Urs Schneider, der stellvertretende Direktor des Schweizer Bauernverbandes (SBV) und Leiter des Departements Kommunikation und Services, geht Ende Monat in Pension. Das war ein wichtiger Programmpunkt der Delegiertenversammlung des SBV vom Mittwoch im Berner Kursaal. Schneider war im Jahr 2000 zum SBV gestossen. Zuvor war der Agronom beim Landwirtschaftsamt im Kanton Thurgau und als Thurgauer Bauernsekretär (Geschäftsführer des Verbands Thurgauer Landwirtschaft) tätig gewesen.
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Die erste Würdigung erfolgte durch Direktor Martin Rufer, der mit Urs Schneider seit dem Jahr 2008 zusammengearbeitet hat. Damals wurde Rufer Leiter des Departements Produktion, Märkte und Ökologie. Er bezeichnete Schneider als «Jüngling, den wir gerne noch einige Jahre behalten hätten». Anhand von 19 Folien, die der «Schweizer Bauer» in der Bildergalerie unten alle dokumentiert hat, ging Rufer wichtige Stationen von Schneiders 23jähriger Tätigkeit beim SBV durch.
Am Ende dankte er Irene Schneider, der Frau von Urs Schneider, welche der SBV zur DV eingeladen hatte, dafür, dass sie ihm während all der Jahre den Rücken frei gehalten habe, ihn gestärkt habe und sein enormes Engagement für die Bauernfamilien erst möglich gemacht habe. Rufer überreichte ihr einen Blumenstrauss.
Markus Ritter: «Einer der grossen Motoren im SBV»
Markus Ritter, der Präsident des SBV, würdigte ihn anschliessend mit Worten, die wir an dieser Stelle vollständig wiedergeben: «Ja, eine Ära geht zu Ende. Urs, dieses Energiebündel, einer unser grossen Motoren im Schweizer Bauernverband, wird pensioniert. Man glaubt es kaum. Den Ruhestand hat er sich redlich verdient. Auch wenn ich mir Urs noch nicht so ganz als gesetzten Rentner vorstellen kann. Wie wir vorher gesehen haben, hat Urs in seinen 23 Jahren beim Bauernverband unheimlich viel geleistet und viele Zügel respektive Megafone in der Hand gehalten und immer den Bauernverband nach vorne getrieben.»
Er habe eine Reihe von Marketingkampagnen für die Schweizer Bäuerinnen und Bauern erfolgreich geprägt. «Er und sein Team, davon bin ich restlos überzeugt – er sagt zwar immer, ich übertreibe – aber ich bin restlos davon überzeugt, ist heute das beste Kampagnenteam in der Schweiz, wenn man erfolgreich eine Abstimmung gewinnen will. Es gibt zurzeit nichts Vergleichbares», führte Ritter weiter aus.
Ritter lobte Schneiders «gewinnende Art»
Markus Ritter sagte über Urs Schneider weiter: «Und, wie man auch sah, ein paar sympathische Damen hat er nebenbei auch getroffen, und ich glaube, das hat er ein bisschen genossen. Was mir ebenfalls aufgefallen ist, sind die zahlreichen Bundesrätinnen und Bundesräte, die er getroffen hat. Die letzte Foto war mit Bundesrat Cassis. Ich habe mich bei diesem Foto gefragt, wer ist darauf der Bundesrat… Er konnte diese Bundesrätinnen und Bundesräte mit seiner gewinnenden Art jeweils problemlos um den Finger wickeln. Da hat er den Ton immer sehr gut getroffen.»
Urs Schneider während der Lobrede von Markus Ritter auf ihn.
Daniel Salzmann
Mails von Urs Schneider kamen um 01.45 Uhr
Der SBV-Präsident fuhr in der Würdigung Urs Schneiders wie folgt fort: «Ich habe immer seinen enormen Einsatz bewundert. Manchmal kamen seine Wochenmails, am Ende der Woche bekommen wir immer die Rückmeldungen, um 00.30 Uhr, um 01.15 Uhr, um 01.45 Uhr, zu diesen Zeiten schlafe ich normalerweise, doch da kamen noch die Mails von Urs. Nachdem Urs seinen Bubentraum, Bauer zu werden, nicht verwirklichen konnte, hat er auf eine andere Art und Weise für uns einheimische Bauernfamilien, alles gegeben. <Geht nicht>, gab es nie bei Urs.»
