu kommt, dass diese Fahrzeuge sehr viel Benzin verbrauchten. Damit nicht noch mehr Reparaturkosten anfallen, hat Michael Kyle die Gefährte so schnell wie möglich verkauft. Als Ersatz wurde aber nur ein neuer Quad gekauft. Speziell an diesem sind die extrem hellen Lichter. In den dunklen Wintermonaten werden wir froh sein, alle 100 Kühe, die im Laufstall nicht Platz haben, draussen auf der Weide zu finden.
Über uns
Katrin Müller aus Bern-Liebefeld und ihr Freund Simon Küng aus Sumiswald BE absolvieren auf der Linns Farm ein Praktikum. Beide haben die landwirtschaftliche Lehre abgeschlossen und studieren an der Berner Fachhochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) Agronomie. Das erste Semester des zweiten Studienjahres absolvieren sie an der Scotland Rual College (SRUC) in Edinburgh. Beide sind grosse Naturfreunde und arbeiten gerne mit Tieren.
Resultat der Kotproben positiv
Ende August habe ich 40 Kotproben von jungen und mageren Kühen entnommen. Die Tiere wurden zufällig ausgewählt. In einem Labor in Dumfries wurden die Proben getestet. Unser Verdacht auf Lungenwürmer, Pansenegel und Leberegel hat sich bestätigt.
Damit die Kühe in der nächsten Laktation die volle Milchleistung erreichen, werden sie in der Galtzeit mit einem Parasitenmittel behandelt.
Job als Manager auf einer Farm
Ein angestellter Manager auf einer Farm übernimmt die tägliche Arbeitsplanung. Er bringt umsetzbare Ideen auf der Farm ein. Kleinere Entscheidungen oder Änderungen im Arbeitsablauf können selber getätigt werden. Grössere Entscheidungen werden mit dem Inhaber der Farm diskutiert und ausgehandelt.
Resistenter Erreger
Hohe Arzneimittelkosten fallen auf der Linns Farm auch wegen vielen Mastitis-Behandlungen an. Die Erreger Staphylokokkus Uberis und Staphylokokkus Aureus sind auf der Farm ein grosses Problem. Viele Kühe werden das zweite Mal seit diesem Sommer behandelt. Aber auch die zweite Behandlung war bei vielen Kühen nicht erfolgreich.
Diese resistenten Kühe sind in der Krankenherde eingeteilt und werden nur einmal pro Tag gemolken. Die Zellzahlen im Milchtank sind bereits hoch. Die Milch aller Kühe mit unbehandelbaren hohen Zellzahlen landet deshalb im Gülleloch.
30% leiden an subklinischer Mastitis
Die Tiere zu schlachten kommt aber nicht in Frage. Die Linns Farm hat in dieser Saison zu viele nicht-trächtige Tiere verloren. Manager und Inhaber der Linns Farm, Michael Kyle, erhofft sich, dass die Entzündungen während der Galtphase verschwinden. Wenn die Tiere verkauft oder geschlachtet würden, fehle ihm nächste Saison das Milchgeld, erklärt Michael Kyle.
Simon und ich haben in einem Fachbuch von Dairy Neuseeland nachgeforscht. An der Tankzellzahl kann die Anzahl an Kühe in der Herde, die an subklinischer Mastitis erkrankt sind, berechnet werden.
Mastitis
Tankzellzahl von 100'000 Zellen pro Millliliter, ca. 20% der Kühe haben subklinische Mastitis
Tankzellzahl von 200'000 Zellen pro Millliliter, ca. 30% der Kühe haben subklinische Mastitis
Tankzellzahl von 300'000 Zellen pro Millliliter, ca. 36% der Kühe haben subklinische Mastitis
Tankzellzahl von 400'000 Zellen pro Millliliter, ca. 42% der Kühe haben subklinische Mastitis
Auf der Linns Farm schwankt die Zellzahlen der Tankmilch um die 200'000 Zellen pro Milliliter Milch. Das heisst für die Linns Farm, das von den 700 Kühen, 30% an subklinischer Mastitis leiden. Ausgerechnet sind das 210 Kühe.
Meinungsverschiedenheiten
Unser neuer Manager Mike Malone ist nicht dieser Meinung. Er würde die Tiere mit sehr hohen Zellzahlen lieber vom Betrieb haben. «Diese Tiere werden eines Tages mehr Kosten verursachen als das sie Einkommen einbringen. Das Ansteckungsrisiko auf andere Tiere ist hoch. Die Zukunft dieser Tiere ist zu ungewiss», begründet Mike Malone, der zuvor als Milchfarmberater tätig war.
Trotzdem bleiben die Tiere vorläufig auf dem Betrieb. Liebe Leser und Leserinnen Schweizer Bauer Online, welche Entscheidung würden Sie fällen? Schreiben sie Ihre Lösung, Gedanken oder Anmerkungen für die Linns Farm in den Kommentar!