Der Film «Hiver nomade» des Waadtländers Manuel von Stürler ist beim Europäischen Filmpreis als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet worden. Das teilte SWISS FILMS am Samstagabend mit. In seinem Film folgt von Stürler zwei Hirten und ihren Schafen auf ihrer Winterreise in der Westschweiz. Mit Trailer
«Hiver Nomade» ist gemäss Communiqué der zweite Schweizer Film, der mit dem prestigeträchtigen Preis ausgezeichnet wurde. «The Sound of Insects» von Peter Liechti entschied 2009 ebenfalls die Schlussrunde in derselben Kategorie für sich.
«Hiver nomade» war im Februar an der Berlinale uraufgeführt worden. Seit Anfang November ist er in den Schweizer Kinos zu sehen. Der Film wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. In Malta setzte er sich gegen das Grossstadt-Porträt «London: The Modern Babylon» von Julien Temple» und den belgischen Film «Le Thé ou l'Electricité» von Jérôme Le Maire durch.
Hiver Nomade
Tag und Nacht, bei Regen, Schnee und Kälte, verbringt das Hirtenpaar mit ihren Tieren draussen. Sie schlafen unter freiem Himmel, oder, wenn es regnet oder schneit, unter einer über ein Seil gespannten Plane. Ihre einfachen Mahlzeiten kochen sie sich am Lagerfeuer, die Zähne putzen sie am Bach, gegen die Kälte der Nacht rücken sie eng zusammen. Wir wohnen im 6-Sterne-Hotel, sagt Pascal einmal. Er kennt seit 30 Jahren nichts anderes.
An Autobahnen entlang
Sie ziehen mit ihrer Herde nicht etwa ziellos durch die Gegend, sondern immer auf der Suche nach gutem Gras, das zu dieser Jahreszeit nicht gemäht wird. Je länger die Reise dauert, desto weniger Schafe werden es, weil der Züchter der Herde regelmässig ein oder zwei Dutzend Tiere holt und zum Metzger fährt.
Derweil zieht die Herde weiter, entlang an Autobahnen, Industriezonen, Einfamilienhaus-Siedlungen, durch Felder und Wälder. Gelegentlich bringen ihnen Anwohner einen Kaffee, oder verbietet ihnen ein Bauer, über seine Wiese zu gehen. Einmal machen sie sich ein Fondue am Lagerfeuer, und zu Weihnachten schickt der Züchter einen Korb Austern.
Distanziertheit und Stille
«Hiver nomade» von Manuel von Stürler hebt sich wohltuend ab vom auf Hochglanz getrimmten Heimatfilm, wie er in den vergangenen Jahren mehrfach zu sehen war in Schweizer Kinos.
Schafhirte ist kein Traumberuf, ganz im Gegenteil: Das Leben da draussen ist hart, und bald wird die Schweiz soweit zugebaut sein, dass für Herden kein Durchkommen mehr ist. Die Kamera hält sich zurück, beobachtet, zeichnet auf. Der Filmer stellt keine Fragen; er lässt die meist wortkargen Protagonisten reden.