Irgendwie gehe es immer, und wenn es nicht gehe, suche man einen Weg, bis man am Ziel sei, habe Urs jeweils gesagt. Und selbst wenn er selbst Hand anlegen musste. Er hat viele Pfähle selbst eingeschlagen und auch selbst plakatiert. «Und nur wer mit gutem Beispiel vorangeht, kann auch die andern mitziehen, das weiss er auch aus seiner militärischen Karriere. Lieber Urs, auch von meiner Seite und im Namen aller Schweizer Bauernfamilien, ein riesengrosses Merci für Dein grosses Werken und Wirken. Ich bitte nun um einen tosenden Applaus für Urs Schneider!» Der Applaus wurde zur Standing Ovation, das Präsidium des SBV erhob sich, und sämtliche fast 400 Delegierten und zahlreiche Mitarbeiter des SBV und zahlreiche Gäste.
Markus Ritter zeigte, was Urs Schneider als Abschiedsgeschenk erhält: eine Feuerschale, in deren Hülle noch Kühe eingraviert werden. Und einen Grillkurs und Grillwerkzeug dazu.
Daniel Salzmann
Urs Schneider war «wirklich etwas erschlagen»
Urs Schneider trat ans Rednerpult und sagte: «Ja, ich bin jetzt wirklich etwas erschlagen. Das erste Mal war heute Morgen, als meine Frau hier erschienen ist. Damit habe ich wirklich überhaupt nicht gerechnet. Wir haben ja beim Bauernverband dann auch noch einen Abschied. Ich dachte, dass sie vielleicht dorthin eingeladen wird, aber dass sie sogar heute an die DV eingeladen ist, freut mich ganz speziell. Denn ihr gehört der grösste Dank.»
Schneider wandte sich nun an Anwesenden im Kursaal. «Liebe Delegierte, liebe Gäste, liebe Vorstandsmitglieder, liebe Kolleginnen und Kollegen im Bauernverband, lieber Markus, lieber Martin. Jetzt gerade noch lieber Herr Bundesrat, Grüezi, Albert (soeben hatte Bundesrat Albert Rösti den Saal im Kursaal betreten). Vier Minuten sind für mich eingeplant, fast möchte ich sagen, vier Minuten für ein Leben, zumindest für ein Arbeitsleben. Zuerst möchte ich mich für die lobenden Worte bedanken. Ich weiss natürlich, dass man in solchen Momenten auch ein bisschen zu Übertreibungen neigt. Ja, es ist natürlich so, lieber Markus, selbst abtretende Bundesräte, die während ihrer Amtszeit immer massiv kritisiert worden sind, werden bei ihrem Rücktritt plötzlich über den Klee gelobt. Aber natürlich freut man sich. Und das hat natürlich unglaublich gut getan, diese Standing Ovation, dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken», sagte Schneider.
Urs Schneider während der Ansprache an die Delegierten, die er nach seiner Würdigung hielt.
Daniel Salzmann
Besserer Dialog statt Traktoren-Blockaden der Grossverteiler
Urs Schneider fuhr fort: «Ich werde oft gefragt – ich habe da ja eine ganze Reihe Interviews gegeben im Zusammenhang mit meinem Abschied, in bäuerlichen Medien und auch in anderen Medien –, was das Herausragende in meiner Zeit beim Bauernverband gewesen sei.» Nun zählte Schneider einige Höhepunkte auf. «Als ich begonnen habe, war die Zeit der Blockaden. Wir hatten damals, als ich noch Bauernsekretär war und auch noch, als ich schon beim Bauernverband war… da wurden die Grossverteiler blockiert, das waren auch gewaltige Aktionen, und wir haben dann Verhandlungen geführt mit den Detailhändlern. Es gibt Leute, die damals dabei waren.»
Es seien teils schwierigste Verhandlungen gewesen. «Aber ich glaube, schlussendlich hat daraus auch resultiert, dass wir einen besseren Dialog mit den Marktpartnern hatten. Und das hat bis heute angehalten. Wir haben heute noch unsere Sträusse und Auseinandersetzungen. Aber ich glaube, in der damaligen Zeit hat man auch gemerkt, dass man mehr miteinander reden muss, die Sachen austragen muss, dass es nicht nur mit Traktoren und Blockaden funktioniert, aber gegenseitig», machte er deutlich.
