Esther Siegenthaler, gebürtige Bauerntochter und ausgebildete Lehrerin aus Schangnau BE, lebt und arbeitet momentan als Praktikantin auf einer Milchviehfarm in Neuseeland. In ihrem Blog berichtet sie regelmässig über das, was sie dort erlebt.
Drei Schwestern zwischen 70 und 85Jahren bewirtschaften die kleinste Milchfarm in ganz Neuseeland. Sie melken jährlich rund 35 000 Liter Milch. Ihre Herde besteht aus16 Jersey-Kühen, zwei Kälbern und einem Zuchtstier.
Haus wie in einem Märchen
Das Haus der drei Schwestern Ivy (85), Phillisn(77) und Rose (70) sieht wie in einem Märchen aus; klein, alles sauber gewischt, unzählige Tonfiguren und blühende Rosen. Rose ist für den Haushalt verantwortlich, sie erzählt uns, dass die anderen zwei noch im Stall wären. Also marschieren wir Richtung Melkstand. Am Strassenrand ist der Misthaufen, jeden Tag eine Schubkarre voll. Und schon kommen die zwei, beide gebückt, braun im Gesicht und mit viel Hornhaut an den Händen. Sie haben keine Zeit uns ihre Farm zu zeigen, denn das Essen wäre bestimmt fertig. Mit freundlicher aber zittriger Stimme erteilen sie uns die Erlaubnis, die Farm selber anzusehen.
Durch die Weide fliesst ein Bach, 14 Jersey-Kühe grasen friedlich. Einige haben kaum Euter und sind gut bei Leibe, sie haben bereits längere Zeit nicht mehr gekalbt. Vor dem Melkstand liegt Lynn-Marry, mit 20 Jahren ist sie die älteste Kuh. Da sie kaum noch gehen kann, darf sie direkt vor dem Stall fressen. Die Klauenpflege können die drei nicht selber machen. Wohl aber einen Einlauf stecken, wenn eine Kuh Milchfieber hat. Daneben liegen in einer kleinen Weide eine weitere Kuh und der Zuchtstier. Schätzungsweise ist er zwei Jahre alt, Nasenring trägt er keinen.
2er Melkstand
Der Malkstand ist feinsäuberlich herausgeputzt. Der Milchfilter und die Putzlappen wurden mit Sicherheitsnadeln aufgehängt. Ein Minifilter ist es, ich glaube die meines Vaters haben die gleiche Grösse. Die anderen Filter, die ich bisher in Neuseeland gesehen habe, sind rund einen Meter lang und haben einen Durchmesser von zirka 20 Zentimeter.
Eigentlich könnten vier Kühe gleichzeitig gemolken werden, doch das ist den Frauen zu viel Stress, sie melken immer zwei, geben ihnen Futter, warten bis dieses gefressen wurde und holen die nächsten zwei. Momentan werden alle zwei Tage 350 Liter Milch abgeholt. Der Lastwagen hält normalerweise ab 600 Litern. Da aber die drei Schwestern seit sehr langer Zeit Milch an Fonterra (Milchverarbeiter, gehört den Bauern) liefern, machen sie eine Ausnahme. Jährlich werden 35 000 Liter gemolken. Als Vergleich; momentan arbeite ich auf einer Farm in Winton mit über 900 Kühen. Zu Spitzenzeiten werden dort täglich 25 000 Liter gemolken. Ich werde im nächsten Blog davon berichten.
Kühe in Einzelboxen
Der Winterstall ist etwas abseits. Während der Galtzeit werden dort die Kühe in Einzelboxen, einer Pferdebox ähnlich, gehalten. Bei jeder Tür wurde feinsäuberlich der Name der Kuh aufgeschrieben. Momentan werden dort zwei Kälber gehalten. Zudem, gibt Phillis den Mäusen Milch. 18 Stück kämen jeweils zur Tränke, erzählt sie stolz.
Weckzeit: 3.00 Uhr
1939 kaufte Ivy mit ihrer Mutter die 5-6 Hektar grosse Farm, sie ist die
ältestevon 12 Kindern. Bis heute ist sie die Chefin geblieben und
bestimmt den Tagesrhythmus. Bei Tee und selbstgebackenem Kuchen erklärt Ivy, dass sie jeden Morgen um drei Uhr aufstehen, eine Stunde später geht sie mit Phillis in Richtung Stall. Eigentlich ist es nicht erlaubt, die Kühe täglich über die Strasse zu treiben, sie machen es trotzdem. Rose geht ihnen später bei den Wascharbeiten helfen.