Bauernsohn und YB-Goalie David von Ballmoos wird an Pulling-Events erkannt. Er spricht über sein Hobby und die Landwirtschaft.
"Schweizer Bauer": Sie weisen Gardemasse
auf. In Zug hätten Sie am ESAF eine gute Figur gemacht. War das Schwingen für
Sie nie ein Thema?
David von Ballmoos: Ich schaue mir diesen Sport gerne an und habe auch einige Kontakte in der
Schwingszene. In meiner Kindheit war das Schwingen jedoch nie ein Thema. Ich
habe mich zu wenig damit befasst.
Woher kommen denn die Kontakte in die
Schwingszene?
Das hängt mit meinem Beruf als Goalie bei den Young Boys zusammen. Ich bin
bekannter geworden. Zudem absolvierte ich die Spitzensportler-Rekrutenschule. Hatte
dort Kontakt mit Schwingern. Es tut gut, den Horizont zu erweitern, zu
beobachten, was in anderen Sportlerkreisen alles passiert.
Welche Schwinger kennen Sie?
Mit Matthias Glarner war ich in Magglingen im Militär. Kontakt habe ich auch zu
Remo Käser. Und Matthias Sempach stammt
aus dem Nachbardorf.
Da fallen Sie ja doppelt auf, wenn Sie
mit Sempach daherkommen.
Ja, die Leute schauen schon. Viele denken, Fussball und Schwingen – das passt
nicht zusammen. Aber es funktioniert. Das ist schön.
Landwirtschaft und Spitzen-Fussball ist eine
seltene Kombination. Das Bauerntum wird manchmal belächelt. Gibt es da Sprüche
in der Mannschaft?
Nein, überhaupt nicht. Oft arbeiten wir mit einer Art Schablone. Die
Öffentlichkeit hat ein Bild von einem Fussballer, dem er entsprechen muss. Doch
die meisten Fussballer sind überhaupt nicht so. Dasselbe beim
Stadt-Land-Graben. Auch hier wird mit Klischees gearbeitet, die nicht der
Realität entsprechen.
Treten Sie solchen Klischees entgegen?
Ich habe kürzlich ein kleineres Fest auf dem Hof organisiert. Auch einige
meiner Mannschaftskollegen sind gekommen. Es hat ihnen gefallen. Meine Freunde
haben nicht gedacht, dass die Fussballprofis am Fest teilnehmen. Es zeigt gut
auf, dass Fussballer sind ganz normale Menschen wie du und ich.
Sie wurden auf dem
Spielfeld noch nie als «Bauer» beschimpft.
Nein, das ist mir noch nie passiert. Leider wird das Wort missbraucht, das ist
so. Ich muss nicht wegen meiner Herkunft rechtfertigen. Ich urteile über andere
Personen auch nicht wegen ihrer Herkunft. Für Aussenstehende ist es immer sehr
speziell, dass ich auf einem Bauernhof aufgewachsen bin. Für Personen, mit
denen ich zu tun haben, und auch für mich selbst, ist das ganz normal.
Sprechen Sie in der Garderobe denn über
die Landwirtschaft?
Nein, in erster Linie diskutieren wir über Fussball. Ich selber bin sehr
technikaffin. Da gibt es Berührungspunkte mit Teamkollegen, die auch Freude an
Autos haben. Einige Spieler von YB stammen aus Afrika. Sie sind teilweise in
Bauerndörfern aufgewachsen, wo es viele Kühe gibt. So ergeben sich ab und zu Gespräche
über die Landwirtschaft.
Aber der Beruf Landwirt war für Sie
keine Option?
Bis zu einem gewissen Alter war das sicher ein Thema. Aber bereits in der
4. Klasse merkte ich, dass ich mehr Freude an Motoren und Maschinen hatte. Wir
haben zuhause auch viele Landmaschinen. Und mein Vater hat mir das Ganze
nähergebracht. Ab der 6. Klasse wusste ich genau, dass ich
Landmaschinenmechaniker werden wollte.
Helfen Sie Ihrem Vater noch bei
Reparaturen von Maschinen?