Demonstrationen, die nicht in Gewalt ausgeartet sind
Urs Schneider in seiner Ansprache: «Der zweite Punkt ist vorher auch bei den Bildern angeklungen: Die Manifestationen. Bis in die 90er Jahre ist jede grössere Demonstration der Bauern praktisch ausgeartet in Gewalt. Niemand mehr weiss, wofür 1996 20’000 Bauern in Bern waren, aber man weiss, dass es da zu wüsten Auseinandersetzungen gekommen ist. Darum haben wir gesagt: <Wir müssen wieder einmal nach Bern, die Anliegen sind so wichtig, aber eben, es darf nichts passieren.>Und wir haben ein unglaubliches Vorgangskonzept und eine Organisation aufgestellt, um sicherzustellen, dass nichts passiert.»
Es habe funktioniert. Alle hätten ihre Verantwortung wahrgenommen. «Und wenn ich daran erinnern darf, Markus hat gesagt, die Manifestationen waren erfolgreich. Bei der Manifestation von 2015 ging es darum, dass der Bundesrat bei den Direktzahlungen 130 Millionen Franken streichen wollte. 130 Millionen Franken, das sind 2500 Franken pro Betrieb! Doch was hat das Parlament gemacht, nachdem wir mit 10’000 Leuten in Bern waren? Sie haben nicht 130 Millionen gestrichen, sondern 90 Millionen mehr gegeben. Da darf man sagen: Es hat sich gelohnt, das gut zu organisieren», sagte Schneider nicht ohne Stolz.
Die Kampagne «Gut, gibts die Schweizer Bauern»
Für Urs Schneider war die Kommunikation immer eine Art Steckenpferd: «Ich glaube, es war wichtig, dass wir die Kampagne <Gut, gibts die Schweizer Bauern>, heute <Gut, gibts die Schweizer Bäuerinnen und Bauern>, über all die Jahre haben durchziehen können. Mit wirklich ganz vielen schönen Ereignissen. Da ist ein wichtiges Fundament für alles andere, für die Erfolge im Markt, aber natürlich auch für die Einstellung gegenüber den Bauern und damit auch gegenüber politischen Anliegen, wie wir sie hatten.»
Die #Delegiertenversammlung verabschiedet Urs Schneider, den stellvertretenden Direktor des SBV, der in den wohlverdienten Ruhestand geht, mit Applaus. Danke Urs! 🥳🎉 pic.twitter.com/PRgfk72KfN
— Schweizer Bauernverband (@sbv) November 29, 2023
Vor der Trinkwasserinitiative hiess es: «Ihr habt keine Chance!»
Dann sprach Urs Schneider die politischen Kampagnen und die vielen Abstimmungskampagnen. «Es waren natürlich schon welche vor den letzten vier Abstimmungen. Wir hatten Gentechnologie, unzählige Abstimmungen mit Raumplanung, Tieranwalt und viele andere mehr, ich könnte noch ein Dutzend aufzählen. Sie waren vielleicht weniger bedeutungsvoll als die letzten.»
Die Ausgangslagen seien teils wirklich extrem schwierig gewesen. «Wer will nicht sauberes Trinkwasser? Und ich habe tausende Male, tausende Male gehört, wir hätten keine Chance, wer wolle das schon nicht. Und am Schluss gewinnen wir mit über 60 Prozent! Da hat man wahrscheinlich wirklich nicht alles falsch gemacht. Da ist aber auch die Unterstützung, die wir hatten, entscheidend», führte er aus.
«Der Basis fühle ich mich zutiefst verbunden»
Dann setzte Schneider zur Schlussschlaufe seiner Ansprache an: «Wenn ich aber im Zusammenhang mit dem Bauernverband – ich komme schon fast zum Schluss – sagen soll, was das Herausragende sei, dann ist es nicht ein politisches Geschäft oder eine Kampagne oder eine Aktion. Es sind die Menschen, denen ich begegnen durfte. Allen voran die Tausenden von Bäuerinnen und Bauern im ganzen Land, die sogenannte Basis, ihnen fühle ich mich zutiefst verbunden, bei unzähligen Vorträgen und Aktionen habe ich geschätzt und genossen.»
