Vor gut zwei Wochen hatte die Hautknotenkrankheit, auch Lumpy-Skin-Disease (LSD) genannt, sogar Auswirkungen auf die Tour de France. Am Vorabend der letzten schweren Alpenetappe änderte sich deren Strecke. Die Organisatoren nahmen den Anstieg zu einem Pass aus dem Programm. Statt der ursprünglich geplanten 129,9 Kilometer und 4550 Höhenmeter, mussten die Profis nur noch 93,1 Kilometer und 3250 Höhenmeter absolvieren.
Schutz- und Überwachungszonen sieht das geltende Recht auch in der Schweiz vor, sollte die Krankheit hierzulande ausbrechen. Eine Schutzzone erfasst dabei ein Gebiet im Umkreis von 20 Kilometern, die Überwachungszone ein Gebiet im Umkreis von 50 Kilometern.
Dazu gehören Einschränkungen des Tier- und Warenverkehrs sowie das Verbot von Viehmärkten und Viehausstellungen, wie das zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mitteilte. Einschränkungen des Personenverkehrs seien bei Lumpy Skin Disease allerdings keine vorgesehen.
Risiko von Einschleppung hoch
Tatsächlich zählt die Hautknotenkrankheit zu jenen drei Tierseuchen, welche die Bundesbehörden derzeit als grösste Herausforderung sehen. «Die Krankheit hat Italien und Frankreich erreicht. In der Schweiz gab es bislang keine Fälle, jedoch besteht ein hohes Risiko der Einschleppung», schrieb dazu das Bundesamt auf Anfrage.
Als besonders gross schätzt es die Gefahr einer Einschleppung durch Insekten ein. Die Impfaktionen im Kanton Genf und in Teilen der Waadt und des Wallis dienten in dieser Situation der Prävention.
Genau beobachten die Schweizer Behörden zudem die Lage im Hinblick auf die afrikanische Schweinepest. Diese trat bereits vor mehreren Jahren in Norditalien auf und ist dort seither nie mehr verschwunden. Das BLV setzt nach eigener Aussage auf Früherkennung – und wenn nötig auf eine sofortige und rigorose Bekämpfung der ersten Fälle, um einen Ausbruch möglichst im Keim ersticken zu können.
Blauzungenkrankheit grösstes Problem
Bereits betroffen ist die Schweiz von zahlreichen Fällen der Blauzungenkrankheit, die sowohl Schafe als auch Rinder befällt. Schon im Oktober vergangenen Jahres waren Infektionen mit mindestens einem Typ des Erregers in mehr als 20 Kantonen nachgewiesen worden.
Die ersten Fälle des für Schafe besonders gefährlichen Serotyps 3 (BTV-3) traten dabei im August 2024 auf. Bis am ersten August 2025 zeigt die Website des BLV gut 3000 Fälle des Serotyps 3 sowie 242 Fälle des Serotyps 8.
Verbreitet wird die Krankheit von Gnitzen (Bartmücken), einer kleinen blutsaugenden Mückenart. Zu den Symptomen gehören Fieber, Entzündungen der Schleimhäute, Lahmheit und Fehlgeburten. Bei Kühen verläuft BTV-3 häufig milder als bei Schafen. Doch auch sie können starke Symptome entwickeln, und sie geben deutlich weniger Milch.
Die Impfung gegen die Blauzungenkrankheit ist zwar freiwillig, die Bundesbehörden empfehlen sie nach eigener Aussage jedoch stark. Bis vor kurzer Zeit gab es laut BLV keine offiziell in der Schweiz zugelassenen Impfstoffe. Das Bundesamt ermöglichte daher mittels einer Allgemeinverfügung Import und Anwendung der Impfstoffe. «Die Impfung ist die einzige wirksame Präventionsmassnahme», schrieb es Keystone-SDA.
Inzwischen gebe es zwar in der Schweiz zugelassene Impfstoffe, hiess es weiter. Diese dürften aber erst gegen Ende Jahr lieferbar sein.
Gesetzesänderung auf dem Weg
Längst beschäftigt die Frage nach der Impfung gegen die Blauzungenkrankheit auch die Politik. Der Bundesrat stellte im Mai eine Gesetzesänderung zur Diskussion, die den Umweg über Allgemeinverfügung künftig überflüssig machen soll. Er erfüllte damit einen Auftrag des Parlaments.
Künftig soll demnach das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen in Notlagen Ausnahmebewilligungen für die Einfuhr, den Vertrieb und die Abgabe von Impfstoffen erteilen können. Die Bewilligung kommt gemäss Vernehmlassungsvorlage nur in Betracht, wenn kein gleichwertiges, zugelassenes Produkt verfügbar ist. Zusätzlich gelten strenge Anforderungen an Qualität, Sicherheit, Herstellung und Vertrieb der Arzneimittel.
Die Reform könne in Krisensituationen von entscheidender Bedeutung sein, schrieb der Bundesrat in seiner Mitteilung zur verkürzten Vernehmlassung. Diese endete Ende Juli. Im Grundsatz ist die Gesetzesänderung kaum bestritten, wie ein Blick auf die Stellungnahmen dazu zeigt. Der Schweizerische Bauernverband beispielsweise mahnt aber weitere Vereinfachungen beim Verfahren an.
Die Gesetzesänderung hat nach Auskunft des BLV auch für die Bekämpfung der Lumpy-Skin-Disease Bedeutung. Denn auch hier sei eine Notlösung via Allgemeinverfügung nötig gewesen. Solche Notlösungen sollten mit der Gesetzesänderung durch eine klare, dauerhafte Rechtsgrundlage ersetzt werden.
«Die neue Regelung im Tierseuchengesetz ist krankheitsübergreifend angelegt und erlaubt es, bei jeder Tierseuche rasch und rechtssicher zu handeln.» Gegen die Afrikanische Schweinepest gebe es derzeit zwar keine wirksame und sichere Impfung, dies könnte sich im Zukunft jedoch ändern, schrieb das Bundesamt.