Mittlerweile nicht mehr. Das traue ich mir auch nicht mehr so zu. Der
Lehrabschluss liegt bereits 5 Jahre zurück. Die Technik hat sich seither
weiterentwickelt. Aber ich lasse es mir gerne erklären.
Der nächste Fussballplatz war relativ
weg vom Hof. Wie sind Sie denn überhaupt zum Fussball gekommen?
Ein guter Schulfreund spielte in einem Verein. Meine Lehrerin hat mich dazu
ermuntert, ein Training des Koppiger SV zu besuchen. Es hat mir sehr gut
gefallen. Vermutlich auch deswegen, weil es eine Abwechslung für mich war und
mich austoben konnte. Irgendeinmal kam noch Talent dazu.
Und weshalb Goalie?
Ich konnte schon damals nicht verlieren und ich wollte Verantwortung
übernehmen. Unser Torhüter war kleiner. Dann dachte ich: Ich kann es besser oder
wenn wir dann schon verlieren, dann mit mir im Tor. Und vor allem: Ich musste
nicht auf dem Platz hin und her rennen und konnte die Mitspieler dirigieren.
Das gefiel mir.
Sie sind ein bodenständiger Typ. Im
Profifussball steht man rasch im Fokus der Öffentlichkeit. Man spielte gegen
Weltstars wie Ronaldo oder Paul Pogba und verdient dazu nicht schlecht. Wie
hebt man da nicht ab?
Das ist ganz einfach. Ich halte mich an Regeln und Werte, die mir von
meinen Eltern vermittelt wurden. Geld alleine heisst nicht, dass du etwas
Besseres bist oder du dich über etwas hinwegsetzen kannst. Nur weil ich nun im
Rampenlicht stehe und vor Zuschauern spiele, heisst das nicht, dass ich anders
behandelt werden soll als Personen, die beispielsweise auf dem Bau arbeiten.
Klar, die geniesse die Vorzüge des Profisports. Aber ich muss diese auch
einordnen können.
Das heisst?
Wenn man das kann, kann man es richtig geniessen. Dann besteht nicht die
Gefahr, dass du es übertreibst. Bis jetzt bin ich sehr gut gefahren so.
Sie spielen seit 2 Saison beim Schweizer
Meister. Haben Sie auch den Wunsch, wie viele Ihrer Kollegen, es einmal im
Ausland zu versuchen?
Als Fussballer hat du Träume. Und wenn du einen erreicht hast, kommt der
nächste. Auch ich trage den Traum Ausland in mir. Aber ob ich diesen
realisieren werde, wird sich zeigen. Man muss aber immer wissen, was man hat.
Ich habe mit YB einen Verein, der auf mich setzt. Es macht enorm Spass. Die
Verantwortung, die mir hier übertragen wurde, muss man wertschätzen. In einem
neuen Verein muss man sich dies erst wieder erarbeiten. Ich habe deshalb
überhaupt keinen Druck, YB zu verlassen und den Sprung ins Ausland zu
vollziehen.
Denken Sie ab und zu ans Karrierenende?
Sicher, darüber mache ich
mir ab und zu Gedanken. Aber ich sage mir auch, geniesse nun die Zeit,
sie ist kurz. Ich werde sicher noch 10 bis 12 Jahre Profi sein. Aber ich bin
sicher nicht der Typ, der keinen Plan nach der Fussballkarriere haben wird.
Was heisst das?
Derzeit habe ich noch keinen konkreten Plan. Ich will mir ja noch nicht
verbauen und ich weiss ja nicht genau, was in 12 Jahren sein wird. Ich lerne so
viele Leute kennen und lasse mir nun noch ein wenig Zeit. Aber ich bin sicher:
Es kommt der Punkt, wo ich genau weiss, was ich will.
Aber dass Sie ein
Landmaschinen-Unternehmen eröffnen, ist nicht realistisch?
Das ist unrealistisch. Denn ich wäre so lange vom Beruf weg gewesen, dass ich
fast noch einmal die Lehre absolvieren müsste. Aber die
Landmaschinenmechaniker-Lehre ist sicher ein Grundstein für den weiteren Weg.
Landmaschinen faszinieren Sie doch.