Schneider schloss in seiner Rede auch die Gremien des SBV, die Delegierten, die Landwirtschaftskammer, den Vorstand, das Präsidium, die Fachkommissionen, die Konferenzen, die Mitgliedssektionen und die Partnern des Bauernverbandes und der Landwirtschaft ein. «Und dann ist da natürlich die operative Ebene. Die GL, die Geschäftsleitung, die erweiterte GL, und alle Mitarbeitenden des Bauernverbandes, überall wird mit Kompetenz, mit Engagement – und was ich immer gewünscht habe – mit viel Herzblut wird gearbeitet. Das ist wahrscheinlich einer der ganz grossen Vorzüge, den wir im Bauernverband haben», so Schneider weiter.
Der #DV2023 endete mit einer Ansprache von Bundesrat Albert Rösti. Auch er bedankte sich im Namen des #Bundesrates bei Urs Schneider für seinen unermüdlichen Einsatz für die #Landwirtschaft. 🤝 pic.twitter.com/87yh0UyfKE
— Schweizer Bauernverband (@sbv) November 29, 2023
Grosses Danke
Er dankte in der Folge sämtlichen Personen, mit denen er zu tun hatte, ganz speziell «seinen Leuten» im Departement Kommunikation und Services beim Bauernverband. «Alles, was mir zugeschrieben wird, wäre ohne sie nicht möglich gewesen. Ich sage einfach nur: Danke, danke! Ich wünsche allen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte und die mich unterstützten, das heisst im SBV: Bon vent! Dieser Wunsch der Romands gefällt mir sehr gut. Er ist kein Adieu, und kein Aufwiedersehen, sondern lässt vieles offen. Also nochmals: Bon vent!», sagte Schneider weiter.
Noch einmal gab es grossen Applaus für Urs Schneider. Und auch Bundesrat Albert Rösti, der nach ihm sprach, nahm in seiner Rede auf Schneider Bezug, mit dem er unter anderem beim Landwirtschaftlichen Informationsdienst (LID) sehr gut zusammengearbeitet habe.
Auch Bundesrat Albert Rösti verabschiedete Urs Schneider. Die beiden sassen mehrere Jahre lang zusammen im Vorstand des Landwirtschaftlichen Informationsdienstes (LID).
Daniel Salzmann
So soll es ohne Schneider weitergehen
Der Schweizer Bauernverband kommunizierte am 9. Juni 2023, wie der SBV nach dem Rücktritt von Urs Schneider organisiert wird. Der SBV schrieb damals: «Der Vorstand ist überzeugt, mit der Entflechtung und gezielten Neuordnung der bisher im DKS vereinten, sehr unterschiedlichen Aufgaben, die vielfältigen Herausforderungen für die Landwirtschaft und den SBV bewältigen zu können.»
- Die Funktion des Stv. Direktors wird Francis Egger, dem Leiter des Departments Wirtschaft, Bildung, Internationales übertragen.
- Die Leitung des neu formierten Departement Kommunikation & Marketing (DKM) mit den Geschäftsbereichen Medien/Kampagnen, Basiskommunikation, Sprachdienste und IT wird Sandra Helfenstein, der stellvertretenden Leiterin des bisherigen DKS, Mitglied der GL und Mediensprecherin, übertragen.
- Der Geschäftsbereich Finanzen & HR wird zum Stab Services. In diesen wird auch die Liegenschaftenverwaltung integriert. Dessen Leitung wird die bisherige Finanzchefin Ursula Oberholzer übernehmen.
- Neu zum SBV stösst Raphael Zwahlen, der als Leiter des neu gebildeten Stab Gremien/Mitglieder/Sonderprojekte gewählt wurde. In dieser Funktion ist er dem Direktor unterstellt und wird mit beratender Stimme in der GL einbezogen.
Urs Schneider leistete unglaublich viel. Ihm haben die Schweizer Bauernfamilien sehr viel zu verdanken. Im Namen vieler Bäuerinnen und Bauern im Land: "Danke Urs", für deine wertvolle, unermüdliche Arbeit.
Bitte nimm es nun etwas lockerer - du hast es wirklich verdient.