Warmluft hat den grönländischen Eispanzer im Sommer 2012 grossflächig schmelzen lassen. Dies berichtet ein internationales Forscherteam mit Schweizer Beteiligung nun im Fachblatt «Nature».
Wissenschaftler überwachen den Eispanzer Grönlands genau, denn die dortige Eisschmelze trägt gewichtig zum globalen Anstieg des Meeresspiegels bei. Im Juli 2012 waren mehr als 97 Prozent des Inlandeises oberflächlich angetaut, was laut Daten aus Eisbohrkernen 1889 das letzte Mal der Fall war.
Dünne, tief liegende Wolken als Ursache
Nun haben Forscher aus den USA und von der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL den Grund für die Rekordschmelze identifiziert: Dünne, tief liegende Wolken liessen zwar die Sonnenenergie passieren, hinderten jedoch die Wärmestrahlung daran, die erdnahe Luftschicht zu verlassen.
«Ungewöhnlich warme Luftmassen, die von Nordamerika nach Grönland flossen, waren nur ein Faktor», wird David Turner, Meteorologe bei NOAA und einer der Studienleiter, in einer Mitteilung der WSL zitiert. Die tief liegenden Wolken liessen die Temperaturen an der Eisoberfläche über den Gefrierpunkt steigen. Weder dickere noch dünnere Wolken hätten den gleichen Effekt gehabt.
Dünne Wolken häufig
Die Forscher fanden auch heraus, dass so eine dünne Wolkenschicht an 30 bis 50 Prozent aller Sommertage über Grönland und der Arktis liegt. Die aktuellen Klimamodelle unterschätzen somit deren Häufigkeit in der Arktis tendenziell. Damit könnten sie nur begrenzt vorhersagen, welchen Einfluss Wolken auf das zukünftige Klima haben, erklären die Forscher.
«Um die Zukunft dieser Region zu verstehen, muss man ihre Wolken verstehen», sagte Meteorologe Matthew Shupe von der Universität Colorado und der US-Behörde NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration). «Was wir herausgefunden haben, hat Konsequenzen für die ganze Arktis.»
Die Resultate bestätigten frühere Modellberechnungen zum Einfluss der Wolken, erklärte WSL-Direktor Konrad Steffen, der an der Arbeit beteiligt war. Langfristige Messungen von Umweltfaktoren wie Sonnen- und Wärmestrahlung seien unerlässlich, um klimatische Veränderungen in der Arktis zu verstehen und zu interpretieren.