Ja, sicher. Es ist ein Hobby und eine Faszination, die mir in der Kindheit
mitgegeben wurde. Die Technik im Allgemeinen, wo Motoren etwas zum Laufen
bringen. Auch spezielle Sachen.
Spezielle Sachen?
Ich habe ein Hobby mit zwei Kollegen, mit denen ich die die Berufsschule
absolvierte. Ein Tractor-Pulling-Traktor. Leider kann ich unser Projekt nicht so intensiv verfolgen
wie sie zwei. Sie haben den Traktor fertig gebaut. Und dieser war nun kürzlich
in Knuttwil im Einsatz, aber noch ausser Konkurrenz.
Was ist denn Ihr Part im Projekt?
Wenn es sich einrichten lässt, helfe ich mit. Ich kümmere mich vor allem um die
Kommunikation. Meine zwei Kollegen sind für die Technik zuständig.
Lenken Sie den Traktor? Oder was reizt
Sie daran?
Mich fasziniert die ganze Entwicklung, von der Projektskizze bis zum
Endprodukt Traktor. Es macht einfach Spass, wenn man nach jahrelanger Arbeit
die eigene Maschine auf der Strecke sieht. Es war auch sehr emotionaler Moment.
Aber selber fahren, das brauche ich nicht.
Das Ziel ist es schon, dass der Traktor
dereinst an der Meisterschaft teilnimmt?
Die Saison 2019 ist ja bald zu Ende. Wir wollen nun noch Erfahrungen sammeln.
So erhalten wir Anhaltspunkte, wo wir uns verbessern können. Aber im kommenden
Jahr wollen wir an der Meisterschaft teilnehmen, ja. Für mich ist wichtig, dass
die Leute wissen, dass wir den im Team entwickelt haben. Meine zwei Kollegen
haben sehr viel Arbeit investiert. Es ist nicht das Fahrzeug von David von
Ballmoos. Es ist ein Projekt unter Freunden. Ziel ist es, ohne Sponsoren
durchzukommen. So können wir auch alles bestimmen.
Sie werden an Tractor-Pulling-Events
erkannt.
Ja, mittlerweile kommt das vor. Es
ist mir auch schon zu viel geworden, so dass ich früher nach Hause ging, als
geplant.
Kommen wir zurück zur
Landwirtschaft im Allgemeinen. Was bedeutet sie für David von Ballmoos?
Das ist meine Herkunft. Der Landwirtschaft habe ich sehr viel zu verdanken.
Landwirt ist der ehrlichste Beruf. Er erhält uns alle am Leben. Und wenn man es
nicht immer zugibt. Man ist froh, gibt es die Landwirtschaft, obwohl man es
nicht immer zeigt. Volle Regale im Laden sind ein Luxus, den man schätzt.
Beschäftigen Sie sich auch mit
politischen Themen, die die Landwirtschaft betreffen, beispielsweise den
Anti-Pestizid-Initiativen?
Ich bin zum Glück Fussballer und nicht Politiker. Ich halte mich hier zurück,
denn momentan habe ich noch zu wenig Hintergrundwissen. Aber klar, ich werde
mir meine eigene Meinung bilden und werde abstimmen gehen. Ich bin der
Überzeugung, man sollte sich mit dem Thema detailliert auseinandersetzen, bevor
man eine Meinung fasst. Man muss auch die Konsequenzen abschätzen können. Und
das können viele nicht.
So gibt es immer wieder Diskussionen
über die Höhe der Direktzahlungen.
Das wird immer ein Thema bleiben. Man gönnt einander nichts. Es ist wie bei
mir: Niemand weiss, wie viel Lohn ich kriege und viele sagen, ich verdiene zu
viel. Wenn ich sehe, was meine Eltern jeden Tag leisten, sind Direktzahlungen
einfach fair. Man sieht immer nur den Betrag, aber nicht, was dahintersteckt. Meine
Eltern sind sieben Tage in der Woche auf dem Hof beschäftigt. Wenn sie
beispielsweise einen Match besuchen wollen, müssen sie zuerst alles
organisieren. Trotz der vielen Entbehrungen ist es aber ein schöner Beruf.